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Radverkehr in Walle Ein Plan für die Hauptgeschäftsstraße

In Walle ist die Diskussion um die Vegesacker Straße neu entbrannt: Eine Initiative möchte die beliebte Einkaufsstraße zur Fahrradstraße machen – ein Vorhaben, mit dem der Beirat vor einigen Jahren scheiterte.
12.10.2023, 05:00 Uhr
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Ein Plan für die Hauptgeschäftsstraße
Von Anne Gerling
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Die Vegesacker Straße ist Walles Hauptgeschäftsstraße und Flaniermeile – aber auch als Durchgangsstraße beliebt. Tagtäglich sind dort viele Autos und Fahrräder unterwegs und kommen sich gegenseitig in die Quere. Vor allem, wenn sich der Verkehr auf der Waller Heerstraße staut und Autofahrer auf die Vegesacker Straße ausweichen. „Morgens um kurz vor acht Uhr ist es dort extrem gefährlich“, sagt Anwohner Jan Lange von der Initiative „Fahrradstraße Vegesacker“, der überzeugt ist: „Wenn die Autos langsamer und auch etwas weniger würden, dann könnte es auf der Vegesacker Straße viel schöner sein.“ Aus diesem Grund hat er sich im September 2022 mit einem Bürgerantrag ans Ortsamt gewandt und angeregt, die Vegesacker Straße zwischen Bremerhavener Straße und Waller Ring als Fahrradstraße auszuweisen.

Was wurde aus dem Bürgerantrag?

Der Verkehrsausschuss des Waller Beirats stimmte damals zu und das Ortsamt richtete einen entsprechenden Prüfauftrag an das Amt für Straßen und Verkehr (ASV). Dazu berichtete nun ASV-Sachbearbeiter Tonio Schlemmer dem Verkehrsausschuss, was er zwischenzeitlich den Unterlagen seines Vorgängers entnehmen konnte: „Es gab 2016 schonmal einen Beiratsbeschluss für eine Fahrradstraße. Ich habe dazu aber kein Ergebnis gefunden, sondern eine abschließende Beurteilung vom Juli 2017, die relativ ergebnisoffen war.“

Was macht die Angelegenheit so kompliziert?

Tatsächlich hatte 2014 die damalige SPD-Beiratsfraktion angeregt, die Vegesacker Straße zur Fahrradstraße umzuwidmen. Nach mehreren Sitzungen stimmte der Verkehrsausschuss dem Antrag mehrheitlich zu – der Beirat legte das Vorhaben aber später wieder ad acta. Denn: Die Vegesacker Straße liegt in einer Tempo-30-Zone; somit gilt dort die Rechts-Vor-Links-Regelung, die seit der Sanierung vor rund zwölf Jahren auf mehreren Kreuzungen durch Hochpflasterungen auch baulich manifestiert ist. Die Einrichtung einer Fahrradstraße, so teilte das ASV es damals mit, wäre deshalb nur mit zusätzlichen Schildern möglich, um die Rechts-vor-links-Regelungen an sämtlichen Kreuzungen aufzuheben. Bis zu 80 Straßenschilder hätten demnach aufgestellt werden müssen, was der Beirat ablehnte. Stattdessen konzentrierte man sich damals auf die Planungen für eine Fahrradpremiumroute über die Achse Lange Reihe / Steffensweg.

Hat der Bürgerantrag Aussicht auf baldigen Erfolg?

