Vor etwas mehr als zwei Monaten brannte der Unterstand des Szenetreffs am Aumunder Heerweg völlig aus. Seitdem ist die Innere Mission als Pächterin der Anlage damit beschäftigt, für Ersatz zu sorgen. Der wird allerdings nicht mehr aus Holz bestehen. Stattdessen setzt der Verein auf zwei Schiffscontainer.
Nach den Worten von Axel Brase-Wentzell wird aktuell geprüft, ob unter dem Areal Versorgungsleitungen liegen, die gegebenenfalls unter der Last der neuen Unterstände leiden könnten. "Dieser Prozess ist Teil eines Baugenehmigungsverfahrens, das von einem Architekten und einem Ingenieur begleitet wird", sagt der Bereichsleiter der Inneren Mission. Die entsprechenden Anträge seien mittlerweile gestellt. Nun warte er auf das Ergebnis. "Wir erfahren sehr viel Unterstützung: Das Bauressort hat uns zugesagt, dass unser Antrag sehr schnell bearbeitet wird", so Brase-Wentzell. Genauso engagiert seien auch das Ortsamt sowie die Senatskanzlei. Und so gibt es bereits ein erstes Zwischenergebnis: Stand jetzt verlaufen keine Leitungen unter dem Szenetreff, die für die Versorgung des Stadtteils von Belang sind.
Aufbau voraussichtlich im Mai
Sobald die Baugenehmigung vorliegt, will Brase-Wentzell die Container bestellen. Die werden dann für die Zwecke des Szenetreffs umgebaut und vier bis acht Wochen später geliefert. "Zunächst sind wir davon ausgegangen, dass die Container im März stehen, jetzt rechnen wir mit Mai", so der Bereichsleiter. Der Aufbau selbst nimmt nicht viel Zeit in Anspruch. Brase-Wentzell spricht von zwei Stunden, die für die Montage benötigt werden. Die Finanzierung der Metallkonstruktionen sei bereits gesichert: Für den einen Container übernimmt das Gesundheitsressort die Kosten, für den anderen die Sozialbehörde", so der Sozialarbeiter.
Mehr als ein Witterungsschutz sind sie allerdings nicht. "Die Container werden auf einer Längsseite aufgeschnitten und mit Fenstern versehen", erklärt er. Die sollen zum einen dazu beitragen, dass kein dunkler Ort entsteht, und zum anderen die Sicherheit erhöhen. "Sowohl die Polizei als auch meine Kolleginnen und Kollegen haben gefordert, dass der Bereich einsehbar ist", sagt der Vertreter der Inneren Mission.
In der Vergangenheit gab es im Stadtteil immer wieder den Wunsch nach einem Container, der auch vor Kälte schützt. Doch gegen so eine Lösung hat sich der Bereichsleiter ganz bewusst entschieden. Grund hierfür sei der Pachtvertrag. "Wir wissen, dass geschlossene Räume zu Konsumräumen werden – und zwar innerhalb kürzester Zeit", sagt er. Das gelte nicht nur für Container, sondern auch für Toiletten. Als Beispiel nennt er die Sanitäranlage am Gustav-Deetjen-Tunnel in der Nähe des Hauptbahnhofs. "Die war Drogenkonsumraum, Prostitutionsraum und Schlafraum", erzählt der Sozialarbeiter. Solche Zustände könne er sich auf einer Pachtfläche der Inneren Mission nicht vorstellen.
Ein weiterer Aspekt, der gegen einen geschlossenen Container spricht, ist die Arbeitssicherheit der Streetworkerinnen und Streetworker. Wird dort beispielsweise Crack konsumiert, können die Dämpfe über die Atemluft aufgenommen werden. "Wird die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter auf der Rückfahrt nach Hause von der Polizei kontrolliert, würde bei einer Blutabnahme definitiv Crack nachgewiesen werden", schildert er. Das würde nicht nur einen Führerscheinentzug nach sich ziehen, sondern auch eine Strafanzeige. "Mit Blick auf die Gesundheitsvorsorge und die Arbeitssicherheit ist so etwas überhaupt nicht denkbar", betont der Bereichsleiter.
Kein brennbares Material
Auch wenn die Container nicht viel mehr Schutz bieten als der Unterstand vorher, kam eine Holzkonstruktion für Brase-Wentzell nicht mehr infrage. Denn die könnte wieder brennen. "Etwas Brennbares ist aus Sicherheitsaspekten für die Anrainer, aber auch für die Nutzerinnen und Nutzer keine Option", erklärt er.
Sobald die Container aufgestellt sind, sollen die Angebote vor Ort neu strukturiert werden. Angedacht ist, dass die Beratung vom Konsum getrennt wird. "Damit wollen wir denen, die substituiert sind beziehungsweise legale Suchtmittel konsumieren, gerecht werden", so Brase-Wentzell. Für diese Gruppe soll es im vorderen Bereich ein Beratungsangebot geben, der hintere ist für Nutzer gedacht, die beispielsweise Crack gebrauchen. Die werden allerdings nicht von der Inneren Mission betreut, sondern von der Ambulanten Suchthilfe Bremen. Trotz der Aufteilung werde es bei der täglichen Arbeit auch Schnittmengen geben. "Es geht immer darum, den Menschen ein Angebot zu machen und sie nicht einfach wegzuschicken", sagt er.
Auch wenn die Streetworkerinnen und Streetworker nicht rund um die Uhr vor Ort sein können, haben die Nutzerinnen und Nutzer zu jeder Tag- und Nachtzeit die Möglichkeit, den Szenetreff aufzusuchen. Denn eingezäunt wird das Areal nicht. "Das würde nur dazu führen, dass die Menschen entweder in die Fußgängerzone oder die Vorgärten ausweichen", so der Bereichsleiter.
Dass der Szenetreff in der Nachbarschaft nicht unumstritten ist, weiß auch Brase-Wentzell. Deshalb habe die Innere Mission nach anderen Standorten gesucht, die nicht in der Nähe von Schulen und Kindergärten liegen. Doch die seien von den Nutzerinnen und Nutzern nicht akzeptiert. Denn die haben sich die Fläche am Aumunder Heerweg ausgesucht. "Und deshalb sind auch wir am Aumunder Heerweg", sagt er. "Denn wir sind dort, wo die Nutzerinnen und Nutzer sind."

Axel Brase-Wentzell