Für viele Paare ist die Trauung eines der schönsten Ereignisse im Leben - das Ja-Wort, die Unterschrift auf der Heiratsurkunde, das Tauschen der Ringe. Die Standesbeamtin Marisa Güse hat bereits eintausend solcher Momente begleitet. Und trotzdem ist jede Heirat für sie noch immer etwas Besonderes. „Ich finde es toll, ein Teil dieses wichtigen Tages im Leben zweier Menschen zu sein.“
Jüngere und ältere Paare, gleichgeschlechtliche Paare, Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, große Gesellschaften und Zweisamkeit: Im Laufe ihrer sieben Dienstjahre im Standesamt Bremen-Mitte hat die 32-Jährige einiges erlebt. „Bei meinem jüngsten Brautpaar war eine Person tatsächlich erst 18 Jahre alt“, erinnert sie sich. Das älteste Paar sei um die 80 Jahre alt gewesen. Die Eheleute lebten schon 60 Jahre zusammen und fanden eine Heirat lange nicht wichtig. „Zur Eheschließung brachten die beiden dann ihre Mütter als Trauzeuginnen mit“, erzählt Güse. „Eine der beiden hatte gerade ihren 100. Geburtstag gefeiert.“
Früh den Traumberuf entdeckt
Dass sie Standesbeamtin werden möchte, stand für die gebürtige Bremerin schon früh fest. „Als Kind liebte ich Disney-Filme und ich habe mich beim Fasching sogar einmal als Braut verkleidet“, erzählt sie von ihrer Begeisterung für Hochzeiten. Während ihres dualen Studiums im öffentlichen Dienst wählte sie für den Praxiseinsatz daher sofort das Standesamt. „Standesbeamte sind ja für die wichtigsten Lebensabschnitte der Menschen von der Geburt bis zum Sterbefall zuständig“, umreißt sie die Bandbreite ihrer Aufgaben. "Es gibt viel mehr Arbeit in der Verwaltung als im Trauzimmer."
Nach einem Lehrgang bei der Akademie für Personenstandswesen begann Güse im Jahr 2017 ihre Arbeit im Standesamt Bremen-Mitte, wo sie inzwischen an drei Tagen pro Woche Trauungen vornimmt. Im Frühling und Sommer seien es bis zu 30 pro Monat, manchmal fünf an einem Tag. Oftmals biete sie Brautpaaren freiwillig sogar einen Termin am Wochenende an. „Hochzeiten sind meine Leidenschaft“, sagt sie mit einem Strahlen in den Augen. „Ich sehe das nicht als Arbeit.“

Standesbeamtin Marisa Güse hat in manchen Sommermonaten bis zu 30 Hochzeiten im Terminkalender.
Zeremonien an besonderen Orten
Außer in den Trauzimmern der historischen Villa an der Hollerallee können Paare, die sich beim Standesamt Bremen-Mitte zur Eheschließung anmelden, auch in der Botanika, im Lür-Kropp-Hof, Rathaus, Fallturm an der Uni oder Weserstadion heiraten. Eine Zeremonie dort habe jedes Mal einen speziellen Reiz. „Es ist toll, wenn im Tropenhaus der Botanika die Schmetterlinge um einen herumfliegen“, schwärmt Güse. „Und im Fallturm ist der Ausblick traumhaft.“
Und so wie die Orte würden auch die Menschen ihren Beruf sehr abwechslungsreich machen. Es gebe Paare, die still und heimlich heiraten wollen. Andere feiern eine Hochzeit im klassischen Stil. Und manchmal komme eine Hochzeitsgesellschaft aus einem anderen Kulturkreis, sodass sie etwas von deren Tradition miterlebe. „Es macht mir Spaß, so viele unterschiedliche Charaktere kennenzulernen“, betont Güse.
Verständnis und Kreativität
Wegen der unterschiedlichen Charaktere könne es im Vorfeld aber auch mal etwas kompliziert werden, räumt Güse ein, zum Beispiel wegen des Ablaufs: „Meist wünschen sich Frauen eine etwas längere Rede und Männer wollen es kurz und knapp.“ Oder wegen der Namensführung: „Es gibt bis zum Ja-Wort noch die Möglichkeit, den Namenswunsch zu ändern,“ erklärt sie. „Ich musste schon mal eine Trauung kurz unterbrechen, um eine neue Heiratsurkunde zu erstellen.“ Für derartige Unsicherheiten hat die Standesbeamtin viel Verständnis: „Es ist ja ein aufregender Moment und soll eine Entscheidung fürs Leben sein.“
Mit jedem Paar führt Güse ein Vorbereitungsgespräch, in dem sie immer nach der Dauer der Beziehung fragt. „Ich finde das sehr spannend, da war von vier Wochen bis zu 60 Jahren schon alles dabei.“ Zudem fragt sie die Eheleute einzeln, was sie an ihrem Partner schätzen und wie sie das Kennenlernen wahrgenommen haben. „Da habe ich schon lustige Geschichten gehört“, blickt sie zurück. Sie verfasst dann stets eine sehr persönliche Rede, manchmal mit selbst geschriebenen Gedichten. Textbausteine oder Vorlagen aus dem Internet kommen bei ihr nicht aufs Papier: „Ich werde lieber selber kreativ.“
Auch schwierige Situationen kommen vor
Mitunter gebe es in ihrem Traumberuf aber auch schwierige Momente, etwa wenn sie schwer kranke Menschen verheiratet. "Ich richte den Blick in meiner Rede dann auf den schönen Augenblick", sagt sie. Sie erinnert sich auch an eine Nottrauung im Krankenhaus, die ihr sehr nahe ging.
Nervenstärke musste sie dagegen beweisen, als eine hochschwangere Braut während der Trauung Wehen bekam. „Ich hatte schon Sorge, dass ich bei der Geburt unterstützen muss“, sagt sie. Sie habe die Eheschließung noch wie geplant beenden können, das Baby sei aber noch am Hochzeitstag in einer Bremer Klinik zur Welt gekommen. Und es habe einmal eine Braut bei ihr gesessen, die geweint hatte. Das Paar hatte sich zuvor gestritten, sie habe die Situation aber in einem kurzen Gespräch retten können. Ein "Nein" habe sie im Trauzimmer noch nie gehört.
Die Begeisterung für ihren Beruf ist Güse deutlich anzumerken. „Ich sehe mich hier bis zum Ruhestand“, sagt sie lachend und überlegt: „Vielleicht mache ich aus den schönsten Anekdoten aus dem Trauzimmer ja eines Tages ein Buch.“