Besser, aber noch lange nicht zufriedenstellend – so könnte wohl das Fazit lauten, wenn man sich den neuen Sachstandsbericht der Innenbehörde über die Entwicklungen am Bremer Hauptbahnhof durchliest. Seit Anfang vergangenen Jahres ein umfangreicher Aktionsplan beschlossen wurde, versuchen die beteiligten Senatsressorts und Stellen mit verschiedenen Maßnahmen, die Situation vor Ort zu verändern – darunter etliche Kontrollen und Einsätze von Polizei und Ordnungsamt, aber auch zusätzliche Hilfsangebote für die Wohnungslosen- und Drogenszene sowie Bestrebungen, die Sauberkeit zu verbessern.
Wie gut das in den vergangenen Monaten funktioniert hat, war am Mittwoch Thema in der Innendeputation. 31 Maßnahmen und rund zwei Millionen Euro sollten dafür sorgen, dass der Hauptbahnhof samt Umfeld für Bremerinnen und Bremer nicht zum Angst-Ort verkommt. Nachdem sich in den ersten Monaten kaum Erfolge einstellten, habe sich die Situation zuletzt etwas beruhigt, sagte der offizielle Koordinator für das Sicherheitsprogramm Hauptbahnhof, Christian Modder. Das Beschwerdevolumen sei nicht mehr so hoch wie im vergangenen Sommer. Dafür habe man bei einigen Punkten des ursprünglichen Konzepts nachgearbeitet.
So hatte etwa Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) im November 2022 die Bekämpfung der Straßendealer-Szene zu einem weiteren Schwerpunkt gemacht. Dafür hat die Polizei große Kraftanstrengungen unternommen, schilderte Modder. Seitdem seien unter anderem mehr als 3200 Personen kontrolliert, 670 Ermittlungsverfahren eingeleitet, 130.000 Euro an Bargeld beschlagnahmt und mehr als 1000 Platzverweise ausgesprochen worden. Insgesamt 3000 Beamte wurden dafür laut Bericht eingesetzt. Zudem habe die Polizei im erweiterten Bahnhofsumfeld 130 Personen identifiziert, die an unerlaubten Betäubungsmittelhandel beteiligt sind. Dadurch ist zum Beispiel auch die Lage vor dem Tivoli-Hochhaus entspannter, vor dem früher häufig Dealer verkehrten.
Gänzlich verschwunden ist der Drogenkonsum deshalb nicht. Problematisch seien trotz Polizeipräsenz etwa einige Haltestellenbereiche. Süchtige und Wohnungslose weichen zudem auf die Wallanlagen, einzelne Straßenzüge und die umliegenden Parkhäuser aus, doch auch dort seien die Probleme nicht mehr so groß wie noch vor einigen Monaten. Die Wallanlagen waren in den Sommermonaten teils stark mit Spritzen und weiteren Utensilien verschmutzt. Der Umweltbetrieb Bremen stellte deshalb die Reinigung zeitweise ein, um Mitarbeiter zu schützen. "Durch einen konsequenten Einsatz von Polizei und Ordnungsamt mit Unterstützung von Streetwork konnte diese Beschwerdelage aktuell aufgelöst werden", so der Bericht.
Ähnlich sieht es am Intercity-Hotel aus. Vor dem daneben ansässigen Szenetreff sei mehr Ruhe eingekehrt. Der Treff war in der Vergangenheit so stark von der Drogenszene belagert worden, dass das Angebot von der eigentlich vorgesehenen Zielgruppe (unter anderem Alkoholkranke und Wohnungslose) nicht mehr genutzt wurde und die dort eingesetzten Fachkräfte einen Umzug für nötig befanden. Das Angebot ist derzeit im Wärmebus am Nelson-Mandela-Park untergekommen.
"Was geliefert wurde, kann sich sehen lassen, wir müssen es nur durchhalten", sagte Ulrich Mäurer. Dass sich die Situation mit Anstieg der Temperaturen wieder verschlechtere, erwartet der Innensenator nicht. Dafür sollen künftig auch weiterhin die anderen Ressorts in die Verantwortung gezogen werden, denn der verstärkte Einsatz von Polizei werde das Problem auf Dauer nicht lösen – in dem Punkt waren sich die Deputierten und der Innensenator einig.
Weiter Probleme mit Crack-Szene
Trotz erster Verbesserungen gebe es zudem weiter Probleme mit der Crack-Szene. Die schwer abhängig machende Droge, für die es bislang keinen Ersatzstoff gibt, sei weiter auf dem Vormarsch, heißt es in dem Bericht. Wie berichtet, will das Gesundheitsressort deshalb kurzfristig die Hilfsangebote für Crack-Süchtige ausbauen und in den künftigen Räumlichkeiten des integrierten Drogenkonsumraums an der Friedrich-Rauers-Straße ein Tagesaufenthalt mit Sitzmöbeln und Getränkeangeboten, ein Ruhebereich mit Liegen sowie ein Beratungsbereich provisorisch einrichten.
Der provisorische Drogenkonsumraum in Form von Containern, einige Meter weiter, ist nach Angaben der Betreiber der Drogenberatungsstelle Comeback bereits nahe der Vollauslastung. Wegen der vermehrten Nutzung haben die Betreiber zuletzt einen neuen Sicherheitsdienst engagiert, der mit zusätzlichem Personal vor Ort ist. Das war auch nötig geworden, weil laut Sachstandsbericht im Februar einer der Klienten das Personal von Comeback verbal attackierte und Mobiliar zerstörte. Der Drogenkonsumraum musste daraufhin für mehrere Tage geschlossen werden, ist seit Ende Februar aber wieder geöffnet.
Die sogenannte Akzeptanzfläche in der Friedrich-Rauers-Straße, die sich vor dem provisorischen Drogenkonsumraum befindet und als alternative Aufenthaltsfläche zum Bahnhof dienen soll, wurde indes zunächst kaum angesteuert. "Das hat sich inzwischen geändert und jeden Tag kommen mehr Menschen", berichtete Christian Modder. Fabian Taute von den Grünen regte in diesem Zusammenhang an, sich frühzeitig um weitere Alternativflächen rund um den Bahnhof zu bemühen und sich nach Immobilien umzusehen, in denen weitere Hilfsangebote stattfinden können.