Nach mehr als einem Jahr seit der Einführung des neuen Prostituiertenschutzgesetzes hakt es in Bremen noch immer bei der Umsetzung. Bisher hat nur etwa die Hälfte aller Sexarbeiterinnen ihre Tätigkeit bei der Wirtschaftsbehörde offiziell angezeigt. Zudem sollen erst im Oktober alle Beratungsgespräche und das Anmeldeverfahren, so wie es per Gesetz vorgesehen ist, möglich sein.
Das geht aus einem aktuellen Sachstandsbericht hervor, der dem WESER-KURIER vorliegt und mit dem sich der Senat Anfang der Woche voraussichtlich beschäftigen wird. Eigentlich sollten die entsprechenden Verfahren bis zum Jahreswechsel längst implementiert sein. So hatte es die Wirtschaftsbehörde, die in Bremen vordergründig für die Umsetzung verantwortlich ist, angekündigt.
Für das Gesetz, das am 1. Juli 2017 bundesweit in Kraft getreten ist, war eine Übergangsfrist bis zum Ende vergangenen Jahres vorgesehen. Es soll die in dem Gewerbe tätigen Frauen und Männer besser schützen und ihnen Beratungs- und Hilfsangebote gesetzlich zusichern. Die Änderung umfasst eine Vielzahl von Neuregelungen.
Unter anderem müssen Sexarbeitende einen Ausweis beantragen und an einer Gesundheitsberatung teilnehmen. Auch Betreiber entsprechender Etablissements sind betroffen und müssen nun eine Erlaubnis beantragen und ein Betriebskonzept vorgelegen. Das Gesetz hatte in den vergangenen Monaten für viel Kritik gesorgt.
Bis zum 15. August haben sich beim Wirtschaftsressort 468 Prostituierte angemeldet. 59 Gewerbetreibende haben einen Erlaubnisantrag zum Betrieb einer Prostitutionsstätte gestellt. Das sind jedoch längst nicht alle, die in diesem Gewerbe tätig sind, wie aus dem Papier hervorgeht. Zwar liegen laut Behörde keine verlässlichen Zahlen vor, wie viele Prostituierte es tatsächlich gibt, aber die Polizei gehe von 850 bis 950 Prostituierten und etwa 310 entsprechenden Stätten aus. Die überwiegende Zahl arbeite in Wohnungen.
Schwerpunktkontrollen im Rotlichtmilieu
Wie auch in anderen deutschen Städten hat man in Bremen vor allem damit zu kämpfen gehabt, passendes Personal zu finden, das sich um die neuen Richtlinien kümmern kann. Zudem sind mehrere Ressorts an der Umsetzung beteiligt, was die Koordinierung erschwere. Einige neu eingestellten Mitarbeiter waren in den vergangenen Monaten kurzfristig abgesprungen.
Laut Bericht sollen jedoch ab Oktober alle Beratungen beim Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen in der Innenstadt erfolgen können. Sowohl die Anmeldungen als auch die Gesundheitsberatung und die Informationsgespräche werden in der Katharinenstraße gebündelt stattfinden, wo die Abteilung Gewerbe-und Marktangelegenheiten künftig ihren Sitz haben wird.
Die Prostituierten, die bereits ihre Dienstleistungen angezeigt haben, müssen noch einmal die neue Beratungsstelle aufsuchen, die ab Oktober dienstags bis donnerstags im Einsatz sein wird. Ab dann sollen auch zusammen mit der Polizei Schwerpunktkontrollen im Rotlichtmilieu stattfinden, um noch mehr Prostituierte und Betreiber zu der Anmeldung zu bewegen, kündigte Tim Cordßen, Sprecher der Wirtschaftsbehörde, an.