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Regio-S-Bahn in Bremen-Nord Ersatzverkehr, aber nicht für jeden

Normalerweise fährt der Nordbremer Guenter G. Rodewald mehrmals in der Woche mit dem Zug. Doch weil auf der Strecke gebaut wird, kann der momentan nicht fahren. Und die Ersatzbusse nehmen ihn nicht mit.
24.06.2024, 18:23 Uhr
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Ersatzverkehr, aber nicht für jeden
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Mehrmals in der Woche pendelt Guenter G. Rodewald zwischen Vegesack und der Innenstadt. Normalerweise nutzt der Nordbremer für seine Wege die Regio-S-Bahn. Doch mit Beginn der Sommerferien ist die Strecke zur Baustelle geworden. Aus diesem Grund setzt die Nordwestbahn ganztägig Busse ein, die zwischen Farge, Vegesack und dem Hauptbahnhof unterwegs sind. Doch die darf Rodewald nicht nutzen.

Seit einigen Jahren fällt es dem Literaturagenten schwer, zu laufen. Aus diesem Grund ist er entweder auf ein E-Dreirad oder ein Elektromobil angewiesen. Mit beiden Fahrzeugen kann er ohne Probleme in den Zügen der Nordwestbahn mitfahren, in den Ersatzbussen allerdings nicht.

Das dem so ist, bestätigt Benjamin Havermann. Nach den Worten des Nordwestbahn-Sprechers gibt es einheitliche Regelungen, die in einem Verkehrsverbund festgelegt werden und bestimmen, welche Hilfsmittel mitgeführt und befördert werden dürfen. "In unseren Beförderungsbedingungen ist dies für den Zugverkehr klar geregelt." Die Firmen, die im Auftrag der Regio-S-Bahn den Ersatzverkehr übernehmen, könnten jedoch – sofern sie dabei die gesetzlichen Vorschriften beachten – eigene Beförderungsbedingen festlegen. "Die Busunternehmen haften für die Sicherheit aller Fahrgäste, daher wird die Beförderung von E-Dreirädern und Elektromobilen aufgrund ihrer Bauart und der damit verbundenen Kipp- und Rutschgefahr oft ausgeschlossen", so Havermann. "Diese Fahrzeuge müssen bestimmte Anforderungen an Größe, Anzahl der Räder und Maximalgewicht erfüllen, um sicher befördert werden zu können." Solche Regelungen seien im öffentlichen Nahverkehr üblich und dienten dem Schutz aller Reisenden.

Damit auch mobilitätseingeschränkte Fahrgäste sowie Familien mit Kinderwagen die Busse nutzen können, achte die Nordwestbahn darauf, dass bei Ersatzverkehren Niederflurbusse zum Einsatz kommen. In Ausnahmefällen könne es allerdings passieren, dass einzelne Fahrzeuge nicht barrierefrei sind. Das käme aber nur dann vor, wenn mehrere Busse einen Zug ersetzen. In solchen Fällen sei jedoch sichergestellt, dass mindestens ein Niederflurfahrzeug unterwegs sei.

Individuelle Lösung

Guenter G. Rodewald hilft das allerdings nicht weiter. Fahrgäste, die wie er auf ein E-Dreirad oder ein Elektromobil angewiesen sind, müssten sich mit dem Kundenservice der Nordwestbahn unter 05 41 / 20 02 43 21 in Verbindung setzen. Dann würde das Unternehmen nach einer individuellen Lösung suchen, um Betroffene auch während der Sperrung von A nach B zu bringen, verspricht Havermann.

Ohne eine solche individuelle Lösung hat der Nordbremer keine Möglichkeit, um während der Sommerferien in die Innenstadt zu kommen. "Ein Taxi wäre zu teuer", sagt Rodewald. "Eine Fahrt von Vegesack ins Viertel kostet rund 100 Euro." Die Busse der Bremer Straßenbahn AG seien auch keine Alternative. Denn für die gelten dieselben Vorschriften wie für den Ersatzverkehr der Nordwestbahn. Und weil das Gros seiner Freunde in der Innenstadt wohnt und keine Auto hat, könnten auch die ihn nicht fahren.

Sollte er keine Möglichkeit finden, um in den nächsten Woche in die Innenstadt zu kommen, würde das nicht nur ihn einschränken. "Ich engagiere mich für mehrere Literaturzirkel in der Stadt und arbeite darüber hinaus für einen Herrenmodeausstatter am Fedelhören", erzählt er. "Damit sind auch die Leute betroffen, für die ich tätig bin."

Fahrdienst als Alternative

Dabei sieht Rodewald durchaus Wege, wie das Problem gelöst werden könnte. Einer wäre ihm zufolge ein Fahrdienst, der Nordbremer etwa zum Hauptbahnhof bringt. "Es gibt genug Unternehmen in der Region, die Passagiere plus Fahrzeuge befördern", schildert Rodewald. "Diese Firmen sind täglich im Bremer Norden unterwegs." Tagsüber sei die Nachfrage nach so einem Angebot ohnehin gering. Und weil der Schülerverkehr momentan ferienbedingt ausfällt, hätten die Unternehmen noch mehr freie Kapazitäten.

Die könnten von der Nordwestbahn genutzt werden, findet Rodewald. Welche Personengruppen davon profitieren können, müsste im Vorfeld anhand des Schwerbehindertengrades festgelegt werden. Alle, die berechtigt sind, sollten dann die Möglichkeit haben, den Dienst zu bestellen. "Das wäre die Lösung", sagt der Nordbremer. "Schließlich ist die Regio-S-Bahn teil des öffentlichen Nahverkehrs – und keine Touristenbahn, die Urlauber auf den Großglockner bringt."

Damit auch wirklich jeder Fahrgast sein Ziel erreichen kann, hätte Rodewald einen Dialog in der Planungsphase des Ersatzverkehrs sinnvoll gefunden. Teilnehmer dieses Formats könnten beispielsweise der Landesbehindertenbeauftragte Arne Frankenstein, Vertreter des Vereins Inklusion Nord sowie Planer der Nordwestbahn sein. Dann hätte jeder, der auf ein E-Dreirad oder ein Elektromobil angewiesen ist, rechtzeitig gewusst, wie er sein Ziel erreicht – und das auch ohne die Regio-S-Bahn.

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