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Beiratswahl in Bremen "Aufpassen, was die AfD anstellt"

Uni-Professor Alexander Lerchl forscht seit Jahren zu Handystrahlung. Jetzt tritt der Nordbremer Wissenschaftler als Kandidat für die Satireformation Die Partei an. Wie seine Ziele lauten...
31.01.2023, 12:00 Uhr
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Von Patricia Brandt

Herr Lerchl, Sie kandidieren für die Kleinpartei Die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative für den Beirat Burglesum. Warum?

Alexander Lerchl: Weil Die Partei sehr gut ist, und auch Kommunalpolitik dringend Wissenschaft braucht.

Was sind Ihre konkreten Ziele?

Aufpassen, was andere Parteien so anstellen wollen, also insbesondere AfD – eh klar – und Grüne. Die anderen sind überwiegend harmlos.

Sie haben sich als Bürger für den Erhalt der Lesumwiesen engagiert. Wie bewerten Sie die Situation? 

Die Grünen versuchen – erfolglos –, Die Partei satiretechnisch zu überholen, indem sie eine über 20 Jahre alte Geschichte – Verfüllung des Europahafens – jetzt durch eine Ausgleichsmaßnahme meinen kompensieren zu müssen, die den Tod und die Vertreibung von Maulwürfen, Mäusen, Rehen, unzähligen Insekten sowie das Verschwinden seltener Pflanzenarten bedeuten. Nebenbei verwundert auch die implizite Klimawandelleugnung. Andere Regierungen erhöhen nämlich Dämme, anstatt sie zu zerstören, was ebenfalls Folge der Flutung der Lesumwiesen wäre. Und das wegen eines Fisches, der – angeblich – vor 20 Jahren im Europahafen lebte und laichte und nun – angeblich – selbiges auf den Lesumwiesen tun soll. Da wird Die Partei geradezu in die Realpolitik gezwungen!

Muss Politik mehr auf Wissenschaft hören?

Ja sicher.

Sie waren früher Chefberater der Bundesregierung in Sachen Strahlenschutz. Warum jetzt nicht mehr?

Nachdem ich sechs Jahre Mitglied und vier Jahre Vorsitzender des Ausschusses für Nichtionisierende Strahlung der Strahlenschutzkommission war und mir drei Bundesumweltminister für meine sehr gute Arbeit gedankt haben, war es mal Zeit zum Wechsel. Außerdem ist Bonn echt öde.

Laut einem Beschluss des Oberlandesgerichts von 2020 dürfen Sie nicht mehr behaupten, dass die Ergebnisse der Relflex-Studie zu gesundheitlichen Gefahren des Mobilfunks "fabriziert" seien. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Handystrahlung Schädigungen an Struktur und Funktion der menschlichen Gene verursachen können. Woher wissen Sie, dass Handystrahlung ungefährlich ist?

Das weiß ich natürlich nicht! Deswegen mache ich ja Forschung, momentan zu 5G, beauftragt vom Bundesamt für Strahlenschutz. Das Bremer Landgericht und das Hamburger Oberlandesgericht hatten übrigens an meinen Äußerungen nichts auszusetzen, es steht also aus meiner Sicht 2:1, was nicht schlecht ist.

Greifen Sie bei Ihrer Forschung zu Mobilfunkstrahlung noch auf Tierversuche zurück? Wenn nein, seit wann nicht mehr und warum?

Die Bremer Politik hatte sich vor Jahren entschieden, die damalige Leitung der Uni zu ersuchen, Tierversuche nicht mehr zu gestatten, was dann auch geschah. Vermutlich steckt eine Strategie dahinter: die Bremer Bürgerinnen und Bürger sollen selbst forschen! Nämlich, ob Mobiltelefone bei ihnen Hirntumore verursachen oder Mobilfunkmasten sie elektrosensibel machen. Klasse, weiter so! Die sechs- bis siebenstelligen Beträge, die Bremen an Forschungsgeldern dadurch verloren gehen – und andernorts ankommen, verschmerzt das Bundesland locker!

Sie sind auch Professor für Ethik. Wie lassen sich die Versuche mit Ihrem Verständnis von Ethik vereinbaren?  

100 Prozent! Ansonsten müssten ja stattdessen Menschenversuche durchgeführt werden, um zu sehen, ob sich nach jahrelangem Telefonieren mit dem Handy Hirntumore entwickeln. Die Bremer Politik wünscht das offenbar. Jedenfalls sind alle tierexperimentellen Untersuchungen von der Bremer Behörde für sehr gut befunden worden, sonst wären sie nicht gestattet worden.

Aus der Jacobs University wurde gerade die Constructor University. Wie bewerten Sie die Umstrukturierungen durch den neuen Eigentümer der Uni?

Das wird alles sehr gut!

Sie sind 2021 für Die Partei zur Bundestagswahl angetreten. Werden Sie bei der nächsten Wahl wieder dabei sein?

Nach unserem fulminanten Wahlsieg in Bremen im Mai 2023 wird über diese Personalie rechtzeitig entschieden. Wir informieren den Weser-Kurier und die NORDDEUTSCHE sofort, versprochen!

Das Interview führte Patricia Brandt

Zur Person

Alexander Lerchl

ist Jahrgang 1959 und wurde in Minden geboren. Der Diplom-Biologe arbeitet als Professor für Biologie und Ethik an der Constructor University auf dem Campus in Grohn.

Zur Sache

Tierversuche

Bis auf Weiteres finden weder Tierversuche noch Tierhaltung an der Constructor University in Grohn statt. Das betont auf Anfrage Unisprecherin Daisy Juknischke-Heinsen. Anfang 2000 hatte der Biologe und Mobilfunkforscher Alexander Lerchl potenziell schädliche Effekte von Hochspannungsleitungen, Mobilfunk und Haushaltsgeräten auf dem Campus in Grohn untersucht – und dafür Nager eingesetzt. Nachdem die Tierrechtsorganisation Peta die Versuche des  Wissenschaftlers der damaligen Jacobs University Bremen 2013 kritisiert hatte, setzte dies eine Diskussion um Tierversuche in Bremen in Gang. In ihrer Pressemitteilung bemängelte die Organisation, dass die Jacobs University zu Testzwecken Hunderte von Kleintieren in winzigen Käfigen halte, gestapelt in deckenhohen Regalen: „Ihr Alltag ist trist und belastend. Zwei Stunden am Tag werden die Nager in enge Plastikröhren gezwängt und in einer Vorrichtung bestrahlt. Ihre übrige Lebenszeit verbringen die Kleintiere ohne Tageslicht in kleinen Plexiglasboxen.“ Alexander Lerchl nannte die Anschuldigungen damals ungerechtfertigt: Die Nager krabbelten freiwillig in die Röhren und schliefen dort die meiste Zeit. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Tiere gestresst wären. Der Grohner Biologe vermutete damals, dass die Peta-Kampagne von Mobilfunkgegnern lanciert worden war. Den Vorstoß der Bremer Grünen, ein „tierverbrauchsfreies Studium“ sicherzustellen, lehnte er damals ab.

Info

Die Wahl zur 21. Bremischen Bürgerschaft der Freien Hansestadt Bremen findet am 14. Mai 2023 statt. Neben Alexander Lerchl in Burglesum hat der Bremer Landesverband von Die Partei weitere Kandidaten für die Beirate im Bremer Norden aufgestellt: In Blumenthal kandidieren demnach Niels Petersen, Clemens Knueppel und Anna-Vanessa Schlösser. In Vegesack steht Jan-Henrik Rönnau auf Platz eins auf der Liste. 

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