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Mit der Bahn zur Arbeit Drei Pendler berichten: So alltagstauglich ist der Bremer Zugverkehr

Unterwegs mit der Bahn: Deepmala Block, Matthias Schultz und Bedirhan Sezgin pendeln mit dem Zug zur Arbeit. Was sie dabei erleben und wie sie das Zugfahren finden, haben sie zwei Wochen lang protokolliert.
03.09.2022, 09:15 Uhr
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Drei Pendler berichten: So alltagstauglich ist der Bremer Zugverkehr
Von Katia Backhaus
Inhaltsverzeichnis

Unterwegs sein mit dem Zug: ein heiß diskutiertes Thema. Einerseits war es dank des Neun-Euro-Tickets erstmals für viele Menschen möglich, günstig mit der Bahn zu reisen, andererseits sorgen Unpünktlichkeit, Ausfälle und Baustellen regelmäßig für Ärger. Und dann soll die Bahn noch die klimafreundliche, entspannte Variante zum Auto sein. Da stellt sich die Frage: Was denken Menschen, die regelmäßig Zug fahren, darüber? Drei von ihnen haben für den WESER-KURIER zwei Wochen lang Protokoll über ihre Fahrten geführt.

Matthias Schultz: Pendler zwischen Verden und Bremen

So pendele ich: Ich fahre jeden Tag von Verden nach Bremen zur Arbeit. Weil ich als Springer eingesetzt bin, fahre ich nicht immer zum Hauptbahnhof, sondern zu unterschiedlichen Stationen. Ich nehme auch mein Rad mit in den Zug, damit ich in Bremen damit noch weiterfahren kann.

Konsequent pendele ich seit Anfang 2021. Vorher bin ich abwechselnd mal Zug, mal Auto gefahren. Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden mit dem Pendeln per Zug – Autofahren finde ich stressiger, als mit der Bahn unterwegs zu sein. Denn so kann ich auch mal ein Video gucken oder ein Hörbuch hören und abschalten.

Das sind meine Erfahrungen in den zwei Wochen: In den vergangenen beiden Wochen hatten meine Züge fast jeden Tag Verspätung, in der Regel allerdings nur ein paar Minuten. Teilweise war es sehr voll, manchmal hatten auffällig viele Leute keine Maske auf. Weil ich eigentlich immer mein Rad dabei habe, nutze ich in der Regel das Fahrradabteil. Da ist es oft voll. Viele Pendlerinnen und Pendler sind mit dem Rad unterwegs, und die Abteile sind meist ziemlich knapp bemessen. 

Gar nicht weitergekommen bin ich an einem Freitag. Da wollte ich um 17.05 Uhr die RS1 ab Vegesack nach Bremen nehmen. Die Mitarbeiter der Nordwestbahn am Bahnsteig sagten mir allerdings, dass dort erst einmal kein Zug mehr fahren würde – auf dem Gleis stehe ein Zug, dessen Bremse sich festgesetzt habe.

Also bin ich mit dem Rad zum Bahnhof Burg gefahren, wo ich dann den Zug um 17.44 Uhr nehmen wollte. Der kam aber nicht. Warum, weiß ich nicht, eine Info gab es nicht. Ich bin dann mit dem Rad weitergefahren in Richtung Weserstadion, wo ich verabredet war. Richtig geärgert habe ich mich an dem Tag nicht, das Wetter war schön und ich bin gemütlich an der Lesum entlang in die Stadt geradelt. Aber als ich vorher mal so einen Zugausfall erlebt habe, war das anders: Da hatte ich mein Rad nicht dabei und musste dann mit Bus und Straßenbahn fahren. Das hat lange gedauert und war ziemlich nervig.

Auch am 24. August, einem Mittwoch, lief es nicht wirklich rund. Ich bin um 7.33 Uhr in Verden in die RS1 eingestiegen. Allerdings war der Zug nur halb so lang wie sonst. Ab Achim war es so voll, dass ein Radfahrer gar nicht mehr reingekommen ist und draußen bleiben musste. Ab Mahndorf ging dann gar nichts mehr. So einen vollen Zug habe ich selten erlebt. Die Zugbegleiterin drängelte sich erst noch durch, allerdings kam sie beim Fahrradabteil auch nicht mehr weiter. Am Ende kamen wir mit 20 Minuten Verspätung am Bremer Hauptbahnhof an.

