Die Stadt Bremen möchte die Grohner Düne kaufen. Der Senat hat die Wohnungsgesellschaft Gewoba beauftragt, Verhandlungen mit Grand City Property, aktuell Eigentümer der Hochhäuser in Vegesack, aufzunehmen. Ziel des geplanten Ankaufs ist es, die Gesamtsituation im und rund um den Gebäudekomplex in Vegesack positiv zu beeinflussen. Akteure, die in der Großwohnanlage aktiv sind, und Politiker sehen die Pläne überwiegend positiv. Doch was denken die Menschen vor Ort? Wir haben uns in der Grohner Düne umgehört und gefragt, was Bewohner von dem Vorhaben halten.
Bei einigen überwiegt die Skepsis, zeigt die Umfrage. Sie glauben eher nicht, dass ein Vermieterwechsel tatsächlich Veränderungen bringt. Denn sie sehen viele Probleme eher in der Bewohnerstruktur. Die müsse sich verändern, dann würden auch Probleme wie Müllablagerungen, Drogenkonsum und Einbrüche weniger.
"Die Grohner Düne ist beliebt, weil die Mieten günstig sind. Hier leben viele Arbeitslose, die sehr wenig Geld haben und das wird sich auch mit einem anderen Vermieter nicht ändern", sagt Ali Demir. Er selbst wohnt nicht in der Wohnanlage, arbeitet aber seit drei Jahren in dem hier ansässigen Geschäft "Günes Simit Sarayi", in dem unter anderem türkische Backwaren angeboten werden. Demir hat deshalb viel Kontakt zu den Bewohnern der Hochhäuser. "Es wird sich nichts ändern, wenn sich die Bewohnerstruktur nicht ändert", glaubt Demir. Weniger Arbeitslose, mehr Arbeiter, darauf müsste der Vermieter seiner Ansicht nach bei der Vergabe von Wohnungen achten. Eines der sichtbaren Hauptprobleme ist für ihn der Müll, der überall an und in der Anlage herumliegt. Darauf hat der Vermieter ebenfalls wenig Einfluss, meint er.
Das denkt auch Hasi Amri. "Jetzt sieht es ganz gut aus, weil der Müll gerade weggeräumt wurde. Aber kommen Sie mal heute Abend wieder", sagt der 26-Jährige. Er lebt seit zwei Jahren in der Grohner Düne. "Es ist schlecht, hier zu wohnen", findet Amri, der aus Afghanistan stammt. "Bei mir wurde schon zweimal eingebrochen." So schnell es geht, will er umziehen, auch dann, wenn die Gewoba die Häuser übernimmt. Gerade hat er eine Ausbildung zum Metallarbeiter abgeschlossen. "Bald bekomme ich einen Arbeitsvertrag, dann kann ich mir eine andere Wohnung suchen", hofft er.
Grohner Düne: Warum die Bewohner wenig Hoffnung auf Besserung haben
Der Syrer Ismail Rami ist froh, dass er für sich und seine drei Kinder – elf, 13 und 16 Jahre alt – überhaupt eine eigene Bleibe bekommen hat. "Vorher waren wir in Stuttgart, da gab es keine Wohnung", erzählt der 52-Jährige. Die Drei-Zimmer-Wohnung in der Hochhaus-Siedlung gefällt ihm gut, doch das Umfeld könnte besser sein. "Es liegt viel Müll rum und oft kommt die Polizei wegen Leuten, die Drogen nehmen." Rami hatte noch nichts von den Plänen der Stadt gehört, die Grohner Düne zu kaufen. "Es wäre gut, wenn es damit besser werden würde."
Nurdag?l Vural besucht ihre Geschwister in der Grohner Düne. Ihr Bruder und ihre Schwester samt Kindern leben beide in eigenen Wohnungen in der Siedlung. Deshalb ist sie häufig dort. "Wenn man Verwandte hier hat, dann bekommt man einiges mit. Zum Beispiel Polizeieinsätze. Vor allem muss hier dringend saniert werden", findet die 47-Jährige. Es wäre gut, wenn die Gewoba da was machen würde. Die Küchen und Toiletten sind alt, zum Teil verrostet. Und auch die Türen müssen unbedingt sicherer gemacht werden, denn es gibt viele Einbrüche." Auch das Müll-Problem spricht sie an und sieht durchaus eine Chance für Verbesserungen, wenn es einen neuen Vermieter gibt. "Die Container sind ganz da hinten. Das müsste besser aufgeteilt werden für die einzelnen Häuser."
M?ndita Ciobanu wohnt nicht gerne in der Grohner Düne. "Der Fahrstuhl war neulich einen Monat kaputt. Darin und im Treppenhaus sind immer Urin und Kot", beklagt sie. Die 47-Jährige sagt zum geplanten Verkauf der Siedlung: "Hoffentlich wird es nicht teurer." Sie wohnt gemeinsam mit ihrer 24-jährigen Tochter und Enkelin in einem der Hochhäuser. "Wir zahlen für den Keller, können ihn aber nicht benutzen", erzählt die gebürtige Rumänin. Sie hat nicht viel Hoffnung, dass sich was ändert. "Es sind die Leute, die laut sind und Schmutz machen."
Genauso sieht es ein älteres Ehepaar, das seinen Namen nicht nennen möchte. Der 68-Jährige wurde in der Grohner Düne schon mal bedroht. "Es ist furchtbar geworden hier. Das rettet auch die Gewoba nicht", sagt er. Mit seiner Frau, beide stammen aus Danzig, wohnt er bereits seit 43 Jahren in der Wohnanlage. Damals war hier noch die "Neue Heimat" und auch die Gewoba war schon mal Eigentümer. Da war es noch schön hier. Wir dachten, es bleibt so, aber jetzt … ." Er zuckt die Schultern. "Die Leute sind das Problem. Sie werfen den Müll einfach aus dem Fenster. Ich habe schon mal fast einen Müllsack auf den Kopf bekommen. Aus dem neunten Stock werden die Kippen geschmissen. Und schlimm ist es an der Friedrich-Klippert-Straße. Die Leute nehmen Drogen in den Kellern und in einem Haus wohnen nur Junkies", schildert er seine Sicht auf die Probleme.
Umziehen will das Paar trotzdem nicht, denn die Wohnung selbst und auch die Aussicht gefallen ihnen. Die gute Anbindung an Bus und Bahn und die Einkaufsmöglichkeiten seien ebenfalls Vorteile. "Außerdem sind wir zu alt", meinen beide. Dass die Probleme – sie sprechen auch von Ratten und Aggressivität unter den Bewohnern – mit einem anderen Vermieter besser werden, das glauben sie nicht.