„Es gibt Momente, in denen mir einfach das Herz aufgeht“, sagt Edeltraut Burghardt über ihre ehrenamtliche Tätigkeit. Die 61-Jährige engagiert sich seit zwanzig Jahren als rechtliche Betreuerin für Menschen, die ihre persönlichen Angelegenheiten aufgrund einer Erkrankung oder Beeinträchtigung nicht mehr selbstständig regeln können. Sie übernimmt etwa den Schriftverkehr mit Ämtern und Behörden, behält die finanziellen Verhältnisse im Blick und ist Ansprechpartnerin bei Fragen der Gesundheitssorge. Zudem trifft sie im Sinne ihrer Betreuten wichtige Entscheidungen, wenn diese es selbst nicht mehr können.
Derzeit ist Burghardt für fünf Menschen zuständig, die aufgrund von Behinderungen in Pflegeeinrichtungen leben. Manche haben keine Familienangehörigen mehr, in einem Fall fühlt sich die Mutter aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage, die rechtliche Betreuung zu übernehmen. Es sei eine sinnstiftende und erfüllende Aufgabe, sagt sie, bei der sie viel Dankbarkeit erfahre.
Auf die Möglichkeit dieses Engagements sei sie bereits während ihres Studiums der Sozialen Arbeit gestoßen, erzählt Burghardt weiter. Während ihres Anerkennungsjahrs arbeitete sie in der Betreuungsbehörde des Bremer Amts für Soziale Dienste. Sie schrieb ihre Diplomarbeit zu einem Betreuungsthema und kam nach anderen beruflichen Stationen schließlich zur Betreuungsbehörde zurück. „Man muss aber nicht vom Fach sein, um diese Aufgabe zu übernehmen“ betont sie. Die ehrenamtlichen Betreuer in Bremen kämen aus verschiedenen Berufsgruppen, einige seien Rentner, manche stünden noch im Berufsleben.
Enge Begleitung und Beratung
Wer ehrenamtlich eine Betreuung übernehmen und sich bei der zuständigen Behörde registrieren lassen möchte, muss somit keine spezielle Qualifikation mitbringen. Die Sozialbehörde bietet gemeinsam mit den Betreuungsvereinen im Land Bremen zahlreiche Fortbildungen an. Eine Einführungsveranstaltung ist Pflicht, ebenso wie die Anbindung an einen der Vereine. Burghardt hat sich dem Betreuungsverein des Deutschen Roten Kreuzes angeschlossen. Hier kann sie Unterstützung zu sachlichen Fragen erhalten, zudem wird über den Verein eine Vertretung organisiert, falls sie krank oder im Urlaub ist. Nicht zuletzt werden ein regelmäßiger Austausch und Beratung angeboten. „Wir lassen unsere Ehrenamtlichen mit ihren Fragen nicht allein,“ betont Anja Walecki, Referentin für Betreuungsrecht beim Amt für Soziale Dienste.
Burghardt ist zudem im Kontakt mit dem Betreuungsgericht, das sie offiziell als Ehrenamtliche einsetzt, jeweils ihre Betreuungsaufgaben festlegt und die Arbeit kontrolliert. „Einmal pro Jahr erfolgt eine Rechnungslegung, dann werden alle Ausgaben überprüft,“ erklärt sie. Sie selbst erhält eine Aufwandsentschädigung, derzeit 425 Euro pro Jahr. Die Zeit, die sie investiert, schwanke stark. Es gebe Monate, in denen wenig zu tun ist, aber auch Wochen, in denen sie an zwei bis drei Tagen jeweils ein paar Stunden benötige. Dennoch: Mit Familie und Beruf sei ihr Ehrenamt gut vereinbar.
Den persönlichen Willen respektieren
Da sie Menschen mit Behinderung betreut, steht die Sozialarbeiterin zusätzlich in einem engen Kontakt mit der jeweiligen Pflegeeinrichtung. Die Pflegekräfte sind im Alltag nah an den Betroffenen und wichtige Ansprechpartner. „Es geht uns ja immer um den Menschen und seine Wünsche“, hebt Burghardt hervor. „Und wenn diese Wünsche schwierig zu ermitteln sind, können die Pflegekräfte helfen.“
Wenn ein Wunsch bekannt ist, kann es jedoch auch eine Herausforderung sein, ihn zu erfüllen, hat Burghardt erlebt. So habe sie in Absprache mit Ärzten einmal eine intensivmedizinische Versorgung einer 90-Jährigen abgelehnt. „Ich wusste aus vielen Gesprächen, dass sie dies nicht wünscht, sondern in Ruhe gehen will, wenn es so weit ist“, erinnert sie sich. Als es so weit war, sei ihr die Entscheidung trotzdem nicht leichtgefallen. Solche Situationen seien jedoch äußerst selten, meint Burghardt.
Es überwiegen schöne Momente, etwa wenn sie mitbekommt, dass eine Betreute sie mit Stolz ihren Bekannten vorstellt, oder sie bei einer Feier in einer Einrichtung dabei ist. „Ich empfinde mein Leben als großes Glück. Und von diesem Glück möchte ich den Menschen, die es nicht so leicht haben, etwas abgeben“, schildert sie ihre Motivation. So hat sie erlebt, dass selbst kleine Dinge eine große Dankbarkeit hervorrufen können: „Als ich einer Betreuten einmal ein paar Euro mehr Taschengeld pro Monat zusprechen konnte, hat diese mich vor Freude umarmt.“