Düster sah es für das Bremer Geschichtenhaus im Dezember vergangenen Jahres aus: Trotz großer Beliebtheit mit nach eigenen Angaben mehr als 25.000 Besuchern im Jahr stand die Institution im Bremer Schnoor vor dem Ende. Weil eine Förderung gekürzt worden war, stand lange in den Sternen, ob es die Schauspieler weiterhin geben kann, die vor historischer Kulisse Bremer Geschichte auf unkonventionelle, zugänglichere Art vermitteln. Doch dann traf nach einem Bericht des WESER-KURIER im Dezember die überraschende Überweisung einer Stiftung beim Trägerverein bras ein, und das Blatt wendete sich – zumindest vorerst.
Was für Touristen seit mehr als 15 Jahren eine willkommene Abwechslung und ein Ausweg bei Nieselwetter ist, ist für viele Arbeitslose ein Neuanfang, ein Perspektivwechsel oder eine persönliche Weiterentwicklung.Dass das Bremer Geschichtenhaus eigentlich ein Arbeitsmarktprojekt ist, bei dem mehr als 40 Menschen über sogenannte AGH-Maßnahmen (ehemals „Ein-Euro-Jobs“) des Jobcenters wieder einen Zugang zum Arbeitsmarkt finden und ein Dutzend weiterer Stellen co-finanziert werden, geht gelegentlich etwas unter. Doch zur Wahrheit gehört auch: Weniger als die Hälfte des personalintensiven Betriebs kann über den Eintritt finanziert werden. Fatal für den Verein daher die Entscheidung des Jobcenters, die Mittel für das Geschichtenhaus wegen "fehlender Arbeitsmarktnähe" zu reduzieren. Die Förderung allein durch den Europäischen Sozialfonds ESF reicht nicht aus.
Nachdem Geschichtenhaus-Betriebsleiterin Sara Fruchtmann jedoch öffentlich von den Menschen erzählte, die „mit hängenden Schultern“ und „kaum Erfolg in beruflichen Gemeinschaften“ ins Geschichtenhaus kommen und dieses selbstbewusst und mit einer Perspektive wieder verlassen, meldete sich die Bremer Hollweg-Stiftung – und spendete als Sofortmaßnahme 50.000 Euro.
„Mit der gesicherten Finanzierung bis August haben wir wertvolle Zeit gewonnen, um das Projekt zukunftsfähig aufzustellen“, zeigt sich bras-Geschäftsführerin Astrid Eggerking in einer Mitteilung jetzt erleichtert. Man wolle das Geschichtenhaus in den kommenden Monaten attraktiver machen und das Marketing ausbauen. Dass das jedoch nur ein Teil der Rechnung ist, zeigt eine Liste mit 8000 Unterschriften, die der Verein für den Erhalt des Geschichtenhauses gesammelt hat und an diesem Dienstag der Stadt Bremen übergeben möchte. Denn was das Geschichtenhaus laut André van Waegeningh braucht, ist nicht nur ein gutes Marketing, sondern vor allem eine stabile Grundfinanzierung und mehr Sichtbarkeit im touristischen Gesamtangebot.

André van Waegeningh freut sich, dass es beim Bremer Geschichtenhaus erst mal weitergehen kann. Die langfristige Finanzierung ist allerdings noch nicht gesichert.
Stellenkürzungen und angepasste Öffnungszeiten
Van Waegeningh ist Mitarbeiter der bras-Geschäftsleitung und kämpft beim Vegesacker Geschichtenhaus derzeit mit ähnlichen Herausforderungen. Als er nun durch die Stockwerke des historischen Gebäudes im Schnoor führt, ist es dunkel. Die knarzenden Dielen sind verlassen, die mittelalterliche Kulisse wirkt im Zwielicht noch älter. Nicht nur die Hollweg-Stiftung hat Sofortmaßnahmen getroffen, auch das Geschichtenhaus selbst. Normalerweise tummeln sich montags an den zehn historischen Schauplätzen die Besucher. Doch das Geschichtenhaus musste vor wenigen Tagen nicht nur vier fest angestellte Mitarbeiter entlassen, auch 13 AGH-Stellen wurden eingespart und die Öffnungszeiten angepasst. Zumindest die Textilwerkstatt im Obergeschoss darf bleiben, in Vegesack wurde sie bereits eingestampft. Trotz der notwendigen Einsparungen betont Van Waegeningh jedoch, man wolle nicht nur fordern, sondern auch intern das Profil neu schärfen.