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Erbpachtvertrag endet Bewohner kämpfen um Erhalt des Genossenschaftshauses in der Neustadt

Nach Ende des Erbpachtvertrages fällt ein denkmalgeschütztes Genossenschaftshaus in der Neustadt an die Stadt zurück. Dagegen wehren sich Bewohner. Doch die Genossenschaft sieht keine andere Möglichkeit.
08.02.2024, 05:00 Uhr
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Von Matthias Holthaus

In der Neustädter Gastfeldstraße steht ein denkmalgeschütztes Genossenschaftshaus, das aufgrund des auslaufenden Erbpachtvertrages ab Oktober 2024 wieder an die Stadt Bremen zurückfällt. Unvermeidlich, meint die Genossenschaft, der Gemeinnützige Beamten-Wohnungsverein, für nicht akzeptabel halten diesen Vorgang jedoch einige Bewohnerinnen und Bewohner.

„Ich habe vom Genossenschaftsvorstand einen Brief bekommen, dass das Haus an die Stadt zurückfällt“, erzählt Sonja Gersema. Denn der Erbpachtvertrag, der nach 50 Jahren zur Verlängerung angestanden habe, werde für das in den Jahren 1925 und 1926 erbaute Haus an der Ecke Gastfeldstraße Friedrich-Ebert-Straße nicht verlängert.

Wunsch nach außerordentlicher Versammlung

Ein Gespräch habe es ein paar Tage später gegeben, wobei die geschäftsführende Vorständin der Genossenschaft, Julia Heyde, gemeint habe, dass die geplante Pachterhöhung zu teuer werden würde. „Und auch die energetische Sanierung werde teuer, ebenso müssten die Wohnungen renoviert werden. Und das wollten sie den dort Wohnenden und der Genossenschaft nicht zumuten. Aber“, so die Bewohnerin Anke Ludwig, „sie haben uns nicht mal gefragt und noch nicht einmal gesagt, dass es einen Erbpachtvertrag gibt.“ Ludwig sagt: „Wir sind sehr zufrieden mit der Genossenschaft. Sonst würden wir ja auch nicht so darum kämpfen.“

Sie hätte sich eine außerordentliche Versammlung gewünscht, um die anstehenden Kosten ehrlich zu kommunizieren. „Wäre das wirklich nicht zumutbar für mich?“, fragt sie und meint, sie seien „nicht mal im Ansatz“ gefragt worden, ob sie das in den nächsten Jahren mitgehen könnten. Und Sonja Gersema fügt hinzu: „Eine Genossenschaft ist eine wunderbare Sache, die es zu schützen gilt und für die Nutzenden viele Vorteile bietet – die Mitbestimmung etwa.“

Angebot für eine alternative Wohnung

Das Recht auf Mitbestimmung wurde indes auch nicht in vollem Umfang wahrgenommen. „Wir waren nicht auf der Mitgliederversammlung“, gibt Anke Ludwig zu. „Doch vorher gibt es eine Tagesordnung. Da stand aber nirgendwo, dass die Genossenschaft das Gebäude aufgeben will.“ Deshalb hätten diverse Nutzerinnen und Nutzer auch Widerspruch eingelegt. Sonja Gersema aber sagt: „Rein rechtlich durfte der Vorstand das. Man hat uns auch eine Umsiedlung in eine andere Genossenschaftswohnung in einem anderen Stadtteil angeboten. Da habe ich aber gesagt, dass ich mir das nicht gefallen lasse.“ Ihr Ziel sei es jedoch nicht gewesen, den Vorstand zu echauffieren, sondern: „Wir wollen hier wohnen bleiben. Mit der Genossenschaft.“

Die geschäftsführende Vorständin Julia Heyde ist indes überzeugt davon, dass die Bewohnerinnen und Bewohner es im Falle der Übernahme des Gebäudes durch die Stadt und somit eventuell durch Gewoba oder Brebau gut haben werden. „Ich bin überzeugt davon, dass die Mieter keine Nachteile erfahren werden. Die Gewoba und die Brebau haben unendlich viel Wohnraum im Quartier.“ Auch im Sinne des Klimas könne eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft die anstehenden Sanierungen viel besser umsetzen als ihre Genossenschaft.

