Nach der Corona Zwangspause ist für viele Menschen wieder Urlaubszeit angesagt, aber bei vielen ist der ungenutzte Reisepass in den vergangenen Jahren abgelaufen. Kurzfristig einen Termin beim Bürgerservicecenter in der Stresemannstraße zu bekommen, ist aber gar nicht so leicht, denn dieses hat es mit einer ganzen Antragswelle zu tun. Der Hemelinger Ausschuss für Inneres hat sich über die für viele zermürbenden Wartezeiten informieren lassen. Besserung ist offenbar in Sicht, auch wenn die Bürokratie vieles nicht einfacher macht.
Die Stadtteilpolitiker hatten sich für ihre Sitzung die Leiterin des Bürgeramtes, Dagmar Gattow, eingeladen. Sie erklärte im Detail, warum Bremerinnen und Bremer zum Teil drei Monate auf einen Termin im Bürgerservicecenter warten müssen. "In den Jahren 2020 und 2021 haben wir 30.000 Dokumente nicht ausgestellt, die eigentlich hätten beantragt werden müssen."
Reisepasswelle durch Corona
Sprich: In der Corona-Pandemie haben vielen Menschen darauf verzichtet, ihre Reisepässe und Ausweise zu verlängern oder neu zu beantragen. "Wenn man nicht reist, dann beantragt man nicht und spart sich die 60 Euro", so Gattow. Mit den zunehmenden Reisemöglichkeiten ist nun bei vielen Menschen der Wunsch nach einem neuen Ausweis da – und diese Flut trifft seit Monaten auf die Bürgerservicecenter.
Letztlich sei das ein ganz normaler Vorgang, sagte Gattow weiter. "Aber seit vergangenem Jahr gelten Kinderreisepässe nur noch ein Jahr." In Zahlen seien das 5000 Passanträge zusätzlich im Bürgeramt. "Bei 15 Minuten Bearbeitungszeit können sie ausrechnen, wie viel zusätzliche Zeit das kostet."
Offenbar verhalten sich an der Stelle die Menschen anders, als der Gesetzgeber es erwartet hatte. Statt eines richtigen, länger gültigen, Reisepasses beantragen nach Gattows Worten die meisten Bürgerinnen und Bürger weiterhin den Kinderreisepass. "Aber das wurde personell nicht hinterlegt."
Die Lösung des Problems? "Die Kolleginnen und Kollegen haben Mehrarbeit geleistet, um alles Schriftliche wegzubekommen und mehr Zeit für den Kundenkontakt zu bekommen." Daneben gebe es zusätzliche Termine nur zur Passausgabe sowie in einigen Bereichen zusätzliche Zeitarbeitskräfte.
Inzwischen verbessere sich die Situation. "Der extreme Druck ist raus", so Gattow. Dafür hakt es nun an anderer Stelle. "Die Bundesdruckerei kommt nicht hinterher." Deutschlandweit gebe es eine Flut an Neuanträgen. Das bedeutet auch, dass die Ausstellung eines Expressreisepasses, der in der Regel innerhalb von 48 Stunden bereitsteht, unter Umständen mehrere Tage dauern kann. Reisewillige sollten also rechtzeitig nachschauen, ob ihre Dokumente noch gültig sind.
Während an der einen Stelle Corona für Belastung sorgt, entspannt es die Lage an anderer Stelle. Beispiel Kfz-Zulassung. "Es gibt erhebliche Lieferschwierigkeiten bei Neuwagen", so Gattow. "Dadurch kommt es zu steigenden Preisen bei Gebrauchtwagen." Die Folge: Weniger Menschen kaufen sich Neu- oder Gebrauchtwagen und damit gibt es auch weniger Neu- und Ummeldungen von Autos. Daher sei dieser Bereich, wie auch die Führerscheinzulassungsstelle, die auch ihren Sitz in der Stresemannstraße hat, unproblematisch.
Schnellere Termine ab Januar
Bei aller Mehrarbeit und zusätzlichen Zeitarbeitskräften, die das Bürgeramt bekommen hat: Noch ist das Bürgeramt nicht da, wo es hin möchte. "Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, auch wenn ich nicht weiß wann wir auf eine Wartezeit von zwei Wochen kommen." Derzeit gebe es noch Wartezeiten von bis zu drei Monaten. Sie hoffe, dass es für die Bürger ab Januar kommenden Jahres deutlich frühere Termine geben wird.
Gattow wies auch darauf hin, dass es kurzfristige Termine für absolute Notfälle gebe. Tim Philipp Laß, sachverständiger Bürger für die Grünen im Ausschuss: "Das funktioniert ja nur, wenn nicht zu viele Menschen das in Anspruch nehmen. Wie weit sind die Kapazitäten ausgenutzt?" Generell gebe es mehr Anfragen als Termine, so Gattow. "Aber wir haben auch Leute, die einen Notfalltermin nicht wahrnehmen." Generell habe sie aber das Gefühl, dass die Bürgerinnen und Bürger mit diesem Instrument sehr verantwortungsbewusst umgingen.
In den Bürgerservicecentern werden nicht nur Ausweisdokumente beantragt und ausgegeben auch für die Ummeldung nach einem Umzug brauchen Menschen einen Termin. "Die Jobcenter wollen einen Nachweis über Umzug und stellen Fristen", machte Carsten Koczara (Die Partei) deutlich. Wenn diese nicht wegen der langen Wartezeit eingehalten werden könnten, drohten Sanktionen. "Die Jobcenter sollten das eigentlich wissen, aber ich werde mich morgen gleich an das Jobcenter wenden", versprach Gattow.