Das Bremer Bürgeramt kommt seit Monaten nicht aus den Negativschlagzeilen heraus - die besonderen Umstände der vergangenen Jahre (die Pandemie, der Ukraine-Krieg und gesetzliche Änderungen) haben zu einem erheblichen Mehraufwand geführt, mit der Folge, dass Termine Monate im Voraus ausgebucht oder gar nicht erst verfügbar sind. "Das Bürgeramt ist ein Nadelöhr, bei dem viel zusammenläuft", sagt Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Vielen Kunden sind die Wartezeiten auf Termine in den Bürger-Servicecentern (BSC) noch immer deutlich zu lang. Bei Umzügen oder Reisedokumenten etwa beträgt die Vorlaufzeit aktuell volle 15 Wochen.
Das soll sich nun möglichst schnell ändern. Wie berichtet, ist seit September Ex-Staatsrat Henning Lühr als Berater im Einsatz. Der Verwaltungsexperte ist vor allem geholt worden, um die Digitalisierung der Servicecenter voranzutreiben. In den vergangenen Wochen habe er nicht nur Gespräche mit Mitarbeitern und Bürgern in Bremen geführt, sondern sei auch in Berlin, Hamburg und Kiel gewesen, um sich die Arbeitsweise des Bürgerservice an anderen Standorten anzuschauen. Sein Fazit: "Nicht nur Bremen hat in diesem Bereich Probleme, die Digitalisierung klappt in vielen Großstädten nicht."
Inzwischen gibt es ein umfangreiches Maßnahmenpapier mit dem Namen "Bürgeramt 2023/2024", das dem WESER-KURIER vorliegt und mit dem sich der Senat an diesem Dienstag befassen will. Knapp zehn Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
Optimierung des Terminmanagements
Laut Innenbehörde werden 15 bis 25 Prozent der gebuchten Termine von Bürgerinnen und Bürgern nicht wahrgenommen. "Leider sind auch Doppelbuchungen möglich, sodass sich einige Kunden gleich mehrere Termine sichern, aber nur einen wahrnehmen", sagt Mäurer. Damit dadurch nicht weiter Leerläufe entstehen, wurde das Terminmanagement zuletzt um bis zu 15 Prozent ausgeweitet - zunächst befristet bis Ende Januar. In diesem Punkt gibt es jedoch Ärger mit den Mitarbeitenden, bisher habe es keine Einigung mit dem Personalrat gegeben, heißt es in der entsprechenden Senatsvorlage. Ein Schlichtungsverfahren laufe.
Zusätzlich zu einer Terminerinnerung per Mail sollen zeitnah Erinnerungen per SMS auf die Handys der Kunden verschickt werden. In besonders dringenden Fällen können Bürger eine Mail schreiben, zudem können man über das Bürgertelefon (115) individuelle Eillösungen absprechen.
Die Beschäftigten arbeiten derzeit in großer Anzahl rückständige Reisedokumente ab, die von der Bundesdruckerei geliefert, aber bisher nicht ausgehändigt wurden. Bis Mitte September werden im Rahmen einer Sonderaktion im BSC-Stresemannstraße mittwochs und freitags mehr als 1000 zusätzliche Kurztermine angeboten, um die Ausgabe der Reisedokumente zu gewährleisten. "Ziel ist es, dass wir für alle Anliegen innerhalb von vier Wochen einen Termin anbieten können", sagt Dagmar Gattow, Leiterin des Bürgeramtes. Man arbeite daran, diese Maßgabe bis Anfang 2023 zu erfüllen.
Neue Angebote ohne Termin
Am Standort in der Stresemannstraße soll Anfang des kommenden Jahres ein befristetes Pop-up-BSC entstehen, in dem neben Beglaubigungen auch Anträge auf Führungszeugnisse und Meldebescheinigungen ohne Termin bearbeitet werden. Dafür sind drei zusätzliche Auszubildende vorgesehen, die vor Ort von einem Mitarbeiter des Bürgeramtes angeleitet werden. Zudem werde die Auslieferung von Personaldokumenten durch Fahrradkuriere ermöglicht.
Bessere technische Ausstattung
In der Senatsvorlage wird auch deutlich, dass die Mitarbeiter des Bürgeramtes nicht nur durch die jüngsten und aktuellen Krisen zusätzlich belastet sind. Auch an der Ausstattung mangelt es. "Die aktuell im Bürgeramt eingesetzte Soft- und Hardware sowie die weitere Infrastruktur steht einer zügigen Sachbearbeitung im Wege", heißt es. Scanner seien veraltet, die vorhandenen Datenleitungen würden nicht schnell genug die benötigten Prozesse verarbeiten. "Für eine zügigere Bearbeitung ist als Sofortmaßnahme der Einsatz von leistungsstarken Arbeitsplatz- und Infrastrukturgeräten erforderlich", sagt Berater Henning Lühr.
Stärkung der Digitalisierung
Noch stärker ins Gewicht fällt die Umstellung des bisherigen Einwohnermeldefachverfahrens. Dieses muss in den kommenden Monaten ersetzt werden, da der alte Softwarehersteller seinen Dienst einstellt. Ein neues System ist bereits gefunden, muss jedoch noch implementiert werden. Bremen schaut dabei auch nach Hamburg, das laut Lühr federführend bei der Einführung von Meldeverfahren ist. Unterstützen soll dabei der von beiden Bundesländern beauftragte Dienstleister Dataport, bei dem künftig das gesamte technische und fachliche Verfahrensmanagement des Bremer Bürgeramtes liegen soll. Die Plattform "VOIS" (Verwalten, Organisieren, Integrieren, Systematisieren) soll perspektivisch neben dem Meldewesen auch für weitere Verfahren im Bürgerservice genutzt werden, etwa für Führungszeugnisse oder Ummeldungen.
Bürger-Servicecenter Mitte bekommt neuen Standort
Wie berichtet, wird das Parkhaus Mitte an der Pelzerstraße abgerissen und die Fläche neu entwickelt. Im Zuge dessen wird auch das Bürger-Service-Center Mitte einen neuen Standort bekommen. Wie es aus der Innenbehörde heißt, wäre es wünschenswert, wenn der Umzug des Amtes noch 2024 beginnen würde. Wo genau die Bürgerinnen und Bürger ihr Anliegen in den kommenden Jahren vorbringen können, wollte das Ressort noch nicht mitteilen. Die entsprechende Immobilie soll sich jedoch ebenfalls in der Innenstadt befinden, heißt es.