Mit Gewoba oder Brebau wären die Menschen gut versorgt.
Juli Heyde, Vorständin Gemeinnütziger Beamten-Wohnungsverein

Die bereits 1924 gegründete Genossenschaft mit Sitz in der Stader Straße im Ortsteil Peterswerder hat derzeit 518 Wohnungen im Bestand. Auch für ein Gebäude in der Verdener Straße in Peterswerder läuft der Erbpachtvertrag aus. Der jedoch wird verlängert: „Das Haus steht nicht unter Denkmalschutz, da können wir anders investieren“, sagt Heyde. Zudem besitze das Gebäude nicht solch einen solitären Charakter wie das in der Neustadt, das das einzige der Genossenschaft in diesem Stadtteil ist: „Das Gebäude in der Verdener Straße kann man besser versorgen, weil es bei uns im Bestand, im Quartier ist.“ Außerdem ließen sich Wohnungen am Neustädter Standort aufgrund der Lage an der belebten Bushaltestelle eher schwer vermieten.

Nach einer eventuellen Verlängerung der Verträge für beide Gebäude müssten dann anstatt 9.500 Euro jährlich 33.000 Euro in den nächsten zehn Jahren gezahlt werden – zunächst sollten es gar 45.000 Euro jährlich sein. Nach zehn Jahren erhöht sich dieser Erbbauzins noch einmal. „Das Bauressort geht dabei vom aktuellen Bodenrichtwert aus“, sagt Heyde, sodass der Erbbauzins zuerst 1,5 Prozent betrage und nach zehn Jahren 2,5 Prozent. „Nach diesem Kenntnisstand haben wir im Vorstand abgesprochen, den Vertrag nicht zu verlängern, das Gebäude fällt an die Stadt zurück. Und die Stadt muss uns dann für das Gebäude entschädigen.“

Immobilien Bremen übernimmt Verwaltung

Den Einwand der Nutzerinnen, dass sie vom Umstand des Erbbaurechts nichts wussten, kann Heyde nicht nachvollziehen: „Das stand jedes Jahr im Jahresabschluss, den jedes Mitglied eine Woche vor der Genossenschaftsversammlung einsehen konnte. Und auch jederzeit bei uns im Büro.“ Heyde glaubt, die Menschen fürchten sich vor einer Mieterhöhung oder dass Bremen das Haus an einen Spekulanten verkaufen werde: „Doch mit Gewoba oder Brebau wären die Menschen gut versorgt. Außerdem können sie alle Mitglied bei uns bleiben.“ Zudem hätten sie allen Mitgliedern das Angebot der Umsiedlung unterbreitet – „wir haben ungefähr 30 Wechsel pro Jahr. Bei 15 Wohnungen schaffen wir das in den nächsten zwölf Monaten.“ Und noch etwas sagt sie: „Wir müssen als Genossenschaft aufpassen, dass wir aufgrund des Gebäudes nicht in finanzielle Schieflage geraten.“

Gemäß der aktuellen Planung werde das Gebäude in die Verwaltung durch Immobilien Bremen übernommen, teilt Immobilien Bremen derweil mit. „Aktuell gibt es keine Planungen seitens der Stadt, das Gebäude nach Ende des Erbbaurechts an Dritte zu veräußern oder anderweitig zu verwerten“, heißt es von Pressesprecher Fabio Cecere. Der äußert sich auch zum Erbbauzins: „Der seitens der Stadt angebotene Erbbauzins basiert auf den entsprechenden Senatsbeschlüssen aus den Jahren 2020 und 2021.“

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