Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, ist stark gestiegen. Das merkt auch die Ökumenische Starthilfe. Der Verein mit Sitz an der Lerchenstraße versorgt geflüchtete Menschen mit dem Notwendigsten: Kleidung, Hausrat und Möbel. Die Vorsitzende Sybille Vollmer führt genau Buch über die Zahl der Besucher, die das Angebot in Anspruch nehmen. Aus ihren Unterlagen geht hervor: Sie hat sich mehr als verdoppelt. "Glücklicherweise haben wir inzwischen auch mehr Ehrenamtliche, die uns unterstützen", sagt Vollmer. Mehr Helfer kann der Verein jedoch immer noch gebrauchen, denn laufend müssen Spenden abgeholt, angenommen, sortiert und ausgegeben werden.
Im Jahr 2021 kamen 1345 Menschen in die Räume der Ökumenischen Starthilfe, um sich mit Gegenständen des Alltags zu versorgen. 2022 waren es mit 3172 Menschen mehr als doppelt so viele. In diesem Jahr werden es voraussichtlich noch einmal erheblich mehr werden. Bereits im ersten Halbjahr 2023 hat die Vorsitzende 2172 Besucherinnen und Besucher verzeichnet. Auch die Zahl der Herkunftsländer ist gestiegen. Im Jahr 2020 hat Sybille Vollmer 30 verschiedene Länder registriert. Inzwischen sind es 39.
Ukrainer am häufigsten vertreten
Den größten Anteil machten in der ersten Hälfte dieses Jahres wie bereits 2022 Menschen aus der Ukraine aus: Insgesamt 707 Personen, überwiegend Frauen, versorgten sich bis Ende Juni in dem ehemaligen Supermarkt in Aumund mit Dingen für das alltägliche Leben. 618 der Besucherinnen und Besucher, die in diesem Zeitraum kamen, sind Syrer, 157 stammen aus Afghanistan. Stark gestiegen ist die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer aus dem Iran. Kamen in der zweiten Jahreshälfte 2022 noch 48 Personen aus diesem Land, um sich Spenden abzuholen, waren es im ersten Halbjahr dieses Jahres bereits 142.
Mit der Zahl der Besucher ist auch die Arbeit für die Helferinnen und Helfer gestiegen. Wegen der großen Nachfrage nimmt der Verein an mehr Tagen Spenden an und gibt auch an mehr Tagen Spenden aus als in den Vorjahren. 2021 öffnete der Verein seine Räume an 40 Tagen, um Spenden auszugeben, im vergangenen Jahr an 50 Tagen und allein im ersten Halbjahr 2023 bereits an 45 Tagen.
Zeitaufwendige Möbeltransporte
Von Anfang Januar bis Ende Juni waren die Ehrenamtlichen zudem bereits an 130 Tagen unterwegs, um Möbel zu transportieren. 7626 Kilometer haben die Ehrenamtlichen in diesem Zeitraum alleine mit dem Sprinter des Vereins zurückgelegt, um Möbelspenden abzuholen und auszuliefern. Nicht registriert hat Vollmer die zahlreichen Fahrten mit den privaten Autos der Helferinnen und Helfer. "Der Transport ist für uns immer eine besondere Herausforderung. Er ist sehr zeitaufwendig und verursacht einen großen Teil unserer Kosten für den Wagen, zum Beispiel für Benzin und Reparaturen. Demnächst steht eine große Inspektion bei unserem Sprinter an", erläutert Vollmer. Um die bezahlen zu können, veranstaltet der Verein demnächst einen Herbstflohmarkt.
Ebenso wichtig wie Spenden sind die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. "Momentan haben wir über 40 Ehrenamtliche", sagt Vollmer. "Jeder arbeitet in dem Bereich, der ihm besonders liegt." Aufgaben gibt es mehr als genug – so viele, dass der Verein sehr gut weitere Freiwillige brauchen kann. Die Spenden müssen angenommen, sortiert, eingeräumt und ausgegeben werden. Dazu kommen Möbeltransporte sowie die Reparatur von Elektrogeräten und Fahrrädern. "Wir geben kein Elektrogerät heraus, das nicht geprüft wurde."
Lohnenswertes Engagement
Renate Radtke gehört bereits seit fünf Jahren zum Team. Sie habe damals ziemlich spontan bei der Ökumenischen Initiative vorbeigeschaut, erzählt die 73-Jährige. "Ich hatte in der Zeitung gelesen, dass Helfer gesucht werden." Ihr gefiel die Zusammenarbeit mit den anderen Ehrenamtlichen so gut, dass sie blieb. Als die Initiative Anfang des Jahres zum eigenständigen gemeinnützigen Verein wurde, übernahm sie zusätzlich einen Posten im Vorstand als Kassenführerin.
In dem ehemaligen Supermarkt, den die Ökumenische Initiative mietfrei nutzen kann, kümmert sich Radtke vor allem um die Regale, in denen Handtücher, Bett- und Tischwäsche lagern – Gegenstände, die stets besonders gefragt und deshalb häufig rar sind. "Eigentlich wollte ich nie wieder etwas mit Textilien machen, jetzt kümmere ich mich hier um die Handtücher", sagt sie lachend. Die Lesumerin ist gelernte Einzelhandelskauffrau und hatte in Bremen-Nord zwei Textilgeschäfte.
Zunächst half sie nur an einem Vormittag, inzwischen ist sie an drei Vormittagen pro Woche vor Ort, "und manchmal auch noch zwischendurch", wie sie gesteht. Für sie ist das ehrenamtliche Engagement eine lohnende Sache. "Es ist unglaublich interessant und abwechslungsreich. Wir haben auch viel Spaß und ich habe eine echte Aufgabe im Rentenalter."