Eher nicht. Das ASV könne aktuell nichts Endgültiges entscheiden, musste Schlemmer nun nämlich mitteilen. Denn im Mobilitätsressort von Senatorin Özlem Ünsal (SPD) würden derzeit die Richtlinien zum Radverkehr neu aufgestellt, womit dem ASV bis auf weiteres die gesetzliche Grundlage für Entscheidungen fehle. Eine Auskunft, die bei den Waller Ortspolitikern gar nicht gut ankam. „Seit 2016 befassen wir uns damit, dass der Zustand der Straße für uns nicht zufriedenstellend ist. Wir haben dort ein hohes Fahrradaufkommen und der 1,50-Meter-Abstand beim Überholen von Fahrrädern wird oft nicht eingehalten. Gleichzeitig wollen wir, dass Eltern ihre Kinder nicht mit dem Auto, sondern mit dem Rad zur Schule bringen – und wir wollen, dass da keine Autoposer fahren. Wir brauchen also einen Plan – und die Sachkompetenz dafür muss in der Behörde vorhanden sein“, sagt etwa Alex Becker (Grüne). Was Burkhard Winsemann (SPD) besonders bedenklich findet: „Kinder ab zehn Jahren haben dort die Fahrbahn zu benutzen, denn es gibt keinen Radweg.“

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Welche Gefahren sehen Akteure und Beirat?

Längst nicht alle Autofahrer halten sich an das Tempolimit in der Vegesacker Straße, beschreibt Franz Roskosch (CDU): „Wenn ich da mit 30 langfahre, werde ich von SUVs überholt.“  Was gleichzeitig regelmäßig für gefährliche Situationen sorgt: Autos, die zum Beispiel im Einmündungsbereich Elisabethstraße, bei der Loxstedter Straße oder zwischen Hoffnungstraße und Reuterstraße auf der Fahrbahn geparkt werden. Radfahrer, die daran vorbei wollen, müssten auf die Gegenfahrbahn ausweichen, wo sie von entgegen kommenden Verkehrsteilnehmerinnen oft erst spät gesehen würden, sagt der im Ortsamt für Walle verantwortlichen Stadtteilsachgebietsleiter Leon Czyborr.

„Wir haben dort ein Regelungsproblem und ein Überwachungsproblem. Der Rechtsbruch ist alltäglich da. Wir waren als Initiative klar für eine Fahrradstraße, will sie deutlich macht, dass Fahrräder da Vorrang haben“, sagt dazu Christoph Schwarzer von der Initiative „Sichere und lebendige Vegesacker Straße“, der außerdem die seiner Ansicht nach unverhältnismäßig lange Bearbeitungsdauer der Prüfaufträge kritisiert: „Ein Jahr warten und zwischendurch nichts hören: Das ist unbefriedigend.“ Auch der frühere Grünen-Beiratspolitiker Carsten Seidel engagiert sich seit 2021 in der Initiative Sichere und lebendige Vegesacker Straße. Er zieht einen Vergleich zur Pappelstraße in der Neustadt, wo unter anderem die Parkplätze anders angeordnet wurden als in Walle, was seiner Ansicht nach sicherer sei. Er unterstreicht: „Wir können an der Vegesacker Straße auch keine ökonomische Entwicklung beschleunigen, wenn die Sicherheit dort nicht gegeben ist!“

Was sagen die Anwohner?

Der Bürgerantrag findet viel Zustimmung. „Man muss sich vor Augen führen, dass dort Fahrradfahrer, die da eigentlich unheimlich präsent sind, keinen Raum haben“, sagt eine Anwohnerin, die regelmäßig mit ihrem vierjährigen Sohn auf der Vegesacker Straße unterwegs ist. Selbst ihm fielen die schnellen Autos dort schon auf, so die Wallerin, die unterstreicht: „Wir reden hier über Sicherheit – aber auch über Aufenthaltsqualität. Wir kämpfen hier um eine Straße, wo wir einkaufen und abends auch mal sitzen wollen.“ Die Vegesacker Straße ende dabei keinesfalls am Waller Ring, ergänzte ein anderer Anwohner: „Und im Abschnitt bis zur Ritter-Raschen-Straße stehen die Autos auf dem alten Radweg.“

Wie geht es weiter?

Die Ortspolitiker bekräftigten nun ihre Forderung nach Einrichtung einer Fahrradstraße und wollen bauliche Maßnahmen prüfen lassen. In einem ersten Schritt könnte ihrer Ansicht nach für problematische Bereiche ein Halteverbot verhängt werden.

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