Mein Fazit: Durch das Neun-Euro-Ticket war es merklich voller in den Zügen und das Pendeln war anstrengender als sonst. Ich hoffe, dass sich das jetzt wieder ändert. Aber ich bin da auch zwiegespalten: Normalerweise zahle ich für mein Jobticket 107 Euro im Monat, da habe ich jetzt dreimal knapp 100 Euro gespart. Das ist schon toll.

Für mich ist es gar keine Frage, mit dem Pendeln aufzuhören. Das ist für mich einfach die beste Variante, zur Arbeit zu kommen. Es ist in der Regel entspannt und durch das Radfahren habe ich auch noch etwas Bewegung, das ist mir wichtig.

Deepmala Block: Pendlerin zwischen Sagehorn und Bremen

So pendele ich: Beruflich bin ich täglich von Sagehorn aus zum Bremer Hauptbahnhof unterwegs. Das mache ich seit sieben oder acht Jahren, auf jeden Fall schon eine lange Zeit. Ich arbeite in der Innenstadt, und der Zug ist für mich die schnellste Variante, zur Arbeit zu kommen: Knapp eine Viertelstunde dauert die Fahrt, mit dem Auto wäre ich eine halbe Stunde unterwegs. Außerdem müsste ich Parkgebühren zahlen.

Eigentlich war ich immer zufrieden mit dem Pendeln, aber das hat sich in den letzten Monaten verändert. Vor allem die Infos bei Verspätungen oder Ausfällen werden immer schlechter.

Das sind meine Erfahrungen in den zwei Wochen: Es war so schwierig, dass ich meine Abschnittsleiterin gefragt habe, ob ich meine Arbeitszeiten ändern kann. Ich war an fast keinem einzigen Tag pünktlich in diesen zwei Wochen. Ständig musste ich bei der Arbeit anrufen und sagen, dass ich heute wieder später komme. Das ist total unangenehm und stressig. Achtmal war der Zug zu spät, und zweimal ist er ganz ausgefallen.

Manchmal war es auch so, dass es hieß: Der Zug, der eigentlich um 6.52 Uhr in Sagehorn abfahren soll, kommt zehn Minuten später. Aber dann kam er nicht, sondern es fuhr erst der nächste planmäßige Zug um 7.11 Uhr. Also sind die acht Verspätungen vielleicht eigentlich Ausfälle. In der DB-App wurden mir diese Verspätungen gar nicht angezeigt, Aushänge gab es auch nicht. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich mir die Infos irgendwo hätte holen können.

An einem Samstag, als ich von der Arbeit zurück nach Hause fahren wollte, fiel der Zug ganz aus. Mein Sohn wartete auf mich, mein Mann war nicht da. Da habe ich mich ziemlich schlecht gefühlt: Wenn man schon am Wochenende arbeiten muss, will man danach doch wenigstens schnell nach Hause. Ich habe dann den Bus genommen. Der braucht allerdings fast eine Stunde für den Weg nach Sagehorn.

Etwas Gutes kann ich aber auch berichten: Die Zugbegleiterin – wenn sie mal da ist – ist sehr freundlich und humorvoll. Sie erklärt, was los ist, und kümmert sich. Und ich finde es auch gut, dass es jetzt diese Ansagen gibt, dass die Leute ihr Gepäck von den Sitzen nehmen sollen, um Platz für andere zu machen. Die Bahn hat also wahrgenommen, dass das im Moment ein Problem ist. Allerdings habe ich nur sehr wenig Personal im Zug gesehen. Es ist also niemand da, der diese Regelung durchsetzt.

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Morgens ist in der Regel etwa die Hälfte der Sitzplätze frei, nur bei der Rückfahrt ist es oft sehr voll. Und freitags und samstags muss ich eigentlich immer stehen. Da ist man froh, wenn man noch irgendwie in den Zug reinpasst.

