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Trinkwasser im Dürresommer Knapp und kostbar

Hinter Bremen und Niedersachsen liegen drei Dürresommer. In einigen Kommunen hat das im Hochsommer zu Engpässen bei der Trinkwasserversorgung geführt. Wie wird 2021? Wir haben uns umgehört.
05.06.2021, 11:19 Uhr
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Knapp und kostbar
Von Marc Hagedorn

Den vergangenen Sommer wird Sven Janisch so schnell nicht vergessen. Bundesweite Berühmtheit hatte das Fleckchen Lauenau, dessen Gemeindedirektor Janisch ist, im August 2020 erlangt. Der Grund: Mehrere Tage lang kämpfte Lauenau, gelegen im Landkreis Schaumburg, gegen den Zusammenbruch seiner Trinkwasserversorgung. Der dritte trockene Sommer in Folge hatte dafür gesorgt, dass die Quellen im Deister, aus denen Lauenau sein Trinkwasser bezieht, immer schwächer sprudelten. Drei Hochbehälter zur Wasserversorgung waren zwischenzeitlich leer.

Zwar sei die Versorgung der Bevölkerung jederzeit möglich  gewesen, betont Janisch, auch wenn das damals in Berichten teilweise anders dargestellt worden sei. Aber ja, so Janisch, Engpässe habe es gegeben. Mit den typischen Folgen, „die Leute haben erstmal Trinkwasser gebunkert“, zum Beispiel in der Badewanne. Das hatte die Lage weiter zugespitzt.

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Bilder aus Lauenau gingen damals durch die gesamte Republik. Wie die Freiwillige Feuerwehr Brauchwasser zur Bewässerung von Gärten an die Hausbesitzer verteilte. Wie Lauenauer sich im Supermarkt mit Vorräten an Mineralwasser eindeckten. Wie die Verwaltung Appelle an die Bevölkerung ausgab, bitte möglichst sparsam mit dem  Trinkwasser umzugehen. „Trinkwasser wird für die Städte und Kommunen ein großes Thema der Zukunft sein“, sagt Gemeindedirektor Janisch.

Tatsächlich war es im vergangenen Jahr an vielen Orten in Deutschland nicht sehr viel anders als in Lauenau. Appelle zum bewussten und sparsamen Umgang mit dem kostbaren und knappen Nass gab es von Sylt bis Bayern, von West bis Ost. Im Landkreis Osnabrück war wochenlang tagsüber das Rasensprengen verboten.

Auch in Bremen ist die Trinkwasserversorgung mittlerweile in jedem Sommer ein Thema. „Trinkwasser ist und bleibt das Lebensmittel Nummer eins und ist existenziell wichtig“, sagt Alexander Jewtuschenko, Sprecher der SWB, dem Bremer Trinkwasserversorger. Nur 17 Prozent des Bremer Trinkwassers kommt aus Bremen selbst, den Rest liefern die Harzwasserwerke, der Trinkwasserverband Verden und der Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband aus Niedersachsen zu.

„Die Versorgung für 2021 ist sichergestellt“, heißt es von den Harzwasserwerken, auch im Falle eines vierten Dürresommers. Allerdings ist die Lage schon jetzt angespannt. „Die Talsperren sind das vierte Jahr in Folge unterdurchschnittlich gefüllt“, sagt Norman Droste von den Harzwasserwerken, und zwar zu 64 Prozent, das langjährige Mittel liegt bei 78 Prozent. An der Wetterstation Clausthal-Zellerfeld habe man in diesem Jahr den zweitniedrigsten Winter-Niederschlag seit 1973 gemessen.

Die Harzwasserwerke haben darauf reagiert und unter anderem Wasser von einer zur anderen Talsperre umgeleitet. Um „Vorräte für den Sommer zu haben“, wie es heißt, sei die größte Trinkwassertalsperre im Granetal jetzt beispielsweise zu 83 Prozent gefüllt. Ein Forschungsprojekt niedersächsischer Hochschulen und Universitäten untersucht außerdem, wie im Harz künftig mehr Wasser gespeichert werden kann. Geprüft wird etwa die Anlage weiterer Becken oder die Nutzung eines alten Steinbruchs in Bad Harzburg. Schließlich arbeiten die Harzwasserwerke mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig für frühzeitige Trendaussagen zum Jahresverlauf des Wetters zusammen.

