Erst haben der Senatspräsident und zwei Senatorinnen seitenweise Post vom Schulschiff-Verein bekommen, jetzt gab es einen Brief vom Regierungschef und den beiden Behördenchefinnen an den Vereinsvorsitzenden. In dem Schreiben machen Andreas Bovenschulte, Maike Schaefer und Kristina Vogt deutlich, dass sie den Großsegler in Vegesack halten wollen – und wer alles dabei helfen soll, dieses Ziel zu erreichen. Es gibt nur wenige Ressorts, die in dem Papier nicht genannt werden.
Die drei Absender setzen, wenn man so will, auf ein Bündnis von Behörden und ihrer Abteilungen: auf Kultur und Bildung, auf Bau, Arbeit sowie Wirtschaft. Während sich das eine Ressort um finanzielle Hilfe vom Bund kümmern soll, will ein anderes den Einsatz von Städtebaufördermitteln prüfen. Eine weitere Dienststelle ist beauftragt worden, ein Konzept zu erarbeiten, das den Dreimaster in den Unterricht der Nordbremer Schulen integriert – und einen Besuch an Bord gleich mit.
Eine stärkere Kooperation soll es außerdem mit dem benachbarten Geschichtenhaus im Alten Speicher geben sowie mit geförderten Beschäftigten, die Geschichten übers Schulschiff erzählen. Außerdem soll der denkmalgeschützte Rahsegler mehr als bisher von der Stadt touristisch vermarktet und der Verein mit Beträgen aus dem Corona-Notprogramm unterstützt werden. Zumindest will die Senatskanzlei das prüfen – wohlwollend, wie es in dem Brief aus dem Rathaus heißt.
Mit dem Schreiben hoffen Bürgermeister Bovenschulte (SPD), Bausenatorin Schaefer (Grüne) und Wirtschaftssenatorin Vogt (Linke) das zu geben, worum der Verein vor Monaten gebeten hat – und was ihm Bremerhaven bei einem Wechsel in die Seestadt vor Monaten zugesagt hat: Hilfe, um auf mehr Besucher zu kommen. Und damit auf mehr Einnahmen, damit Rechnungen für die Wartung des Schiffs und Reparaturen an Deck bezahlt werden können. Nach Angaben des Vereins gab es zuletzt eine Finanzierungslücke von 60.000 Euro.
Standort des Seglers attraktiver machen
In dem Brief steht jedoch nicht bloß, womit der Verein rechnen kann, sondern auch, womit auf keinen Fall: Der Plan für das Haven-Höövt-Gelände bleibt – und damit auch der für ein Hochhaus beim Schulschiff-Anleger. Anders als Vereinschef Claus Jäger gehen Bovenschulte, Schaefer und Vogt davon aus, dass ein neues Quartier am Hafen den Standort des Seglers attraktiver macht. Dennoch, meinen alle drei, braucht es ein Konzept. Eines, das im Wesentlichen vom Verein entwickelt wird und bei dem die Ressorts helfen, es umzusetzen.
Dass der Senatspräsident und die Senatorinnen schriftlich Stellung nehmen, kommt nicht von ungefähr: Jäger hatte darauf gedrungen. Ursprünglich wollte er die Mitglieder im Oktober darüber informieren, wie sich die Situation für das Schiff darstellt – und zugleich, wer was bietet: Bremerhaven, wenn das maritime Kulturdenkmal in die Seestadt wechselt, und Bremen, um den Liegeplatz in Vegesack attraktiver zu machen. Doch weil das Schreiben aus dem Rathaus später gekommen ist als erhofft, bekommen die Mitglieder die Gegenüberstellung erst jetzt.
Laut Jäger soll die Vereinsbroschüre mit einem Abdruck von Bovenschultes, Schaefers und Vogts Brief in dieser Woche verschickt werden. Ihm zufolge gibt es in der Infoschrift weder einen Kommentar von ihm noch von einem anderen Vorstandsangehörigen. Er sagt, dass sich die 270 Mitglieder selbst eine Meinung bilden sollen. Mit ersten Reaktionen von ihnen rechnet er noch in diesem Jahr, mit einer Versammlung und Entscheidung, ob das Schulschiff bleibt oder wechselt, im nächsten.
Auch wenn Jäger in der Vereinsschrift nicht schreibt, was er für das Beste hält – gesagt hat der Schulschiff-Chef das längst. Nach seinen Worten sind die Aussichten, auf genügend Besucher zu kommen, in Vegesack schlechter als in der Seestadt, wo die Havenwelten nach Darstellung des Magistrats mehr als eine Million Gäste pro Jahr haben. Und wo es laut Jäger neben einem konkreten Liegeplatz auch konkrete Hilfsangebote gibt, die Infrastruktur fürs Schiff und für die Vereinsverwaltung zu schaffen.
Die Resultate nach den Gesprächen mit Vertretern der Wirtschaftsbehörde und der Senatskanzlei waren für ihn bisher genau das Gegenteil: unkonkret. Laut Jäger wurde zwar immer wieder Unterstützung angekündigt, um den Standort in Vegesack nachhaltig attraktiver zu machen. Aber nie im Detail erklärt, auf welche Weise und mit welchen Mitteln. Was er vom jetzigen Schreiben des Landeschefs und der beiden Senatorinnen hält, will der Vereinsvorsitzende im Moment offenlassen.