Am Gedenkort Jacob-Wolff-Platz hängen weiße Gedenkbänder mit den Namen jüdischer Opfer des NS-Regimes aus Bremen-Nord an Ästen und Zweigen. Die Bänder wurden von einer Klasse der Oberschule Lesum gefertigt und sollen an die schrecklichen Ereignisse an diesem Standort erinnern: Hier befand sich einst die Synagoge der jüdischen Gemeinde, die vom NS-Regime am 10. November 1938 niedergebrannt wurde. Die sogenannte Reichspogromnacht, der auch die Synagoge in Aumund zum Opfer fiel, wurde von den Nazis organisiert und brachte zahlreiche Gewaltmaßnahmen gegen Juden im Deutschen Reich mit sich. Jacob Wolff, der letzte Vorsteher der Synagogengemeinde Aumund-Blumenthal-Vegesack, wurde später im Konzentrationslager Theresienstadt inhaftiert und starb dort an den Folgen seiner Haft im Dezember 1942.
Zur offiziellen Widmung des Jacob-Wolff-Platzes hatte das Ortsamt Vegesack eine Veranstaltung organisiert, die auf Wunsch des Beirats Vegesack und mit Unterstützung des Kulturressorts auf dem Platz stattfand, der unter Vegesackern schon lange unter dem Namen Jacob-Wolff-Platz bekannt ist. Umrahmt wurde die Veranstaltung von Liedern mit Gitarrenbegleitung, die an die Zeit der Nazi-Gräuel erinnern und der Hoffnung auf Frieden Ausdruck verleihen.
Zeichen der Erinnerung
Durch seinen Beschluss hatte der Beirat Vegesack dafür gesorgt, dass der Standort nun auch offiziell Jacob-Wolff-Platz heißt. Drei große Bronzesplitter auf dem Rasen, eine Stele zu Ehren des ehemaligen Vorstehers der Synagoge und eine Mauer mit zwei Tafeln erinnern an die Gräuel, die am Morgen des 10. Novembers 1938 stattfanden. Damals unterrichtete SA-Sturmbannführer Ernst Röschmann den Bürgermeister von Vegesack, Heinrich Hillmann, dass die Synagoge abzubrennen sei. Gegen 10 Uhr begann eine Gruppe von zehn bis zwölf SA-Männern die Synagoge zu beschädigen, und zwischen 14.30 Uhr und 15.30 Uhr wurde sie in Brand gesteckt.
„Im Sommer dieses Jahres hat der Bremer Senat offiziell den Namen des Platzes beschlossen. Wir wollen damit ein klares Zeichen der Erinnerung setzen“, sagte Vegesacks Ortsamtsleiter Gunnar Sgolik, der auch den Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte begrüßte. „Es ist mir eine Ehre und innere Verpflichtung, dabei zu sein“, sagte Bovenschulte, „eine 20-jährige Diskussion über den Jacob-Wolff-Platz findet damit seinen Abschluss.“ Er bezeichnete es als wichtig, dass auch amtlich ein Zeichen für die Opfer der Verbrechen gesetzt wird und erinnerte an den Tag, an dem die Synagoge an diesem Platz angezündet wurde: „Die Feuerwehr stand daneben und hat Däumchen gedreht“, sagte er. „Zur Zeit des Geschehens war Jacob Wolff ein angesehener Kaufmann, doch einige Monate nach der Reichspogromnacht verloren er und seine Familie alles. Zur Flucht vor dem NS-Regime kam es nicht, und im Jahre 1941 wurde die Familie ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Dort starb Jacob Wolff, während seine Frau überlebte“, führte Andreas Bovenschulte aus. Er ging auch auf das aktuelle Erstarken antisemitischer Kräfte ein: „Unsere gemeinsame Aufgabe, Tendenzen gegen Demokratie und Menschenwürde auszuhebeln, sollte noch deutlicher gezeigt werden“, sagte er.
Politiker verweisen auf aktuelle Situation
Koray Köroglu vom Jugendbeirat Vegesack verlas Grußworte der jüdischen Gemeinde im Lande Bremen, die sich für die offizielle Widmung des Jacob-Wolff-Platzes bedankte. Beiratssprecherin Heike Sprehe erinnerte an den neunten November, der ein „Schicksalstag“ der Deutschen sei: vom Scheitern der Märzrevolution 1848 über die Novemberrevolution 1918, den Hitlerputsch 1923 bis zum Fall der Mauer im Jahre 1989. „Und auch die Reichspogromnacht 1938 fand zwischen dem neunten und zehnten November statt, in deren Folge zahlreiche jüdische Mitbürger ermordet wurden oder sich das Leben nahmen. „Die Brandstifter der Synagoge in Aumund ließen sich sogar mit Benzinkanistern in den Händen fotografieren“, sagte Heike Sprehe.
Nach dem 10. November folgten umfangreiche Deportationen jüdischer Menschen in Konzentrationslager. Mindestens 30.000 Menschen wurden dabei interniert, und Hunderte starben an den Folgen der mörderischen Haftbedingungen oder wurden hingerichtet. „Meine derzeitige Angst geht derzeit vor allem in den Osten Deutschlands“, sagte die Ortsamtssprecherin, „dort gibt es von rechts, aber in Ansätzen auch von links wieder rassistische Bestrebungen“, und sie erinnerte auch an die jüngsten Angriffe auf israelische Fußballfans in Amsterdam.
Die Veranstaltung endete mit der Niederlegung eines Blumenkranzes an der Gedenkstätte, die nun auch offiziell Jacob-Wolff-Platz heißen darf.