Auch in Bremen beschäftigt man sich intensiv mit der Sicherstellung der Trinkwasserversorgung bis 2050. Senat und SWB arbeiten an einem Konzept, das 2023 stehen soll. „Die Versorgung mit Trinkwasser ist ein komplexes System mit vielen Einflussfaktoren“, sagt Jewtuschenko. Darunter fielen die Verfügbarkeit des Grundwassers, die Kapazitäten für die Wasseraufbereitung, ein intaktes Versorgungsnetz, das Verbrauchsverhalten der Bürger und nicht zuletzt die klimatischen Veränderungen. „Alle Punkte gut aufeinander abgestimmt, sichern eine zuverlässige Trinkwasserversorgung.“

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Generell hat Bremen einen Vorteil im Vergleich zum Flächenland Niedersachsen. Das Versorgungsnetz für Bremen und Bremerhaven ist engmaschig. „Es gibt viele Leitungen in alle Winkel der Städte“, sagt Jewtuschenko, „so können wir sehr viel Wasser über lange Strecken mit gleichbleibendem Druck verteilen.“ In ländlichen Regionen dagegen werden teilweise ganze Ortschaften mit nur einem einzigen Rohr als Zuleitung versorgt. Jewtuschenko: „Wenn dann im Sommer viele Grundstückeigentümer ihren Garten bewässern, kann der Druck in den Leitungen absacken.“

Wie im Sommer 2020. Zirka 120 Liter beträgt der Pro-Kopf-Verbrauch in Bremen täglich, und das mehr oder weniger konstant seit über zehn Jahren. „Im Sommer ging es aber teilweise durch die Decke“, sagt Jewtuschenko, der dafür eine „außergewöhnliche Gemengelage“ verantwortlich macht. Es gab außergewöhnlich viele Tage mit Temperaturen von über 30 Grad. Außerdem verbrachten wegen Corona mehr Menschen ihren Urlaub zu Hause. „Viel mehr Menschen als sonst verbrauchten also gleichzeitig Wasser“, sagt Jewtuschenko. Zum Kochen, zum Duschen, zum Rasensprengen, aber auch um den Pool im eigenen Garten zu befüllen. Denn Pools mit mehreren Tausend Litern Fassungsvermögen wurden 2020 so viel wie noch nie gekauft.

Für Lauenaus Gemeindedirektor Janisch ist der private Verbrauch ein Ansatzpunkt. „Wir müssen das Bewusstsein dafür schärfen, wofür ich diesen knappen Rohstoff verwende“, sagt er und nennt das Beispiel Gartenregner, der pro Stunde zwischen 600 und 800 Liter verbrauche, „so viel wie fünf Personen an einem ganzen Tag“.

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Die Gemeinde selbst hat sich entschieden, mit gutem Beispiel voranzugehen, für die Grünpflege verwendet sie nur noch Brauchwasser. Außerdem sei man dabei, Anreizsysteme zu schaffen, etwa für den Bau von Zisternen auf Grundstücken. Auch nach einem weiteren Brunnenstandort sucht der Versorger in der Region.

Lauenau wächst, und die Sommer bleiben heiß. Es entstehen Neubaugebiete, Firmen lassen sich nieder, auch die Landwirtschaft konkurriert ums Grundwasser. Klar ist für Janisch: „Ein Weiter so kann es nicht geben.“ Einen August wie 2020 will er so schnell nicht wieder erleben.

Zur Sache

Die Deutschen gelten schon heute als Meister im Wassersparen. Anfang der 1990er-Jahre lag der Pro-Kopf-Verbrauch noch bei 150 Litern am Tag, heute hat er sich bei 120 Litern eingependelt. Bremens Versorger SWB mahnt trotzdem einen sorgsamen Umgang mit Trinkwasser an und hat ein paar Wasserspartipps zusammengestellt.

Ein Sparperlator – für ein paar Euro im Baumarkt erhältlich – reduziert die durchlaufende Menge, zum Beispiel beim Händewaschen. Ein Sparduschkopf verbraucht 30 bis 50 Prozent weniger Wasser. Auch die Benutzung der Stopp-Taste an der WC-Spülung spart Wasser.

Zur Pflanzen- und Gartenbewässerung empfiehlt es sich, Wasser aus Regentonnen zu nutzen.

Öfter Duschen statt Baden. Warum? Ein Vollbad verbraucht bis zu fünfmal mehr Wasser als eine Dusche. Der absolute Klassiker zum Wassersparen gilt fürs tägliche Zähneputzen und Rasieren: Das Wasser nicht die ganze Zeit laufen lassen, sondern zwischendurch einfach mal abstellen.

Moderne Spülmaschinen verbrauchen deutlich weniger Wasser, als das Spülen des Geschirrs mit der Hand. Achtung bei tropfenden Wasserhähnen: Ein einziger davon kann pro Tag bis zu 45 Liter kostbares Trinkwasser verschwenden.

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