Wer einen Ausweis oder einen Reisepass beantragen muss, benötigt ein Passfoto. Früher konnte man dafür ein ausgedrucktes Bild mit zum Passamt nehmen. Das geht seit dem 1. Mai nicht mehr. Seitdem ist eine bundesweite Gesetzesänderung in Kraft, erklärt Karen Stroink, Sprecherin beim Bremer Innensenator. "Ziel ist es, Fälschungssicherheit zu erhöhen und den Verwaltungsaufwand zu reduzieren." Deshalb sind seit Mai für Ausweise oder Reisepässe nur digitale Fotos zugelassen. Für die Beschäftigten, fügt die Sprecherin hinzu, sei es zudem von Vorteil, dass das Foto nicht mehr manuell geprüft und eingescannt werden müsse. "Das spart Zeit und beschleunigt die Bearbeitungszeit."
Die benötigten Fotos können direkt beim Beantragen im Bürger-Service-Center gemacht werden. Dafür wurden entsprechende Kamerasysteme von der Bundesdruckerei angeschafft. Zwei solcher Foto-Terminals stehen auch im Vegesacker Stadthaus zur Verfügung. "So können digitale Fotos direkt vor Ort erstellt und verwendet werden. Die Technik funktioniert seit der Einführung der neuen Regelung im Mai einwandfrei", weiß die Sprecherin. Auch dass die Geräte "gut und gerne angenommen werden". Wer vor Ort ein Foto machen möchte, solle etwa eine Viertelstunde vor dem gebuchten Termin erscheinen. Dann sei ausreichend Zeit, "um in Ruhe am Terminal ein Foto zu machen". Bei Nachfragen zur Bedienung würden die Beschäftigten am Empfang im Bürger-Service-Center Nord weiterhelfen.
Passbilder auch vom Fotografen
Vegesacker Fotografen machen überdies darauf aufmerksam, dass es nach wie vor möglich ist, Passbilder auch bei ihnen anfertigen zu lassen. "Wir sind an das System angeschlossen", sagt Isabella Pyrskalla, die in der Gerhard-Rohlfs-Straße 38 die Fotomanufaktur betreibt. Auch Gerrit Becker, Geschäftsführer von Ring-Foto Becker an der Gerhard-Rohlfs-Straße 1, nimmt am digitalen Passfoto-Verfahren teil. Um daran angeschlossen zu sein, haben die beiden Unternehmer investiert. Und doch könnte das neue Verfahren mit der Möglichkeit, Fotos im Bürger-Service-Center zu machen, für Fotografen existenzgefährdend sein. Kunden hätten ihr berichtet, dass das Anschreiben vom Passamt suggeriere, dass Passfotos nur noch vor Ort gemacht werden könnten, kritisiert Isabella Pyrskalla. Kunden könnten aber auch wegen des preislichen Unterschieds ausbleiben: Für Fotos am Automaten zahlen die Antragsteller sechs Euro, bei den Profis kostet es zwischen 20 und 25 Euro.
"Die Bürgerinnen und Bürger erhalten von den Fotostudios entweder einen ausgedruckten QR-Code, den die jeweilige Behörde dann einscannt, um über eine gesicherte Verbindung auf das verschlüsselte Bild in der Cloud zuzugreifen", erklärt Karen Stroink das Verfahren. "Alternativ gibt es einen elektronischen Code, der direkt in die Antragssoftware der Behörde eingegeben werden kann." Die Direktübertragung nutze auch sie, sagt Fotografin Isabella Pyrskalla. Aber es sei mit einem "umständlichen Sicherheitssystem verbunden, das mindestens einmal in der Woche ausfällt". Das sei deshalb ärgerlich, weil die Kunden dann erneut wiederkommen müssten, um das Bild und den QR-Code abzuholen. "Wir merken den Rückgang bei der Nachfrage nach Passfotos", berichtet die Fotografin. "Etwa um die Hälfte." Dabei sei das laufende Geschäft in Fotostudios auf Passbilder ausgerichtet. "Wenn das alles wegfällt", zeichnet Isabella Pyrskalla ein düsteres Szenario, "machen die Läden dicht und gehen die Städte kaputt."
"Profis haben alles im Blick"
Gerrit Becker klagt zwar nicht darüber, dass die Passfoto-Kunden wegbleiben, aber ohne Kritik am neuen Verfahren und an der Konkurrenz durch das Service-Center ist auch er nicht. Anders als die Sprecherin des Innensenators könne er nicht von einem reibungslosen Funktionieren der Automaten berichten, sagt der Fotograf. Das wisse er, weil die Leute, die einen Pass oder Ausweis beantragen und das Foto direkt vor Ort machen wollten, aufgeregt in seinem Laden erschienen seien, weil der Automat nicht funktionierte, sie aber sofort ein Passbild brauchten. "Das ist doch ärgerlich", sagt Gerrit Becker, "man hat einen Termin beim Bürgerservice und dann ist das Ding kaputt."
Beide Fotografen sind sich einig: "Automatenbilder können nicht das leisten, was ein Fotostudio leistet." Wer Wert auf gute Foto-Qualität lege, gehe zum Profi, sagt Isabella Pyrskalla und zählt die Vorteile auf. "Professionelle Fotografen beraten, achten darauf, dass der Gesichtsausdruck entspannt und sympathisch ist und wissen, worauf es bei biometrischen Passbildern ankommt. Außerdem gibt es bei uns zum digitalen Passbild auch Papierfotos mit." Wie ihr Kollege vom anderen Ende der Gerhard-Rohlfs-Straße weist sie darauf hin, dass die Automaten sich nicht für Kinderfotos eignen würden. Auch für Menschen mit Behinderung seien Automatenfotos schwierig, sagt Gerrit Becker. Fotografen könnten die Aufnahmen, die sie machen, zudem besser ausleuchten – zum Beispiel bei sehr hellem oder dunklem Teint. "Wir sind die Fachleute, die auch den internationalen Standard erfüllen und sich mit den Erfordernissen verschiedener Länder auskennen." Und eines sollte man auch bedenken, bevor man sich ablichten lässt, sagt der Fotograf: "Ein Passbild bleibt zehn Jahre lang im Ausweis."