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Projekt zum Hafengeburtstag Drei Stummfilme bieten Blick in die Geschichte von Vegesack

Drei Stummfilme beleuchten prägende Phasen der Vegesacker Ortsgeschichte. Aufgegriffen werden die Heringsfischerei, der Walfang und die Strandlust. Welche Funktion die Streifen erfüllen sollen.
29.07.2022, 08:00 Uhr
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Von Paula Leonie Kunz

Es sind drei Stummfilme und sie alle bilden ein einzigartiges Stück Geschichte ab: Ein Junge träumt von den Abenteuern seines Vaters als Walfänger. Eine Kinderfrau, begleitet ihre bürgerlichen Arbeitgeber an die Weserpromenade und schreibt Postkarten voller Eindrücke und Sehnsucht an ihren Geliebten. Ein stolzer Fischer erzählt von den Strapazen des Heringsfangs in Zeiten des Nationalsozialismus – nur die Umgebung des Vegesacker Hafens als Ort des Geschehens haben sie alle gemeinsam.

„Der Vegesacker Hafen ist viel mit Arbeitsgeschichte verbunden“, erklärt Jörg Hein. Als Kulturreferent der Arbeitnehmerkammer Bremen (ANK) organisiert er Kulturveranstaltungen rund um die Themen Arbeit und Beschäftigung. Ziel des Engagements im Bremer Norden sei die Förderung der Stadtentwicklung. In Kooperation mit FuNK (Freizeit- und Naherholungskonzept Bremen-Nord) solle der Ort gleichzeitig als Reise- und Ausflugsziel für naturnahe Entspannung bekannter werden. Elvira Krol treibt als Projektkoordinatorin für FuNK bei der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) diverse Vorhaben in der Region voran.  Die Themen „Arbeit & Freizeit“ bilden die Schnittstelle der Zusammenarbeit von FunK und der ANK.

Anlässlich des Hafengeburtstages haben sie ein sehenswertes Filmprojekt auf die Beine gestellt: An geschichtsträchtigen Orten werden Gegenwart und Vergangenheit durch Bewegtbilder vereint. Möglich wurde das Vorhaben durch die finanzielle Unterstützung der WFB und Vegesack Marketing.

In der Phase der Ideenfindung sei wichtig gewesen, dass der gemeinsame Beitrag über das Jubiläumsjahr hinaus Bestand haben könne. Die Motive wiederum mussten sowohl spannend als auch visuell realisierbar sein. Letztlich fiel die Entscheidung zugunsten dreier prägender und anschaulicher Themen der Hafengeschichte.

Walfang Anno 1872

Der Zeit des Walfangs wohnt durch ihre zahlreichen Abenteuergeschichten auch heute noch eine besondere Faszination inne. Im Film wird diese Begeisterung durch die Figur eines Jungen im Jahr 1872 verkörpert. Doch auch die Schattenseiten finden Erwähnung.

Strandlust Anno 1912

Dagegen thematisiert der Film zur Strandlust und der Weserpromenade um 1910 das neuartige Naherholungskonzept und den klassengesellschaftlichen Zusammenhang zur Kaiserzeit. Die Freizeit der Wohlhabenden wurde erst durch ihre Angestellten möglich –bezahlte Urlaubstage waren eine Seltenheit.

Heringsfang Anno 1939

Der Film zum Heringsfang wurde schließlich in den Dreißigerjahren verortet. Der Vegesacker Hafen beheimatete einmal die größte Heringsfangflotte Europas, deren Tätigkeit durch die Nationalsozialisten weiter subventioniert wurde. Neben den körperlichen Strapazen zeigt der Film auch die beeindruckende Größe der Fischverarbeitungsindustrie.

Zwischen der ursprünglichen Idee und der Fertigstellung zum Festwochenende im Mai lag mehr als ein Dreivierteljahr. Nach ersten Gesprächen mit Vegesack Marketing zum Hafengeburtstag im Frühjahr 2021 hatte die WFB die Kooperation mit der ANK angestoßen. „So richtig los ging es im Herbst letzten Jahres“, erinnert sich Krol. Hinter der Planung stünde eine Vielzahl an Einzelschritten, die im Vorhinein alle gut überlegt sein wollten. Hein: „Da sind im Vorhinein viele Details zu bedenken.“ So wurden die Kostüme für die Darstellenden etwa aus Berlin beschafft und im Rahmen der Recherche und Figurenfindung fanden Besichtigungen im Hafenareal und dem Geschichtenhaus statt.

Obwohl die Produktion vergleichsweise zügig ging, wurde großer technischer Aufwand betrieben. Für den Strandlust-Film kam sogar ein Greenscreen-Studio zum Einsatz. Im finalen Ergebnis scheint es, als spaziere die Schauspielerin durch originale Postkartenmotive hindurch. Für den Heringsfang wiederum fanden viele Originalaufnahmen Verwendung. Hein: „Für den Walfang war das eine Herausforderung, weil man irgendwann aus der Zeit rausgeht, wo man auf filmisches oder fotografisches Material zurückgreifen kann.“ Anstelle von Fotos habe man auf Gemälde aus dem Schifffahrtsmuseum Unterweser und dem Focke-Museum zurückgreifen können. Das Recherchematerial stammt überwiegend aus dem Museumsarchiv von Schloss Schönebeck.

Hinter der filmischen Umsetzung steht das freiberufliche Filmemacherinnen-Duo Eva Werdich und Frauke Siebold. Die individuelle Gestaltung der Stummfilme mit Bildelementen, Musik und Untertiteln folgt dem Wunsch nach „modernen Stummfilmen“. „Wir haben versucht, in die Geschichte hineinzublicken und einen emotionalen Zugang zu schaffen, um uns mit der Geschichte Vegesacks in so kompakter Weise auseinanderzusetzen“, fasst Hein die Leitgedanken bei der filmischen Konzeption zusammen.

Insgesamt zwölf Infotafeln sind als Teil des Fußgängerleitsystems von Vegesack Marketing im Stadtgebiet zu finden: Entlang der Maritimen Meile und des Hafens präsentieren sie Punkte lokaler Sehenswürdigkeiten. Auf den Tafeln sind die Filme nun zeitlich unbegrenzt über einen QR-Code abrufbar. „Wir möchten unmittelbar dort, wo die Geschichten früher Realität waren, einen Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart schlagen“, betont Krol. So seien die Stummfilme auch während diverser Veranstaltungen im Hafenareal jederzeit erlebbar und die Bilder auch ohne Ton bewegend.

Die QR-Codes sollen außerdem in die Dauerausstellung auf Schloss Schönebeck aufgenommen werden, in der sich bereits alle drei Themen wiederfinden. Darüber hinaus sind die Filme jederzeit online auffindbar, zum Beispiel auf dem YouTube-Kanal der ANK oder der Website von Vegesack Marketing.

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