Herr Rendigs, vom jahrelangen Stellvertreter zum Vereinschef: Gab es irgendein Thema, dass Sie als Nummer eins überrascht hat, weil Sie es als Nummer zwei noch nicht kannten?
Carsten Rendigs: Die Zusammenarbeit mit Rolf Noll war immer so, dass ich bei allen Themen informiert war. Darum gab es auch keine Überraschungen für mich, als ich sein Nachfolger wurde.
Sie haben mal gesagt, dass Ihr Vorgänger große Fußspuren hinterlassen hat. Inwiefern?
Rolf Noll war jemand, der ein großes Netzwerk hatte. Er pflegte viele Kontakte, in der Politik ebenso wie in der Verwaltung. Die vielen Kontakte musste ich erst einmal alle kennenlernen.
Das klingt danach, als wäre er für Sie so etwas wie ein Türöffner gewesen.
Im Prinzip ja. Man könnte auch sagen, dass er vorne stand und Projekte für den Verein und den Museumshaven vorbereitete und ich sie im Hintergrund begleitet und zu einem Ende geführt habe.
Wie steht es denn um den Verein?
Einerseits geht alles seinen Gang. Immer wieder treten zum Beispiel neue Mitglieder ein, um manchmal nach kurzer Zeit wieder auszutreten. Und anderseits haben wir das gleiche Problem, das viele Vereine haben: Es kommen kaum junge Leute nach.
Warum bleiben neue Mitglieder denn nur kurz?
Meistens aus privaten Gründen. Manche kaufen sich ein Schiff und merken dann, dass die Familie nicht mitzieht – mit der Folge, dass das Schiff wieder verkauft und die Mitgliedschaft gekündigt wird.
Rolf Noll fand, dass immer mehr Schiffe im Hafen liegen, die keine Hingucker sind. Sie auch?
Das ist ein Problem. Im Museumshaven liegen nämlich immer wieder Schiffe, die gar nicht zum Verein gehören.
Wie das?
Die Schiffer machen den Mietvertrag für den Liegeplatz nicht mit uns, sondern mit der Wirtschaftsförderung, die den Hafen verwaltet. Das heißt im Umkehrschluss: Wir können zwar Mitglieder, die sich nicht um ihr Schiff kümmern, aus dem Verein werfen, aber aus dem Hafen bekommen wir ihre Schiffe nicht.
Wie viele Schiffe gibt es denn, um die sich die Eigner nicht so kümmern, wie sie sich Ihrer Meinung nach kümmern sollten?
Momentan haben wir es mit zwei Schiffen zu tun, die immer weniger hermachen, weil nicht ausreichend in ihre Pflege investiert wird.
Wie viele Versuche hat es inzwischen gegeben, die Wirtschaftsförderung zu einer anderen Herangehensweise bei der Vertragsvergabe zu bewegen?
Das kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass Rolf Noll über Jahre immer wieder Gespräche mit Vertretern der Wirtschaftsförderung darüber geführt hat. Mein Eindruck war: Je häufiger der Verein auf eine Einflussnahme drängte, desto mehr hat sich die Wirtschaftsförderung dagegen gewehrt.
Und nun?
Nun ist es an der Zeit, einen anderen Weg zu gehen als bisher.
Und wie sieht der aus?
Ich möchte versuchen, Probleme nicht gleich mit der Spitze der Wirtschaftsförderung zu diskutieren, sondern mit den Sachbearbeitern, die für unsere Probleme zuständig sind. Ich habe inzwischen mehrere Kontakte zu Ansprechpartnern aufgebaut, von denen ich mir mehr Hilfe verspreche.
Ihr Vorgänger hat immer wieder beklagt, dass die Kommunikation mit der Wirtschaftsförderung schwierig ist. Wie sind Ihre Erfahrungen?
Ich kann mich nicht beklagen. Meine Erfahrungen sind, dass die Wirtschaftsförderung auf Dialog setzt.
Was Sie im Austausch mit der Hafenverwalterin anders machen werden, haben Sie schon skizziert. Und was ist mit Veränderungen im Hafen und im Verein?
Manches ist mittlerweile auf den Weg gebracht.
Zum Beispiel?
Zum Beispiel die neue Sicherung des Hafens. Bis Ende März sollen die Tore zu den Stegen so umgebaut werden, dass sie von niemanden mehr überwunden werden können, der die Zahlenkombination fürs Schloss nicht hat. Neu ist außerdem, dass die Wirtschaftsförderung unsere Pläne für den Hafengeburtstag unterstützen wird.
Und wie sieht diese Unterstützung aus?
Sie beharrt nicht mehr darauf, dass die Liegeplätze für die Gastschiffe etwas kosten müssen. Jetzt ist es so wie bei anderen Hafengeburtstagen: Alle können umsonst am Anleger festmachen.
Zuletzt hieß es, dass zur Feier so viele Schiffe kommen, dass der Platz im Hafen nicht ausreichen wird. Wie wollen Sie alle unterkriegen?
So viele Traditionsschiffe, wie mal erwartet wurden, werden wahrscheinlich gar nicht kommen.
Wieso nicht?
Manche Schiffe können nicht kommen, weil sie auf die Werft müssen. Andere sind schon im Dock, kommen aber nicht so schnell wieder raus wie gedacht. Und einige haben es sich inzwischen einfach anders überlegt: Sie haben wegen der Corona-Pandemie mit der Tourplanung ausgesetzt.
Wie viele Schiffe standen denn anfangs auf der Einladungsliste – und wie viele Zusagen gibt es bisher?
50 Schiffe sind ursprünglich angefragt worden, feste Zusagen gibt es bislang knapp zehn.
Und wie geht es jetzt weiter?
Jetzt sind wir dabei, andere Skipper anzuschreiben, die noch nicht angeschrieben wurden. Bis Mitte Mai, wenn die Feier zum Hafengeburtstag beginnt, ist ja noch etwas Zeit.
Auf wie viele Schiffe wollen Sie es bis dahin denn gebracht haben?
Bis dahin wollen wir auf so viele Schiffe gekommen sein, dass nicht nur der Museumshaven voll sein wird, sondern auch in der Lesum einige liegen werden.
Und was bedeutet das in Zahlen?
Eine Zahl kann ich im Moment nicht nennen. Gerade in den vergangenen Tagen sind so viele Anfragen rausgegangen, auf die wir noch keine Antwort haben, dass jede Ziffer ungenau wäre.