Mein Fazit: Ich hoffe, dass sich die Situation mit dem Ende des Neun-Euro-Tickets wieder entspannt. Allerdings wird die Bahn dann ja auch nicht mehr Personal haben als jetzt. Wenn es so weitergeht, werde ich meine Arbeitszeiten wirklich ändern müssen, im Moment will meine Abschnittsleiterin noch abwarten, ob es nicht wieder besser wird.

Privat verlasse ich mich nicht mehr auf den Zug. Ich nehme dann das Auto, parke am Weserpark und fahre mit der Straßenbahn in die Stadt. Dann kann ich wenigstens verlässlich sagen: Ich bin pünktlich da.

Bedirhan Sezgin: Pendler zwischen Blumenthal und Hauptbahnhof

So pendele ich: Für meinen Nebenjob pendele ich montags, mittwochs und freitags von Blumenthal in die Bremer Innenstadt. Seit Februar mache ich den Job, seitdem fahre ich regelmäßig mit dem Zug. Ein paar Mal bin ich auch mit dem Auto in die Stadt gefahren, aber das ist teuer – wegen der Spritkosten und der Parkgebühren.

Einen kostenlosen Parkplatz gibt es in der Nähe meiner Arbeit nicht. Einmal habe ich das Auto irgendwo am Güterbahnhof abstellen müssen, und einmal bei Beck's. Aber das waren dann ganz schön weite Fußwege. Als Student kann ich für's Bahnfahren mein Semesterticket nutzen. Deshalb fahre ich gerne privat auch mal nach Hamburg oder Hannover.

Das sind meine Erfahrungen in den zwei Wochen: Große Verspätungen habe ich nicht erlebt. Und weil der Zug oft erst ab Burg oder Vegesack voller wird, habe ich auf der Hinfahrt meist auch einen Sitzplatz bekommen. Allerdings finde ich, dass das Stresspotenzial beim Zugfahren manchmal ganz schön hoch ist.

An einem Tag war es zum Beispiel so, dass unglaublich viel los war am Hauptbahnhof, die Leute hatten viel Gepäck dabei, drängelten und es gab Geschrei. Und im Zug dann hörten ein paar Jugendliche laute Musik. Manchmal telefonieren die Leute auf der Fahrt auch einfach sehr laut, oder sie unterhalten sich so, dass nicht daran zu denken ist, mal kurz die Augen zuzumachen.

Je voller der Zug ist, desto stressiger finde ich es. Dann ist die Stimmung oft angespannt. An den heißen Sommertagen waren die Waggons auch nicht immer gut klimatisiert, die Luft war warm und stickig, und viele Leute haben ihre Masken nicht aufgesetzt. Als dann allerdings die Ansage kam, dass im Zug Maskenpflicht besteht, hat das geholfen.

Zweimal habe ich während der Hitze auf die Bahnfahrt verzichtet. Kollegen hatten angeboten, mich nach der Arbeit nach Bremen-Nord mitzunehmen, und ich war total froh: In Ruhe im Auto mit Klimaanlage oder mit runtergedrehter Scheibe nach Hause gefahren zu werden, war schon sehr entspannt. 

Das stressigste Erlebnis hatte ich, als ich privat an einem Donnerstag nach Hamburg gefahren bin. Los ging es mit einer halben Stunde Verspätung. Und am Hamburger Hauptbahnhof war es extrem voll, es gab sehr viel Gedrängel und die Leute haben gegen die Zugtüren getreten, damit sie aufgehen. Da war das Stresspotenzial gleich dreimal so hoch wie sonst.

Mein Fazit: Ich will weiterhin mit dem Zug zur Arbeit fahren, allein schon wegen der Preise. Wenn ich privat unterwegs bin und in eine größere Stadt wie Hamburg oder Hannover fahre, nehme ich gern die Bahn. Bei kleineren Orten ziehe ich allerdings das Auto vor, weil da die letzten Züge meist ziemlich früh fahren.

Ich muss mal sehen, wie ich es mache, wenn ich wieder zur Uni gehe: Von Blumenthal brauche ich etwa eine Stunde dorthin. Entweder ich schaffe mir ein Auto an oder ich ziehe nach Bremen. Wahrscheinlich eher Letzteres.

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