Ohne Koffer zum Flughafen, das fühlt sich irgendwie nicht richtig an. Andererseits bekommt man vom Flugbetrieb am Bremer Hans-Koschnick-Flughafen, von dem elf Airlines knapp 30 Nonstop-Ziele in Europa und Nordafrika ansteuern, und dem logistischen Aufwand kaum etwas mit, wenn man selber Fluggast ist.
Die Straßenbahn stoppt vor dem Haupteingang des bogenförmigen Terminals 1, neben dem rechts ein kleines zweites liegt. Die Größe des internationalen Verkehrsflughafens ist angenehm überschaubar. Dieser Eindruck festigt sich im Erdgeschoss, wo ein Satellitenmodell unter der Decke hängt. An zwei Gates stehen Passagiere für die Gepäckaufgabe an, die sich nur im Flüsterton unterhalten.
Überall herrscht eine eher ruhige Atmosphäre. Die Aussicht aufs Flughafenvorfeld sowie Start- und Landebahn ist verlockender. Daher zieht es mich sofort nach oben – auf die Besucherterrasse im zweiten Stock.
„Da Papa, das Flugzeug da ist gelandet“, ruft Niklas (7) aufgeregt. Seine vierjährige Schwester zeigt von Papas Schulter mit ausgestrecktem Arm auf die Maschine der Turkish Airlines, die unter monotonem Surren der Triebwerke langsam zum Ankunftsgate rollt. Woher kommt sie? Details zum Flieger entnehme ich der für diese Visite heruntergeladenen App „Flightradar24“ für aktuelle Flugbewegungen: Es ist eine knapp 40 Meter lange Boeing 737 MAX 8 mit einer Flügelspannweite von rund 36 Metern und 178 Sitzplätzen, die in Istanbul gestartet ist.
„Das Starten und Landen ist immer ein Erlebnis“, sagt der Vater. Er hat den Flughafen als Ferienausflugsziel ausgewählt. Sein Sohn sei ein Flugzeugfan und besitze zwei, drei Flugzeugmodelle, verrät der Borgfelder.
Alle Blicke haften weiter am weißen Flieger. Kaum ist er in Parkposition zum Stillstand gekommen, umzingeln ihn fünf Männer in gelben Warnwesten. Zwei sind mit Zugmaschinen mit mehreren Wägelchen herangesaust. Am Heck fährt ein weißer Tankwagen vor, wartet auf die Freigabe für die Kerosinbefüllung. Schon wird die Gepäckklappe geöffnet. Ein Flughafenmitarbeiter rollt das Förderband für die Kofferentladung vor die Maschine. Anstrengende Handarbeit, das ist unschwer zu erkennen. Parallel dazu wird die Ziehharmonika-Fluggastbrücke für die Passagiere angedockt, die schnellstmöglich das Kofferband erreichen und endlich ankommen wollen.
Wie sich wohl der Pilot der "Bremen" nach den 36 Stunden des ersten Transatlantikfluges von Ost nach West gefühlt hat? Auf den relativ kleinen "silbernen Vogel" – der Original Junker W 33 von 1928 – ist leider nur ein Blick vom Flur durchs Fenster in die derzeit geschlossene Bremenhalle zu erheischen.
In der BRE-Entdeckerwelt daneben veranschaulicht ein beleuchtetes Modell die Dimension des 315 Hektar großen Flughafens. Die kleine, bunt illustrierte Schau ist vornehmlich auf Kinder ausgerichtet. Flughafen-Memory und zwei Audiostationen. werden ausprobiert. Fotos und Texte liefern aufschlussreiche Fakten, zum Beispiel, dass rund 450 Mitarbeitende aus rund 20 Nationen den Flughafenbetrieb sicherstellen, auch zur Historie, Tierwelt oder weitesten entfernten Reisezielen.
Da zieht‘s mich gleich in die Natur. Vom Picknickplatz an der Ochtumschleife westlich des Airports soll es die beste Sicht auf Starts und Landungen geben. Dort liegen häufig Plane-Spotter fürs perfekte Flugzeug-Bild auf der Lauer. Der 4,2 Kilometer lange Fußweg zum Spotterhügel dauert laut Routenplaner etwa 50 Minuten. Im Wagen der Fotografin legen wir die sieben Kilometer über die Norderländer Straße bis zum Parkplatz (Zufahrt von Kladdinger Straße, links vor der Ochtumbrücke) zurück.
Während wir zum Aussichtspunkt eilen, flutet das Brummen der Triebwerke unsere Ohren: Über den Büschen hebt eine Ryanairmaschine nach Mallorca ab. An dem Sitzplatz, von dem auch der Übungsplatz der Flughafenfeuerwehr einsehbar ist, steht eine Infotafel: Die Startbahn für Verkehrsflugzeuge ist 2040 Meter lang, ihre Abhebegeschwindigkeit beträgt zwischen 250 und 345 km/h. Unvorstellbar!
Unterdessen rollt die Boeing an den Startbahnrand. Laut Flugplan hätte sie vor dem Billigflieger in Richtung Türkei abheben sollen. Doch heute haben 50 Minuten Aufenthaltszeit offenbar nicht fürs Aus- und Einchecken, Tanken und den Technikcheck der Maschine ausgereicht.
Endlich dreht der Riesenvogel die Nase in Richtung Osten. Startposition. Plötzlich ertönen lautere Düsengeräusche. Die Zuschauerstimmen verstummen. Das Passagierflugzeug rollt an, nimmt schnell Fahrt auf. Die Triebwerke laufen auf Hochtouren, um auf Tempo zu kommen. Auch die Geräuschkulisse nimmt zu. In Höhe des Wetterhauses endet ihr Bodenkontakt: Die Boeing hebt ab.
Kurz darauf ist nur noch die Rückseite des weißen Riesenvogels im Steigflug zu sehen, der sich in die Lüfte hinaufschwingt, zum Stecknadelkopf schrumpft und ins helle Himmelszelt eintaucht. Fasziniert schaue ich hinterher und stelle überrascht fest, wie entschleunigend es wirkt, Flugzeuge zu beobachten.
Ein Nachmittag im Sommer
Ein Nachmittag im Sommer - und was tun? In dieser Serie gibt es Ideen für Ausflüge, die sich manchmal abseits der üblichen Ferientipps bewegen.
- An der Nordseeküste/Butjadingen
- Ausflugsziel Flughafen
- Strandhopping (27.7.)
- Paddeln auf Bremer Gewässern (3.8.)
- Mit dem 49-Euro-Ticket zum Bummeln an die Alster (10.8.)
- Mit der Straßenbahn kreuz und quer durch Bremen (17.8.)