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Kolumne 0421 Wer hat, der kann: Ich kaufe ein E, Bre-män die Innenstadt

In der Kolumne „0421“ schreibt Oliver Matiszick über große und kleine Themen, die manchmal erst auf den zweiten Blick miteinander, immer aber mit Bremen zu tun haben. Heute: Weihnachtsmarkt, City und Vokale.
23.11.2024, 05:00 Uhr
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Wer hat, der kann: Ich kaufe ein E, Bre-män die Innenstadt
Von Oliver Matiszick

Als ich diese Woche auf der Suche nach einem Mittagessen die Innenstadt durchstreifte, da war Boris Pistorius, als Osnabrücker zumindest ein entfernter Freund des 0421-Lands, noch für ein paar Stunden die klammheimliche Kanzlerhoffnung der SPD. Vor allem aber war schon Tage vor Totensonntag: ganz schön Weihnachtszeit in Bremen.

Der mächtige Tannenbaum in seiner Ecke vor der Bürgerschaft: lotgerade aufgestellt und mit Lichtern, Päckchen und Schleifen in vollem Ornat einsatzbereit. Die Buden und Hütten des Weihnachtsmarktes vor, neben und rund um das Rathaus: fein hergerichtet, um ab Montag das Geld der Besucher etwa in Glühwein zu tauschen. Oder in irgendwas, das mit Dubai-Schokolade zu tun haben könnte. Das muss in diesem Jahr offenbar sein. Der Weihnachtsmarktklassiker Bienenwachskerze bleibt da vermutlich außen vor – den mag man sich aber auch wirklich nicht in Kombination mit Pistaziencreme und Engelshaar vorstellen.

Auf jeden Fall mahnte mich das emsige Treiben rund um den Roland, dass es nun aber mal wirklich höchste Zeit wird. Zum Beispiel für die Adventskalender der heimischen Lieben. Denen muss man inzwischen nicht mehr mit 24 Bröckchen Schokolade von fragwürdiger Qualität kommen, die der Discounter spätestens am kommenden Freitag zum Sonderpreis von einem Euro raushaut. Nein, so durfte ich unserer geschätzten Qualitätszeitung entnehmen: Im Jahr 2024 muss hinter den Kalendertürchen schon was Besonderes stecken, und seien es Lippenstifte, Nagellacke und überhaupt Kosmetika für 400 Euro. Die Teenagerin in meiner häuslichen Gemeinschaft wäre davon vermutlich begeistert. Aber: Sorry, es muss schon ein wenig Haushaltsdisziplin gewahrt werden, auch in spendierhosigen Vorweihnachtszeiten.

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Allein: Wie soll man den Kindern derart verantwortliches Handeln erklären, wenn sich das schon seit langer Zeit bettelarme Bundesland Bremen zugleich unvermindert gönnt? Hier mal ein paar Milliönchen für das Abrissobjekt Parkhaus Mitte, dort noch ein paar Millionen mehr für das ehemalige Kaufhof-Gebäude – ein wenig scheint es so, als stünde gerade nicht nur die Hansewasser auf der Liste der Rekommunalisierung, sondern gleich die halbe Innenstadt. Wer angeblich kein Geld hat, der kann.

Vermutlich aber spricht daraus nur der Neid des Besitzlosen. So wollte ich als Eingeborener des 0421-Lands nie ganze Straßenzüge oder Gebäudekomplexe kaufen, sondern einfach nur ein E. Damit die blöden Hannoveraner nie mehr behaupten könnten, sie würden das angeblich reinste Hochdeutsch sprechen. Jenes Gerücht, so entnahm ich den Nachrichten dieser Woche beruhigt, ist ohnehin widerlegt. Was mich nicht von der Sprechaufgabe befreit, dass es eigentlich Bre-män heißen müsste, ich aber in bester Hans-Koschnick-Manier seit jeher den Vokal verschludere und Bre-mn sage.

Aber jetzt mal echt: Sie gehen doch Weihnachten auch in die Kör-che statt in die Kiir-che, oder? Na bitte, da sind wir uns doch schon vor Totensonntag womöglich einig.

Tagebucheintrag: Die Suche nach Mittagessen führte am Ende übrigens zu einer vegetarischen Weißkäsetasche, schnurstracks vorbei am kommenden Weihnachtsmarkt.

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