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Notaufnahme in Bremen-Nord Klinik übersieht Armbruch bei Zweijährigem

Ein Arzt in der Notaufnahme des Klinikums Nord soll ein Kleinkind nach einem Unfall mit gebrochenem Arm wieder nach Hause geschickt haben. Hat das etwas mit der Überlastung der Notaufnahmen zu tun?
17.05.2023, 11:58 Uhr
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Klinik übersieht Armbruch bei Zweijährigem
Von Patricia Brandt

Dass Notaufnahmen in Krankenhäusern in der Regel überlastet sind, ist Julia Feldhusen bewusst. Deshalb stellte sich die dreifache Mutter auf lange Wartezeiten ein, als sie ihren Sohn nach einem Sturz von der Rutsche in die Klinik fuhr. Dass der Arzt den zweijährigen Tjark nach Stunden des Wartens aber mit gebrochenem Arm unbehandelt wieder heimschicken würde, damit hat sie nicht gerechnet. Wie unterschiedlich das Krankenhaus und die Mutter die Situation in der Zentralen Notaufnahme in Bremen-Nord bewerten.  

Bereits bei der Anmeldung am Sonntag sei sie darauf hingewiesen worden, dass gerade zwei Unfälle passiert seien, und die Betroffenen vordringlich behandelt würden, berichtet Julia Feldhusen. Außerdem warteten noch weitere Patienten in der Notaufnahme. „Es war für mich mehr als verständlich, dass wir warten mussten“, betont die Leuchtenburgerin. Insgesamt dreieinhalb Stunden saßen Mutter und Sohn nach Julia Feldhusens Darstellung im Klinikum. Tjark sei zwischenzeitlich auf ihrem Arm eingeschlafen, habe zwischendurch aber immer wieder gewimmert und geweint und gefragt, wann der Arzt käme. Eine Schwester habe versucht, den Zweijährigen mit Wasserspritzen aufzumuntern.

Erst die Kinderärztin hilft 

Als der Arzt kam, habe er sich vor das Kind gekniet und gefragt, was passiert sei. "Ich berichtete, mein Sohn stand still vor ihm und der Arzt schaute sich weder den Arm an noch betastete oder berührte er meinen Sohn überhaupt“, schildert die Mutter. „Er sagte lediglich, dass man röntgen könnte, was aber ja eine Art von Körperverletzung sei und in dem Alter auch nicht sinnvoll wäre, weil so kleine Knochen im Grunde nicht brechen würden. Ich solle ihn weiter beobachten und sonst die Tage wieder kommen – am besten in der Woche bis 15 Uhr, da seien alle da!“  

Dass Tjarks Arm gebrochen war, habe tags darauf ein Chirurg festgestellt, berichtet Julia Feldhusen. An den habe Tjarks Kinderärztin das verletzte Kind überwiesen. Und zwar nachdem sie einen Ultraschall vorgenommen habe. "Bereits am Nachmittag bekamen wir einen Termin und nach einem weiteren Ultraschall war sofort klar, dass der Arm gebrochen war und mein Sohn nun einen Gips hat.“

Seit dem Besuch in der Notaufnahme stellt sich Julia Feldhusen viele Fragen. Eine lautet: „Wie kann man ein Kleinkind mit Verdacht auf gebrochenem Arm nicht anschauen?“ Und eine zweite und dritte: „Wieso kam der Arzt nicht auf die Idee, einen Ultraschall zu machen? Wie kann man dieses kleine Wesen einfach wieder heimschicken?“ Sie sei entsetzt darüber, wie mit ihrem Sohn umgegangen worden sei. „Zwar kann man uns nun nicht mehr helfen, doch ich finde es wichtig, dass mal gesagt wird, wie die Zustände in der Notfallambulanz sind und dringend Handlungsbedarf besteht“, begründet sie ihre Beschwerde-E-Mail.

Reform der Notfallversorgung

Die Notaufnahme an der Hammersbecker Straße gilt seit Langem als überlastet. „Wir erleben in den vergangenen Monaten bundesweit und auch in Bremen eine deutliche Zunahme an Vorstellungen in den Notaufnahmen", bestätigt Lukas Fuhrmann, Sprecher des Gesundheitsressorts. Dabei handele es sich in vielen Fällen jedoch nicht um Erkrankungen oder Verletzungen, die einer Behandlung in der Notaufnahme bedürfen. Diese falsche Inanspruchnahme der Notaufnahme habe zwei Gründe. Zum einen funktionierten viele ambulante Behandlungsangebote nicht mehr in dem Maße, als dass sich alle Patienten zeitnah und richtig versorgt fühlen. Zum anderen wüssten viele Patienten nicht, wann die Notaufnahme die richtige Anlaufstelle ist. Diese Problemlage zeige, dass eine Reform der Notfallversorgung dringend nötig sei, heißt es aus der Gesundheitsbehörde. "Dabei ist eine engere Verzahnung ambulanter und stationärer Angebote unbedingt notwendig, um in integrierten Notfallaufnahmen schnell und effektiv die richtigen Behandlungen in die Wege leiten zu können."

Klinik bietet Nachbesprechung an  

„Dieser Fall hat allerdings überhaupt nichts mit einer Überlastung der Notaufnahme zu tun“, meint Timo Sczuplinski, Sprecher des Klinikverbunds Gesundheit Nord (Geno). Die Zentrale Notaufnahme sei zwar stark belastet. Doch in den vergangenen Jahren habe die Geno die Notaufnahme neu strukturiert, damit die Abläufe unter diesen Bedingungen besser funktionierten: „Zum Beispiel ist der kassenärztliche Notdienst direkt nebenan im gleichen Gebäude, und kann die Notaufnahme entlasten. Auch gibt es eine Ersteinschätzung innerhalb der ersten Minuten, um die Dringlichkeit der verschiedenen Fälle besser zu ordnen.“ Die Zahl der Beschwerden sei in der Folge in den vergangenen Jahren stark gesunken. 

Im Fall der Familie Feldhusen hat die Klinik nach eigenen Angaben eine Nachbesprechung angeboten. Timo Sczuplinski weist darauf hin, dass bei kleinen Kindern wegen der Strahlenbelastung genau abgewogen werden sollte, ob Röntgen nötig ist oder nicht. „Es gab hier zwar einen lokalen Druckschmerz, aber keine augenscheinliche Fehlstellung. Nach genauem Abwägen der Vor- und Nachteile einer Röntgenuntersuchung hat sich die Mutter gegen das Röntgen entschieden.“ Der Arm sollte in der Folge geschont werden und das Kind bei anhaltenden Schmerzen wieder vorgestellt werden. „Dass die Mutter die Notaufnahme aufgesucht hat, war auch vollkommen korrekt gewesen. Wir bedauern es, wenn sich die Familie nicht gut bei uns aufgehoben gefühlt hat.“

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