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Prävention im Bremer Südosten Kein Platz für Gewalt an Schulen

Gewaltprävention in der Vahr und Hemelingen hat viele Facetten. Was die Schulen machen und wo Betroffene Hilfe und Unterstützung finden können.
02.09.2024, 05:00 Uhr
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Kein Platz für Gewalt an Schulen
Von Christian Hasemann

Die Schule ist nicht für alle Schülerinnen und Schüler ein einfaches Pflaster. Gewalt, wie zum Beispiel Mobbing, kann psychische wie auch physische Spuren hinterlassen. So versuchen Schulen im Bremer Südosten und das Bildungsressort, Gewalt gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Soziales Verhalten muss geübt werden

"Die Schülerinnen und Schüler müssen erst einmal das Spielen lernen, denn viele Familien spielen nicht mehr", sagt Carl Böhm, Schulleiter der Wilhelm-Olbers-Oberschule (WOS) in Hemelingen. "Wir haben eine Menge schlechter Verlierer", fügt er an. Das Lernen von sozialen Umgangsformen nimmt in den Schulen Zeit von den eigentlichen Unterrichtsinhalten. "Das Verhalten und die Regeln müssen geübt werden, und das dauert relativ lange", sagt Böhm. Die Problemlagen nähmen insgesamt zu.

Böhm beschreibt damit ein soziales Defizit, das bei einigen Kindern der Schule zutage tritt: Wie gehe ich angemessen mit Frust um, wie akzeptiere ich Niederlagen? Umgekehrt gilt das Gleiche: Wie freue ich mich, ohne den anderen vor den Kopf zu stoßen?

Wir haben eine Menge schlechter Verlierer.
Schulleiter Carl Böhm

Ein Beispiel für die Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens möchte man meinen. Aber auch in der fünften und sechsten Klasse haben einige Schülerinnen und Schüler damit ihre Probleme. "Deswegen sind wir froh, dass wir jetzt ein Projekt vom Lidice-Haus eingekauft haben", erklärt Böhm.

Das Lidice-Haus bietet mehrere Seminare zur Gewaltprävention an. Die Programme heißen zum Beispiel "Hey, mach mich nicht an!" und "Wir sind ein gutes Team". Drei Tage mit Übernachtungen – so lange dauert das Seminar für alle 6. Klassen der WOS. "Das ist auch wichtig, damit die Abendgestaltung geübt werden kann."

Unterstützung aus dem Ortsteil

17.500 Euro hat das Hemelinger Win-Forum (gemeint ist das Förderprogramm Wohnen in Nachbarschaften) dem Schulverein für das Projekt zur Verfügung gestellt. "Wir könnten das sonst nicht machen bei der Haushaltssperre", macht Böhm deutlich.

Im Ortsteil Hemelingen gibt es viele Schüler, die keine ausreichenden Deutschkenntnisse aufweisen. "Sprache und Verhalten gehen aber Hand in Hand", sagt Böhm. Es könne zu Konflikten kommen, wenn man nicht miteinander sprechen könne. In Hemelingen läuft seit Jahren ein Programm zur Sprachförderung, das unter anderem von der Stadtteilstiftung Hemelingen unterstützt wird. Allerdings ist der Bedarf höher, als das Programm abdecken kann.

Selbstwirksamkeit als Gewaltprävention

"Auch wir kennen Gewalt", sagt Christian Sauter, Schulleiter der Oberschule an der Kurt-Schumacher-Allee (KSA). "Die Gewaltprävention beginnt in der fünften Klasse und zieht sich kontinuierlich bis in die Oberstufe." Antimobbingtraining, Sozialtraining, aber auch Suchtprävention und Schule ohne Rassismus zählen für Sauter als Maßnahmen dazu.

Dazu gehört auch die Arbeit mit Sozialpädagogen in den 5. und 6. Klassen. "Der Kern ist, die Kinder zu stärken und ihnen Selbstbewusstsein, Selbstbehauptung und Selbstwirksamkeit zu vermitteln." Insgesamt sei das Verhalten der Schüler "herausfordernder" geworden.

Gewalt sei häufig eine Form der schnellen Selbstwirksamkeit. "Dafür müssen wir andere Formen finden." Als Beispiel nennt Sauter ein Bewegungsfest der KSA auf der Galopprennbahn Anfang August, für das die Schülerinnen und Schüler große Teile selbst organisiert hätten. "Auch das ist Gewaltprävention", sagt Sauter.

Der lange Schatten von Corona

Für Sauter rührt ein Teil der Probleme der Schülerinnen und Schüler noch aus der Corona-Pandemie. "Sie müssen sich vorstellen, die Kinder, die jetzt in die fünfte Klasse kommen, haben ein Drittel ihres bewussten Lebens unter Corona-Bedingungen verbracht." Insbesondere Kinder und Jugendliche hatten in der Corona-Epidemie unter den Folgen der Isolation im eigenen Heim, der geschlossenen Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen zu leiden. Eine normale Sozialisation war für viele gar nicht möglich. "Die Kinder hatten für einige soziale Entwicklungsschritte gar keine Möglichkeit, aber das hatte keinen Einfluss auf die körperliche Entwicklung und das mag man den Kindern auch nicht vorhalten", so Schulleiter Sauter.

So unterstützt die Bildungsbehörde

Über die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (Rebuz) bietet die Bildungsbehörde Schülern und Eltern Hilfen an. Daneben bietet das "Dibs!", eine Beratungsstelle, die bei der Senatorin für Kinder und Bildung angesiedelt ist, Schülern aus Bremen und Bremerhaven Hilfe, wenn sie in der Schule Diskriminierung etwa wegen ihrer sexuellen Orientierung, Religion oder Hautfarbe erleben.

"Sollte es an einer Schule zu Gewalt kommen, steht der Schulgemeinschaft mit dem Notfallordner Band 2 überdies ein Instrument zur Verfügung, das Verfahrensabläufe klärt und sämtliche Beratungs- und Hilfsangebote in Bremen bündelt", betont eine Sprecherin. Daneben biete das Landesinstitut für Schule (Lis) mehr als 50 Fortbildungsangebote zum sozialen Lernen und zur Gewaltprävention an.

Info

Hier gibt es Hilfe: Die Stelle "Diskriminierungsschutz und Beratung für Schüler" ist über die Internetseite www.dibs.schule.bremen.de zu erreichen. Das Angebot des Regionalen Beratungszentrums Ost ist über die Seite www.rebuz.bremen.de aufrufbar. Telefonisch ist das Rebuz außerdem unter der Telefonnummer 36116050 erreichbar. Das Angebot des Lidice-Hauses gibt es auf der Internetseite www.lidicehaus.de.
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