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Finanzielle Schieflage DRK-Pflegedienst ist insolvent

Der ambulante Pflegedienst DRK Bremen Pflege GmbH ist insolvent. Die Versorgung der Patientinnen und Patienten soll bis Ende Februar gewährleistet sein. Es gibt schon Übernahmeinteressenten.
16.12.2022, 18:00 Uhr
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DRK-Pflegedienst ist insolvent
Von Iris Messerschmidt

Die allgemein gestiegenen Kosten bei zu niedrigen Sätzen für einzelne Pflegeleistungen sollen zu einer wirtschaftlichen Schieflage der DRK Bremen Pflege GmbH geführt haben. Der Geschäftsführer Timm Deutscher hat deshalb aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit am 1. Dezember beim Amtsgericht Bremen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das teilt Rechtsanwalt Frank-Michael Rhode mit. Er ist als Insolvenzverwalter eingesetzt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die betreuten Menschen sind schon schriftlich informiert worden. "Niemand muss sich Sorgen machen, die Pflege ist weiter gewährleistet", so Rhode.

"Zusammen mit der Geschäftsführung wird der Geschäftsbetrieb derzeit vollumfänglich fortgeführt", heißt es seitens des Insolvenzverwalters. Die pflegebedürftigen Patientinnen und Patienten seien über die eingetretene Situation und die Aufrechterhaltung der Pflegeleistungen durch Rundschreiben informiert worden. "Der eine oder andere äußerte Bedauern über die Situation, aber alle zeigen Verständnis und wollen erst einmal abwarten", sagte Geschäftsführer Timm Deutscher auf Nachfrage über die Reaktionen Betroffener. Die Gehälter der im Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter sind laut Rechtsanwalt Rhode zumindest bis einschließlich Februar 2023 über Insolvenzgeldzahlungen der Agentur für Arbeit abgesichert.

Hoffnung für die Angestellten

Wie es dann weiter geht? "Im schlimmsten Fall droht die Zerschlagung des Unternehmens", so Timm Deutscher, der schon seit 40 Jahren in der Pflege tätig ist. Während er für sich selbst eher schwarz sieht, "der Geschäftsführer bleibt dabei immer auf der Strecke", hat er für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hoffnungsvolle Aussichten. "Die finden auf jeden Fall eine neue Anstellung." Denn genau das sei doch momentan eines der weiteren Probleme. Der sogenannte Pflegenotstand, also immer weniger Fachpersonal, "ist eine natürliche Entwicklung der letzten Jahre in der Pflege", so Timm Deutscher.

Das sei auch in der DRK Bremen Pflege GmbH nicht anders. Auf der Homepage der Gesellschaft sind immer noch mehr als 40 Mitarbeiter (Krankenschwestern/-pfleger, Altenpfleger/innen, Altenpflegehelfer/innen und Schwesternhelferinnen) in Bremen-Nord angegeben. Paula Tönjes, ehemalige Geschäftsführerin, die 2017 ihren Abschied nahm, berichtete zu diesem Zeitpunkt auch noch von 46 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Mittlerweile spricht der Insolvenzverwalter nur noch von 24 Beschäftigten. "Das ist allerdings auch der geringeren Anzahl der zu pflegenden Personen geschuldet", sagt Frank-Michael Rhode. Er sieht in dieser Hinsicht durchaus Potenzial für die Zukunft des ambulanten Pflegedienstes, beispielsweise in der Akquise weiterer Pflegebedürftiger.

Weitere Patientenaufnahme

"Wir sind noch in der guten Lage, 75 Prozent Fachkräfte vorweisen zu können", so Timm Deutscher. Doch immer weniger Menschen wollten in der Pflege arbeiten. Dem Mangel an Personal stehe die Verunsicherung in der Bevölkerung gegenüber. "Corona-Krise und steigende Lebenshaltungskosten, da schaut jeder auf sein Geld. Gespart wird an der Gesundheit. Je günstiger, desto besser. Das verschärft die Situation", so Deutscher. Zwar kämen mehr Patienten dazu, "das sind allerdings zum Großteil keine finanzkräftigen Menschen", so Deutscher. Auch jetzt, während des Insolvenzverfahrens, würden Patienten aufgenommen. Jedem neuen Patienten werde die Situation erklärt, "auch, dass ein Insolvenzverfahren läuft. Doch den Menschen ist dies egal, es gibt einfach zu wenig Pflegeplätze. Somit sind sie froh, jemanden gefunden zu haben", so Deutscher.

"Es ist ja schön, dass die Löhne angehoben werden, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Geld bekommen. Aber das Ganze muss auch durch die Pflegekasse refinanzierbar sein", sieht Deutscher die Politik in der Pflicht. Er macht sich so seine Gedanken über Hilfsorganisationen, die in finanzielle Not geraten, und Heime, in denen Leerstand herrscht. Deutscher: "Ich habe gerade von einem Pflegeheim im Landkreis Osterholz gehört, das nur 40 seiner 65 Betten belegen darf. Die Heimaufsicht hat ein Veto eingelegt, weil das Personal fehlt. Da ist doch die nächste Insolvenz vorprogrammiert." Der Geschäftsführer wünscht sich mehr Akzeptanz in der Bevölkerung, "für die eigene Gesundheit auch etwas mehr Geld auszugeben". Das sieht auch Insolvenzverwalter Frank-Michael Rhode so: "Wir müssen dafür werben, dass die Pflegesätze, die an die Patienten gehen, auch vermehrt ausgeschöpft werden." Geld, das bei so manchem Pflegebedürftigen für ambulante Pflegesätze auf dem Konto lande, fließe nicht in abgerufene Pflegeleistungen.

Nahtloser Übergang möglich

Mitarbeitergewinnung sei ein weiteres Ziel. "Auf jeden Fall die derzeitigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten", so Rhode. Kommunikation ist hier sein Schlagwort, auch durch eine Mitarbeiterversammlung. Darin hat er den Angestellten das Versprechen gegeben, dass sie pünktlich ihr Gehalt bekommen – für Dezember, Januar und Februar sei dies zugesagt. "Ich bin guter Hoffnung, wenn die DRK Bremen Pflege GmbH nicht aus sich allein saniert werden kann, dass gegebenenfalls ein Dritter kauft und die bisherigen operativen Geschäfte dann nahtlos fortführt – unter Zurücklassung der Altlasten. Eine sogenannte übertragene Sanierung", so Rhode weiter. Übernahmeinteressenten gebe es schon. In diesem Fall würden auch alle Arbeitnehmer mit übernommen, es sei denn, sie legen selbst Widerspruch dagegen ein.

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