Herr Bell, Präsident Fabio Pammolli hat die Uni zum Jahresende verlassen. Haben Sie bereits einen Nachfolger?
Serg Bell: Nein, wir haben ein Findungskomitee gegründet und mit der Suche beauftragt. Es sind bereits einige Kandidaten in Aussicht, aber die Suche läuft noch. Wir möchten jemanden finden, der gut zu der Rolle passt.
Sie haben mehrere neue Geschäftsführer eingestellt. Darunter Ihre Ehefrau Öznur Bell. Welche Aufgaben übernimmt sie?
Ihr Verantwortungsbereich ist weitgefasst. Sie ist zuständig für alles, was mit Generierung von Umsatz, Partnerschaften, Stipendien, Studierendenwerbung, Zulassung, Verkauf, Marketing und Geschäftsentwicklung zu tun hat. Ein Beispiel: Da wir eine Privatuniversität sind, müssen unsere Studierenden Studiengebühren zahlen. Als Geschäftsführerin und Chief Operating Officer übernimmt sie unter anderem den Part, Stiftungen und Partner zu finden, die die Studierenden finanziell unterstützen und die Gebühren für sie zum Teil bezahlen. Der Bereich, den sie übernommen hat, ist sehr groß.
Nicht mehr im Team ist ein Geschäftsführer, der erst 2021 eingestellt worden war. Warum lenkt er die Geschicke der Uni nicht mehr?
Er muss aus familiären Gründen konstant in Berlin sein. Berlin ist nicht weit weg, und bei einer Tech-Firma wäre es kein Problem, von irgendwo auf der Welt aus zu arbeiten. Bei einer Universität ist das etwas anderes. Der wichtigste Aktivposten der Universität ist der Campus selbst und sein Betrieb, einschließlich der Zusammenarbeit mit der lokalen Gemeinschaft.
Sie haben die Uni 2021 übernommen. Aus dem Geschäftsbericht für das Geschäftsjahr 2021 geht hervor, dass Sie 500.000 Euro für Personalfreistellungen gezahlt haben. Wie viele Mitarbeiter haben Sie freigestellt und warum?
Als Aufsichtsratsvorsitzender bin ich bei Entlassungsentscheidungen nicht involviert. Ich habe also niemanden freigestellt. Worauf Sie sich beziehen, muss vor meiner Zeit gewesen sein.
Die Uni hatte ihre finanziellen Schwierigkeiten, aber die sind überwunden. Ein wichtiges Ziel der Universität ist es, mehr Personal einzustellen. Denn wir haben im Januar 2023 bereits doppelt so viele Studierende aufgenommen wie im Vorjahr.
Sie haben bei Ihrer Übernahme von einer Zielzahl von 4500 Studenten gesprochen…
Bevor wir hier angefangen haben, waren 350 bis 400 Neuzugänge im Jahr üblich. Im Herbst hatten wir bereits 700 neue Studierende aufgenommen. Wir sind auf einem guten Weg, unser Ziel zu erreichen. Und ich gehe davon aus, dass wir in zehn Jahren rund 5.000 Studierende haben werden – allerdings können wir nicht alle hier auf dem Campus unterbringen. Uns fehlen die Räumlichkeiten dafür. Deshalb werden wir weiter an Online-Angeboten arbeiten, allerdings funktionieren die nicht für alle Fächer.
Was kostet ein Studium an der Constructor University?
Im Moment liegen die Kosten bei 20.000 Euro pro Jahr. Im Durchschnitt zahlen die Studierenden aber nur 15.000, da es verschiedene Stipendien, Studienkredite und Studienrabatte gibt.
Zuletzt war bei der finanziell angeschlagenen Jacobs-Uni Sparen angesagt. Präsident Antonio Loprieno kippte deshalb den lang gehegten Plan eines Collegeneubaus mit 500 Betten. Er wollte lieber die Dachgeschosse der Wohnheime ausbauen lassen. Wo werden Sie zukünftige Studenten unterbringen?
Es ist eine schlechte Zeit, um zu bauen. Die Preise fürs Bauen, für Material und Transport sowie die Energiekosten sind zu hoch. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Das Budget für Energiekosten auf dem Campus lag bisher bei 900.000 Euro. Jetzt sind wir bei über sechs Millionen Euro. Das heißt, dass wir das Geld für Bautätigkeiten für Energie ausgeben. Diese Energiepreise sind nicht erwartbar gewesen. Alles, was wir machen können, ist zu hoffen, dass der Krieg bald zu Ende ist und die Energiepreise, zusammen mit den Baukosten, wieder sinken. Aber natürlich ist die Aufstockung der Betten eine der wichtigsten Prioritäten für die strategische Entwicklung der Universität.
Also wird es 2023 keine Umbauten geben?
Wir warten jetzt ab und planen für nächstes Jahr. Wir haben hier 1100 Betten und viele Studierende leben in der Galileo Residenz, die in Bremen-Mitte Appartements anbietet. Es gibt aber einige Ideen, wie wir die Kapazitäten auf dem Campus kurzfristig erhöhen können. Eine davon ist, dass die Verwaltung aus der Reimar-Lüst-Hall in die Uni-Bibliothek wechselt. Dann stünde das Gebäude für Studierende bereit.
Sie halten aber am Science Park und den Firmenausgründungen fest?
Ja, das ist genau das, was wir wollen. Ich denke, dass wir auch neue Gebäude für die Forschung bauen werden.
Wann kommt das geplante Quantenzentrum?
Ich denke 2024, aber die Bauarbeiten hängen natürlich von den Baukosten ab. Ein Konzept für das Quantenzentrum wird es sicherlich schon früher geben.
Wie viel Geld haben Sie bereits in die Uni investiert?
Meine Rolle als Mehrheitsgesellschafter und Investor ist es, die Constructor University Bremen direkt zu finanzieren – bisher waren das 15 Millionen Euro, und indirekt weitere zehn Millionen Euro, die in der Constructor Group für Aktivitäten ausgegeben werden, die der Uni helfen oder damit verbunden sind.
Wie oft werden sie künftig in Bremen Nord sein?
Ich habe ein Haus eines Freundes in St. Magnus um die Ecke gemietet und plane 70 bis 90 Tage in Bremen Nord zu sein. In diesem Monat war ich aber bereits elf Tage hier.
Das Gespräch führte Patricia Brandt.