Noch nippt das Ehepaar Schneider-Bruns am Kaffee, den sie in der Cafeteria des Gustav-Heinemann-Bürgerhauses genießen. Die kleine Stärkung dient den Vegesackern als Vorbereitung für ihre heutige Mission: ein Rollator soll her. Voller Tatendrang erklären die beiden Senioren, warum sie an diesem Sonnabend ins Bürgerhaus gekommen sind, wo unter dem Motto "Panorama der Möglichkeiten" die erste Vegesacker Seniorenmesse stattfindet.
„Ich habe von meinem Arzt einen Rollator verschrieben bekommen und möchte mich hier über Angebote informieren“, sagt der Rentner. Seine Frau pflichtet ihm bei: „Man lernt nie aus und auf der Messe können wir viel erfahren.“ Sie verrät noch, dass ihr Hund die beiden fit halte, weil sie jeden Tag mit ihm in Bewegung seien.
Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt begrüßt die Anwesenden zur Eröffnungsrede in der Cafeteria und spricht von einer gegenseitigen Rücksichtnahme der Generationen, die mit den Angeboten der Messe forciert werde. Immerhin sei noch nicht klar, wie lange die Jüngeren künftig arbeiten müssten, um die Renten der Älteren zu bezahlen. „Ich halte es für sehr wichtig, den Senioren Zeit zu schenken. Gerade jüngere Menschen sollten Zeit mit Älteren verbringen, auch wenn sie die Bedeutung dieser gemeinsamen Zeit erst später zu schätzen wissen.“ Dornstedt lobt die Hartnäckigkeit, mit der sich die Organisatorin Frauke Winter dafür eingesetzt hatte, die Seniorenmesse nach Vegesack zu holen.
„Die Idee dahinter ist, dass der Nordbremer nicht immer gerne von seiner Eisscholle herunterkommt, also musste die Messe nach Nord“, ergänzt Frauke Winter. Zu den Angeboten der 20 Aussteller zählt alles rund um Unterstützung, Freizeitgestaltung, Weiterbildung und Bewegung. Winter: „Wir haben alle Energien aus dem Stadtteil gesammelt, damit die Menschen die Institutionen ihrer Umgebung an einem Ort finden können. Das wird sich hoffentlich etablieren.“ Unterstützung erfährt Winters Wunsch durch weitere zehn Aussteller, die für die zweite Auflage der Messe im kommenden Jahr bereits ihre Teilnahme signalisiert haben. „Alle ziehen an einem Strang für unsere Senioren“, freut sich Frauke Winter.
So wie dem Ehepaar Schneider-Bruns geht es auch den zahlreichen anderen Besuchern, die für das Messe-Debüt ins Bürgerhaus gekommen sind. Von Pflegedienstleistern, Selbsthilfegruppen und dem Senioren-Kreativ-Treff über Martinsclub, Seniorenbüro und Begegnungsstätten bis hin zur Verkehrswacht Bremen und einem auf Digitalisierung spezialisierten Team der Universität Vechta informieren sich die Gäste über Möglichkeiten im Alter.
Besonders wichtig sei der Fokus auf Präventionsarbeit im Hinblick auf Telefonbetrüger, sagt Detlev Hansing vom Verein Gustav-Heinemann-Bürgerhaus. „Beim Enkeltrick müssen wir viel mehr aufklären – auch in Zusammenarbeit mit den Banken.“ Manfred Wemken, Vorsitzender des Trägervereins, der die Veranstalter unterstützt, lobt die „tolle Zusammenarbeit“ mit dem Kulturbüro Bremen-Nord und die große Resonanz.
Am Stand des „Männer-Kreativ-Treffs“, der seit sechs Jahren verschiedenste Angebote organisiert, werden alle Senioren angesprochen, „die kreativ sind und Ideen haben“, wie Folkert Imhoff und seine Mitstreiter betonen. Die Mitglieder haben derzeit eine Altersspanne von 30 Jahren – der Jüngste ist 58 Jahre alt – und entstammen allesamt aus verschiedenen Berufsgruppen. Das helfe dabei, ein breites Themenspektrum abzubilden, sagt Uwe Hansen. Mit Angeboten wie Kohlfahrten, Reisen nach Cuxhaven und Berlin sowie Radtouren, Museumsbesuchen und Diskussionen mit Wissenschaftlern und Politikern möchte der Kreativ-Treff „die Leute vom Sofa holen“, erzählt Hartmuth Busch.
Das Ehepaar Schneider-Bruns ist derweil am Stand der Verkehrswacht angekommen und in ein Gespräch vertieft. Gerhard Thielbar, zuständig für Verkehrserziehung und Prävention, erläutert neben einem Bildschirm stehend anhand des sogenannten Verkehrssinntrainers die Rolle der Senioren im Straßenverkehr. „Ob als Fußgänger, Auto- oder Fahrradfahrer – man kommt mit Situationen in Kontakt, in denen man reagieren muss. Vom Erkennen der Gefahrensituation bis zur Reaktion kann viel Zeit vergehen.“
Die Messebesucher können mithilfe einer Virtual-Reality-Brille verschiedene Perspektiven im Straßenverkehr einnehmen. So wird eine Beispielsituation zuerst aus den Augen des LKW-Fahrers betrachtet und anschließend als Fußgänger erlebt. „Damit wird das Achten auf die gegenseitige Sicherheit in den Vordergrund gerückt“, sagt Gerhard Thielbar. Rücksichtnahme auf andere, egal wie alt sie sind – dieser Geist schwebt über der Messe und so ist das Fazit der Organisatoren und Gäste schließlich einhellig: Die erste Vegesacker Seniorenmesse solle nicht die letzte gewesen sein.