16 Uhr. Schulschluss. Heute geht es für die Grundschüler vom Baumschulenweg nicht wie gewohnt nach Hause, heute stellen sich die Mädchen und Jungen entlang der Straße auf, halten Pappschilder hoch und blasen unablässig in ihre mitgebrachten Trillerpfeifen. „Tempo 10“ steht auf ihren Schildern, die sie den vorbeifahrenden Autos entgegenstrecken. Diese Höchstgeschwindigkeit gilt am Baumschulenweg, seit auf dem Gelände der Grundschule gebaut wird und der Bürgersteig entlang der Baustelle gesperrt ist. Die wenigsten Autofahrer halten sich allerdings bislang an die neue Temporegelung.
Auf aktuelle Verkehrsregeln aufmerksam machen
Sechs Eltern haben die Aktion geplant, mit der die motorisierten Verkehrsteilnehmer auf die aktuellen Regeln am Baumschulenweg aufmerksam gemacht werden sollen. „Das Tempo-10-Schild ist an einer Stelle aufgestellt, wo es leicht übersehen wird“, sagt Linda Bussmann. Sie ist Mutter eines Erstklässlers und Mitglied des Initiatoren-Teams. Die Straße sei zudem erheblich frequentiert: neben Anwohnern seien hier Mitglieder des benachbarten Sportvereins unterwegs – und natürlich diverse Elterntaxis. Die nehmen laut Bussmann nach den Sommerferien traditionell zu. Infolge von Aufklärungsgesprächen entspanne sich die Situation dann erfahrungsgemäß mit der Zeit etwas. Der Wunsch vieler Eltern sei es perspektivisch, dass die Kinder ab Klasse zwei – wenn sie denn mit dem Auto gebracht werden müssten – nicht unmittelbar vor der Schule abgesetzt werden, sondern an einem nahegelegenen Bring- und Abholplatz. Der Bereich vor der Schule bliebe somit den jüngsten Kindern vorbehalten. Als denkbare Standorte für Bring- und Abholplätze könnten sich die Eltern beispielsweise den Bouleplatz vor dem Sportverein 1860, die Ecke H.-H.-Meier-Allee und Kulenkampfallee, den Standplatz der Busbibliothek an der Ecke H.-H.-Meier-Allee und Baumschulenweg und einige Meter weiter auf dem Marktplatz vorstellen. „Die Plätze sind zu Fuß alle gut von der Schule aus erreichbar, und am Baumschulenweg würde sich die Situation merklich entspannen“, sagt Bussmann.
Schulleiter Lars Beulke unterstützt das Ansinnen der Eltern. „Ich halte die Verkehrssituation vor unserer Schule für sehr gefährlich“, betont er. Besonders am Nachmittag, wenn alle 380 Kinder zur selben Zeit aus der Schule stürmen. Sobald die Kinder ihre Eltern auf der anderen Straßenseite stehen sähen, liefen sie mitunter ungebremst über die Straße. „Durch die vielen Autos am Straßenrand ist es zusätzlich sehr unübersichtlich“, erzählt der Schulleiter. „Außerdem halten manche Eltern kurz mit ihrem Auto an, um die Kinder aufzunehmen, was die Situation noch schwieriger macht.“
Aufforderung an Radfahrer und Autofahrer
Doch nicht nur die Autofahrer sind heute Adressaten der Appelle von Schülern und Eltern – auch Fahrradfahrer sollen sich angesprochen fühlen. Nicht selten ist laut Bussmann zu beobachten, dass Radfahrer den Fußweg benutzen oder bei Rot über die Ampelkreuzung fahren – zur Not auch in Schlangenlinien um die Schulkinder herum. An der H.-H.-Meier-Allee stehen heute deshalb nicht nur Eltern und Kinder, sondern auch mehrere Polizeibeamte, um auf das Problem aufmerksam zu machen. „Es ist eine große Hilfe für uns, dass die Polizei hier so starke Präsenz zeigt“, betont Mitinitiatorin Insa Hogrefe.
Und auch über die drei Stadtteilpolitiker, die der Einladung der Eltern gefolgt sind, freut sich Hogrefe. Jörg Henschen (SPD), Beiratssprecherin Gudrun Eickelberg (Grüne) und ihr Fraktionskollege Klaus-Peter Land stehen auf dem Bürgersteig des Baumschulenwegs und beobachten, wie sich die Autos zwischen den Kinderpulks hindurchschieben. „Wir werden das Thema sicherlich in Kürze auf die Tagesordnung des Verkehrsausschusses setzen“, sagt Henschen. In der Grünenfraktion werde aktuell ein Antrag vorbereitet, in dem es um die Prüfung einer Ausweisung als Schulstraße gehen wird, die temporär gesperrt werden kann, stellt Eickelberg zudem in Aussicht.
Aufmerksamkeit für die Situation erzeugen
Alles in allem war es eine gelungene Aktion, resümiert Hogrefe. „Wir haben fürs Erste das erreicht, was wir erreichen wollten: Aufmerksamkeit erzeugen“, sagt sie. Perspektivisch hofft sie auf weitreichendere Veränderungen baulicher Art – wenn die Baustelle auf dem Schulgelände abgeschlossen ist. Ebenso wie Schulleiter Beulke und Beiratssprecherin Eickelberg hält sie zwei umklappbare Poller auf der Straße, die zur Bring- und Abholzeit für jeweils etwa 20 Minuten aufgestellt werden können, für die einfachste und effektivste Lösung. Positioniere man die beiden so, dass die Zufahrten zum Getränkemarkt und zum Sportverein passierbar bleiben, sei für die Sicherheit der Kinder viel erreicht, ohne dass größere Einbußen für den Verkehrsfluss zu befürchten seien, betont sie.