Selten war die Stimmung im Beirat Burglesum so aufgeheizt. Und selten war der Saal des Ortsamtes so voll besetzt. "Der Beirat Burglesum ist entsetzt ... ." Die ersten Worte des Beschlusses, den die Kommunalpolitiker in ihrer Sitzung am Dienstagabend gefasst haben, spiegelt nicht nur die Stimmung der Fraktionen wider. Auch die Zuschauerinnen und Zuschauer zeigten sich angesichts der schlechten Nachrichten aus dem Bildungsressort schockiert. Der Beirat hatte es bereits befürchtet, nun ist es Gewissheit: Die Mobilbauten, in denen die neue Grundschule Lesum zum Beginn des Schuljahres 2025/2026 an den Start gehen sollte, werden aller Voraussicht nach nicht rechtzeitig stehen. Stattdessen müssen die Erstklässler in Räumen der Oberschule Lesum am Heisterbusch untergebracht werden. Das war nicht die einzige Hiobsbotschaft.
Die Mobilbauten werden drei erste Klassen aufnehmen können. Genau drei zusätzliche Klassenverbände werden nach den aktuellen Anmeldezahlen in Lesum auch benötigt. Platz für nachfolgende Jahrgänge ist nicht eingeplant. Das Bildungsressort hat die Containeranlage für 72 Regelschülerinnen und -schüler plus zwölf Schülerinnen und Schüler aus der Paul-Goldschmidt-Schule im Oktober in Auftrag gegeben. Immobilien Bremen hat die Planung weitgehend fertig. Holger Franz aus der Abteilung Projektsteuerung Bau stellte die Details vor. Demnach werden bis Dezember die Kosten ermittelt. Mitte Januar kann seinen Worten nach der Bauantrag gestellt werden – vorausgesetzt, bis dahin liege ein positiver Beschluss der Bildungsdeputation vor und die Finanzierung sei gesichert.
Franz rechnet mit einem Baubeginn im zweiten Quartal und mit der Fertigstellung im vierten Quartal 2025. In einer ersten Planung waren noch Raumbedarfe zugrunde gelegt worden, die ein inklusives Modellprojekt in Kooperation mit der Paul-Goldschmidt-Schule vorsahen. Wie berichtet, wurde das Vorhaben aus terminlichen, vor allem aber aus finanziellen Gründen stark eingedampft. Jetzt wird nur noch der Raumbedarf des Gründungsjahrgangs der Grundschule abgedeckt. Udo Stoessel aus der Stabsstelle Schulausbauplanung im Bildungsressort verwies auf gestiegene Baukosten, geringe finanzielle Spielräume und die Haushaltssperre.
Auch Patricia Brandt, Sprecherin der Bildungsbehörde, führt die angespannte Haushaltslage an. "Unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und der zeitlichen Einordnung werden umgehend alle Optionen bewertet, um die Bedarfe für die kommenden Jahre sicherzustellen und diese auch finanziell zu hinterlegen", betonte sie. Die künftigen Bedarfe werden ihren Worten nach mit den neuen Zahlen des Statistischen Landesamtes im Frühjahr vorliegen. Dann könnten verlässliche Aussagen zur Verstetigung der Grundschule getroffen werden. "Für die Folgejahre kommen sowohl der Standort Heisterbusch als auch weitere Mobilbauten infrage."
Dass die Mobilbauten wohl nicht pünktlich zum Schulstart fertig werden, hat zur Folge, dass die Oberschule Lesum ab dem Sommer Räume für die neue Grundschule abgeben muss. Wie das genau gehen soll, weiß Uwe Schmieta noch nicht. Der Leiter der Oberschule Lesum sagte am Tag nach der Beiratssitzung: "Uns verlassen im Sommer sechs zehnte Klassen, aber erst zum Ende des Schuljahres." Nachdem der Standort Heisterbusch nach einem Brand über längere Zeit nicht zur Verfügung stand, habe die Schule zwar Erfahrung damit, Löcher zu stopfen. Einen Plan gebe es jedoch noch nicht. "Wir werden nicht wieder Fachräume als Klassenräume nutzen", betonte Schmieta.
Die Bildungsbehörde hält die Einschränkungen für zumutbar. "Für die Oberschule Lesum stehen durch die zwei Standorte ausreichend Unterrichtsräume zur Verfügung. Die Schülerinnen und Schüler aus dem Heisterbusch werden Räume am Standort Steinkamp zugewiesen bekommen. Dieses Entgegenkommen der Oberschule ist mit räumlichen und organisatorischen Herausforderungen verbunden, die gelöst werden können und vertretbar sind", so die Sprecherin der Bildungsbehörde. Fest steht, dass der Gebäudeteil, der für die Grundschule genutzt werden soll, erst noch umgebaut werden muss.
Tatsächlich hat die Oberschule Lesum seit der Fusion mit der gymnasialen Oberstufe an der Bördestraße mittlerweile sogar drei Schulstandorte. Wenn es nach Uwe Schmieta geht, soll sich das perspektivisch ändern. So war es auch geplant – bis jetzt. Nach dem Umzug der beruflichen Schule für Wirtschaft und Verwaltung des Schulzentrums Bördestraße in die Überseestadt sollte die Oberschule Lesum die Räume übernehmen. Doch auch diese Schulstandortpläne sind von der desolaten Haushaltslage betroffen. "Die Anmietung des Gebäudes in der Überseestadt ist wegen der Haushaltslage derzeit nicht möglich", sagte Schulplaner Stoessel. "Wir müssen nun gucken, wie es weitergeht. Alle Szenarien, die möglich sind, werden bewertet und abhängig von der finanziellen Lage auf den Prüfstand gestellt."
Sowohl die Beiratsmitglieder als auch die Zuhörerinnen und Zuhörer zeigten sich angesichts der Neuigkeiten schockiert, wütend und besorgt. Es sei ein Spitzengespräch mit Vertretern aus dem Bildungsressort, dem Finanzressort, Immobilien Bremen und der Senatskanzlei geplant, so Stoessel. Die Beiratsmitglieder erwarten nun, dass Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) das Ergebnis und das weitere Vorgehen nach dem Gespräch unverzüglich mit dem Beirat diskutiert.