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Baustellenbesuch im Bundeswehrhochhaus Neues Leben einhauchen

Schotter, Stahlschrott, große Löcher: Vor und im Bundeswehrhochhaus in der Falkenstraße schreiten die Arbeiten voran.
23.11.2021, 18:00 Uhr
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Von Matthias Holthaus

Schotter, Stahlschrott, große Löcher: Vor und im Bundeswehrhochhaus in der Falkenstraße schreiten die Arbeiten voran. Große Zangen und überdimensionale Meißel zeugen von einer intensiven Abrisstätigkeit, und in der Tat liegt vor dem Gebäude eine Menge Zeug herum, das vorher mal ein Bunker, ein Hausmeisterbungalow oder eine Garage war. Ein großer Haufen fällt dabei besonders ins Auge: Mehr oder weniger große Fetzen, die auf einer Seite schwarz und auf der anderen Seite kupferfarben sind. Und es ist sogar Kupfer, sagt Projektleiter Johann Plagemann: „Die gesamte Tiefgarage ist mit Kupferfolie überdeckt gewesen, um gegen elektromagnetische Impulse gewappnet zu sein.“

Kernwaffenexplosionen können die Ursache solcher elektromagnetischen Impulse (EMP) sein, und die Folgen wären dramatisch: „Der EMP kann elektronisch gestützte Maschinen und Systeme stören oder zerstören, vom Flugzeug über Kraftfahrzeuge bis hin zum Herzschrittmacher“, heißt es im Vierten Gefahrenbericht der Schutzkommission beim Bundesministerium des Innern. Auch könne solch ein EMP zentrale Systeme wie beispielsweise Kommunikation, Rundfunk, Krankenversorgung, Energieversorgung und das Transportwesen gefährden und dafür sollte die Kupferdecke schützen. Tut sie jetzt aber nicht mehr, sie liegt stattdessen auf einem großen Haufen am Rand herum oder fliegt als kleine Schnipsel über den Platz. „Die alte Tiefgarage wird gerade abgebrochen“, erzählt er.

Vier Atombunker bleiben erhalten

Außerdem sollen zwei der sechs kleinen Atombunker weichen, die Platz für 20 bis 50 Personen geboten haben. Vier dieser Bunker sollen erhalten bleiben, um die historische Dimension dieses Gebäudekomplexes sichtbar zu machen. Derzeit wird übrigens die Baustelle zur Straße hin abgesichert, damit nicht das passiert, was beim Citygate am Bahnhof geschehen ist: Dort sackte der Boden ab, zwei Gleise der Straßenbahn mussten gesperrt werden. „Am Ende haben wir ein leeres Baufeld“, sagt Johann Plagemann, doch vor dem Ende steht auch noch die Entfernung der Fassade des eigentlichen Bundeswehrhochhauses.

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Im Gebäude wird aber bereits gearbeitet: „Die Entkernung wird bis Weihnachten abgeschlossen sein“, sagt Plagemann, wobei diese Entkernung wahrlich nicht einfach ist: Asbest gibt es, künstliche Mineralfasern, verschiedene chemische Verbindungen oder auch das krebsauslösende PCB. „All die üblichen Schadstoffe“, meint der Projektleiter, wobei sogar im Beton asbesthaltige Abstandhalter gefunden wurden: „Damit muss man sehr vorsichtig umgehen.“ Insgesamt sei es eine Herausforderung, ein Verwaltungsgebäude aus den 60er-Jahren auf den heutigen Stand zu bringen, doch die Gewoba nimmt sich dieser Aufgabe an. Am Ende sollen hier bis zu 126 Ein- bis Zweizimmerapartments stehen, die meisten davon öffentlich gefördert. Dann wird der Gebäudekomplex den Projektnamen „Q45“ tragen – „Q“ für Quartier und „45“ für die Adresse: Falkenstraße 45.

Im Inneren des Gebäudes präsentiert sich das Haus entweder mit Bauschutt gefüllt oder aber aufgeräumt – so oder so erscheint es aber für den Laien ambitioniert, die finalen Entkernungen auf Weihnachten zu terminieren. Es tropft teilweise von der Decke und das steht in einem seltsamen Kontrast zu den glänzenden Aufzugtüren der derzeit stillgelegten Fahrstühle.

"Wir wollen hier alles beleben"

Der Aufstieg per Treppe offenbart über 14 Stockwerke eine einzige Baustelle, die mal mehr, mal weniger im Fortschreiten begriffen ist. Ganz oben soll übrigens eine Dachgastronomie Einzug halten, doch Johann Plagemann sagt auch: „Wir können oben nicht unbegrenzt aufstocken, auch wegen der Windlasten.“ Generell sei die Tragkraft nicht so hoch und die Angaben zur Statik seien von der zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben nicht mitgeliefert worden. Dennoch ist Plagemann optimistisch, „wir wollen hier alles beleben, durch Wohnungen, aber auch durch Gewerbe.“ Auch eine Fahrradwerkstatt soll es dann geben, Gastronomie, einen Kinderladen, ein Jugendzentrum.

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Die 14. Etage, das Offizierscasino, präsentiert sich recht kahl, vorher gab es Kunstwerke an der Wand, getäfelte Wände mit einem Holzrelief: Ausgebaut und eingelagert sei es derzeit und teilweise wird es auch wieder seinen Platz finden. „Hier sollen dann Konferenzräume rein“, sagt Plagemann, während er auf backsteingroße Löcher im Betonboden hinweist.

Ganz oben bietet sich die Stadt Bremen in all ihrer Pracht und manchmal auch in ihrer zweifelhaften Schönheit an. Ein spektakulärer Ausblick, den die zukünftigen Besucher der Dachgastronomie dann genießen können, der momentan noch stehende Wellblechaufbau wird weggeräumt. Abschließend sei noch gesagt, dass die Arbeiten am Bundeswehrhochhaus nicht der fragwürdigen Berühmtheit der Elbphilharmonie oder des Berliner Flughafens folgen soll – Johann Plagemann versichert: „Im Moment ist alles im Zeitplan und auch eine Verzögerung aufgrund von Materialmangel ist nicht gegeben.“

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