Die private Jacobs University (JUB) auf dem Grohner Campus befindet sich mitten im Umbruch. Vor wenigen Tagen hat sich Präsident Antonio Loprieno überraschend zurückgezogen, mit Geschäftsführerin Andrea Herzig-Erler und Provost Michael Auf der Heyde steht eine neue Leitung bereit. Gleichzeitig sollen neue Träger für einen der wichtigsten Arbeitgeber im Bremer Norden mit 430 Mitarbeitern und weiteren 150 Beschäftigten über externe Dienstleister gefunden werden. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zur Umstrukturierung zusammengefasst.
Warum wird die Uni umstrukturiert?
Wie Jörg Peters, Referatsleiter im Ressort Wirtschaft und Häfen, im Beirat Vegesack deutlich gemacht hat, drohte der Privatuniversität im Sommer 2020 die Insolvenz. Zu der Zeit hatte die Jacobs Foundation erklärt, ihr Engagement an der Uni aufgeben zu wollen. „Das hätte im Sommer das sofortige Ende bedeutet, dann wäre der Insolvenzverwalter gekommen“, so Peters. Stattdessen sei mit der Stiftung eine Lösung entwickelt worden, die es ermöglichen sollte, neue Partner ins Boot zu holen.
Wer steht nun hinter der Jacobs Uni?
Die Jacobs Foundation wird ihre Geschäftsanteile an der Jacobs University gGmbH an den Verein zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in der Hansestadt Bremen übertragen. Träger dieses Vereins sind Bremen und die Universität Bremen. Die Stiftung stellt dem Verein nach eigenen Worten noch 23 Millionen Schweizer Franken zur Verfügung. „Das Geld dient der Sicherstellung der Liquidität und des Betriebs der JUB“, formuliert Sebastian Rösener, Sprecher der Senatorin für Wissenschaft und Häfen.
Was passiert mit den Studenten?
„Die, die ihr Studium an der Jacobs University begonnen haben, sollen ihr Studium zu Ende bringen. Es darf keine Studienabbrüche geben“, so Jörg Peters aus dem Wirtschaftsressort. Der Verein zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in der Freien Hansestadt Bremen wolle erreichen, dass für die Zukunft abgesichert ist, dass es einen Unibetrieb gibt, sagt Jörg Peters.
Wer leitet jetzt die Jacobs Uni?
Der Aufsichtsrat der Jacobs Uni hat beschlossen, dass Andrea Herzig-Erler und Provost Michael Auf der Heyde ab Januar 2021 die Geschicke der Jacobs University als Doppelspitze weiterführen und den Übergang in eine neue Struktur gemeinsam gestalten. "Wir haben die Aufgabe, ein nachhaltiges Konzept mit dem neuen Investor zu besprechen“, erläutert Andrea Herzig-Erler.
Wer sind die neuen Geschäftsführer der Jacobs Uni?
Andrea Herzig-Erler leitet seit Anfang 2018 als Mitglied des Management Board und Prokuristin die finanzbezogenen Bereiche der Universität. Die Betriebswirtin, Gründerin und Start-up Mentorin wird die gesamten kaufmännischen Belange in der Geschäftsführung verantworten. Der Wissenschaftsmanager Michael Auf der Heyde leitet den akademischen Bereich der Jacobs University seit November 2019 als Provost. Auf der Heyde wurde 1958 in Südafrika geboren und war vor seiner Tätigkeit in Bremen-Nord als stellvertretender Generaldirektor des South African Department of Science and Technology tätig. Nach seiner Promotion in Chemie 1988 nahm er verschiedene Lehr-, Forschungs- und Führungspositionen unter anderen an der Universität Cambridge an.
Gibt es bereits Investoren, die die Uni weiter führen wollen?
Das Ressort Wissenschaft und Häfen befindet sich nach eigener Darstellung "in intensiven Gesprächen mit potenziellen Partnern aus dem IT-, KI- und Wissenschaftsbereich". Darüber hinaus bestünden "Gesprächsfäden mit weiteren potenziellen Partnern und Investoren“. Namen wurden nicht genannt. Bekanntlich hatte zunächst ein Konsortium aus dem Software-Konzern SAP, dem chinesischen Unternehmen Neusoft und des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz (DFKI) Interesse bekundet, den Campus zu einem Hochschul- und Weiterbildungskomplex im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) zu entwickeln.
Zuletzt bremste SAP allerdings die Erwartungen an eine Übernahme der Einrichtung (wir berichteten). Der Beirat möchte unterdessen mit seinem jüngsten Beschluss sicherstellen, dass künftig ausschließlich ein Universitätsbetrieb auf dem Campus-Areal möglich ist.
Was passiert mit dem Oeversberg?
Nach monatelangen Ringen zwischen Behörde, Vereinen und Universität am Runden Tisch wurde der Oeversberg, ein insgesamt sieben Hektar großes Areal an der Friedrich-Humbert-Straße, zwischen Uni und Sportlern im Stadtteil geteilt. Zwei Hektar bleiben im Besitz der Jacobs University. Über die übrigen fünf Hektar hätte die Privatuniversität vertraglich ab 2025 verfügen können, verzichtete aber unter der damaligen Leitung von Michael Hülsmann öffentlich. Jens Mühlner, Vorstand des Vegesacker BMX-Clubs, gehört zu denen, die wegen des bevorstehenden Trägerwechsels Sorge haben, dass die neuen Geldgeber den Oeversberg für sich nutzen wollen.
Die Gefahr sieht das Wirtschaftsressort nicht. Laut Jörg Peters würden zwar die neuen Investoren entscheiden, wie sie mit ihren Möglichkeiten auf dem Oeversberg umgehen. Bei einer Neuordnung der Eigentumsrechte werde die Stadt aber den Zweck der Nutzung absichern. „Für den Fall einer Insolvenz haben wir ein Vorkaufsrecht oder Ankaufsrecht“, so der Abteilungsleiter.
Der Beirat Vegesack drängt nun darauf, dass die weitere Nutzung des Oeversbergs für den Sport und die Sportvereine des Stadtteils Vegesack gewährleistet wird. Außerdem soll die Sanierung der Sportanlagen unabhängig von der weiteren Entwicklung der Universität vorangetrieben werden.
Was passiert, wenn kein Investor gefunden wird?
Die Jacobs Stiftung übergibt ihre Mehrheitsanteile zum Jahresende an den von Bremen und der Uni Bremen geführten Verein. Sollte bis zum 30. Juni 2021 kein neuer Mehrheitsgesellschafter gefunden werden, fallen die Anteile laut Senatsvorlage an die JUB zurück.
Was passiert mit dem Science Park?
Falls die Neuaufstellung der JUB eine Erweiterung erforderlich mache, gibt es eine Erweiterungsoption mit dem nördlich des Campus gelegenen Science Park. „Eine Entscheidung dazu wird aber erst getroffen, wenn eine neue Trägerschaft für die JUB gefunden ist“, sagt Sebastian Rösener. Mit dem Science Park sollte schon vor Jahren ein Gewerbegebiet mit wissensintensiven Branchen entwickelt werden.