Absterbend, sturmgeschädigt, unterständig – der Umweltbetrieb hat wieder Bäume klassifiziert und aufgelistet, welche in dieser Fällsaison wegmüssen. Herausgekommen ist dabei eine Statistik, die anders ist als in anderen Jahren: in der mehr Eichen, Linden und Buchen im Bremer Norden weichen müssen. Und, was die Kontrolleure ebenfalls festgestellt haben, auch mehr Bäume, die noch gar nicht so alt sind.
Sie sind zu dritt in der Videoschalte: Viola Hellwag, Monika Osteresch und Kerstin Doty wollen an diesem Abend sagen, wie es um Bremens Bäume steht. Der Chefin des Umweltbetriebs, der Abteilungsleiterin und der Sprecherin des städtischen Unternehmens geht es vor allem um die Gründe, warum manche gefällt werden müssen. 2199 sind es diesmal stadtweit – und 266 im Bremer Norden. Was fast doppelt so viele sind wie im Jahr davor. Damals kamen Vegesack, Blumenthal und Burglesum auf 144 Bäume, die wegmussten.
Osteresch sagt, dass die Zahl der Bäume, die gefällt werden müssen, erst mal groß klingt. Im Vergleich zum Bremer Bestand – 218.455 sind digital erfasst – aber klein ist. Die Abteilungsleiterin hat es nachgerechnet. Sie kommt auf ein Prozent. Zufrieden ist sie trotzdem nicht. Sorgen bereiten ihr die vielen absterbenden Bäume, die einen Stammdurchmesser zwischen 80 und 149 Zentimeter haben. Und demnach nicht zu den wirklich alten Bäumen zählen. Die fangen nach ihrer Rechnung erst bei einem Umfang von 1,5 Metern an.
Hellwag, Osteresch und Doty gehen jeden Stadtteil einzeln durch. Mal zeigen sie Balken-, mal Tortendiagramme. Unterm Strich sind meisten Bäume, die weichen müssen, entweder "mittelalt" oder "jung". Von den 2199, die auf der Fäll-Liste stehen, gehören 897 zur ersten und 850 zur zweiten Gruppe. Die Betriebschefin und ihre Mitarbeiterinnen gehen davon aus, dass das an den Trockenperioden und den fallenden Grundwasserpegeln der vergangenen Jahre liegt. Und dass die ganz alten Bäume klar im Vorteil sind, weil ihre Wurzeln tiefer reichen.
Dabei hat der Umweltbetrieb laut Doty bereits sein Bewässerungsmanagement auf mehr Hitze und weniger Regen umgestellt. Genauso die Art, wie und was gepflanzt wird: Die Gruben, die für die Wurzelballen gegraben werden, sind jetzt größer und die Bäume, die in den Boden kommen, sogenannte klimaangepasste Bäume, weil sie mit weniger Wasser auskommen. Und dennoch trifft es nach den Grafiken immer häufiger Bäume, die noch nicht so lange stehen wie andere. In manchen Stadtteilen gibt es Ausnahmen. Die Nordbremer gehören nicht dazu.
Nach Ostereschs Befund sind es in Blumenthal vor allem viele flachwurzelnde Bäume, die am Sterben sind – und deshalb zur Gefahr für den Straßenverkehr werden. Die Stadt, sagt die Abteilungsleiterin, müsse sie entfernen, um sich nicht rechtlich angreifbar zu machen. Aus demselben Grund werden ihr zufolge auch Bäume in Knoops und Pellens Park gefällt, die beide quasi zu den Burglesumer Hotspots der Fällarbeiter gehören. In Vegesack dagegen ist laut Osteresch ein Bereich bei der Schönebecker Ökologiestation besonders betroffen.
Das Mittelzentrum kommt im Vergleich zu den beiden anderen Nordbremer Stadtteilen auf die wenigsten Fällungen – 73. Und Blumenthal auf die meisten – 99. In Burglesum sind 94 geplant. In jedem der drei Stadtteile müssen mehr Bäume gefällt werden als im Vorjahr. Aber nirgendwo sonst in Bremen sollen so viele Bäume weg wie in Hemelingen: 550. Es ist die mit Abstand höchste Zahl. Horn-Lehe, wo die zweitmeisten Fällarbeiten geplant, folgt mit 260 Bäumen. Danach kommt Gröpelingen mit 187.
Wie viele im nächsten Jahr nachgepflanzt werden, können die Vertreterinnen des Umweltbetriebs noch gar nicht sagen. Theoretisch, sagt Geschäftsführerin Hellwag, seien zwischen 800 bis 1000 Bäume möglich. Für so viele reiche zumindest das Personal. Nur geht es eben nicht nur darum, was leistbar ist, sondern vor allem darum, was finanziert werden kann. Die Chefin weiß noch nicht, wie groß der Etat diesmal ausfallen wird. In der vergangenen Fällperiode lag die Zahl der Bäume, die weichen mussten, stadtweit bei 1894 – und die der Nachpflanzungen bei 527.