Der arme Student, der sich vornehmlich von Nudeln und Ketchup ernährt, mag ein Klischee sein. Dass Geld für viele Studenten und Studentinnen tatsächlich ein Problem darstellt, ist hingegen nicht von der Hand zu weisen. Während der Corona-Pandemie hat sich die Lage teilweise deutlich verschlechtert: Viele Studierende, traditionell oft in der Gastronomie- oder Veranstaltungsbranche beschäftigt, haben zwischenzeitlich oder dauerhaft ihre Nebenjobs verloren. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Anträge für KfW-Studienkredite bundesweit mehr als verdoppelt. Bremen bildet dabei keine Ausnahme, wie aus Daten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) hervorgeht: Demnach kamen im Jahr 2020 aus der Hansestadt 588 Anträge nach 244 im Vorjahr. "Die Studierenden der bremischen Hochschulen litten von Beginn an unter der Pandemie", sagt Bremens Wissenschaftssenatorin Claudia Schilling (SPD).
Wieder mehr Nebenjobs
Allmählich scheint sich die Lage zu entspannen. Viele Studenten hätten mit der Zeit neue Nebenjobs gefunden, erklärt Maurice Mäschig vom Bremer Studierendenwerk, das für Bafög-Anträge zuständig ist und auch bei Finanzproblemen berät. Mäschig nennt Tätigkeiten für Lieferdienste, die während der Pandemie an Bedeutung gewonnen haben, als Beispiel. Die Bremer Wissenschaftsbehörde sieht rückblickend die Aufstockung des sogenannten Härtefallfonds als "wirksame Maßnahme". Der Topf dient dazu, bedürftigen Studierenden zinsfreie Darlehen zu ermöglichen. Im April 2020, noch bevor der Bund finanzielle Hilfen für Studierende auf den Weg brachte, hatte der Bremer Senat eine Erhöhung des Etats von 40.000 auf 500.000 Euro beschlossen.
Der Bund zog nach, und mehrere Monate lang waren die Kredite sehr begehrt. Mittlerweile sinkt der Bedarf spürbar: Die Nachfrage nach KfW-Studienkrediten ist bereits im vergangenen Jahr wieder deutlich zurückgegangen. Laut neuesten Zahlen des BMBF wurden in Bremen 324 Anträge eingereicht. Seit Mai 2020 und noch bis Ende September dieses Jahres sind die Kredite zinslos gestellt. Wofür das Geld verwendet wird und ob der Kredit aufgrund coronabedingter oder anderer Engpässe beantragt wurde, bleibt im Einzelfall offen. Von daher verdeutlicht die Zahl der KfW-Kredite zwar finanzielle Entwicklungen, die aber nicht zwangsläufig beziehungsweise ausschließlich Corona als Ursache haben müssen.
Anders sieht es bei der Überbrückungshilfe aus. Von Juni bis September 2020 sowie von November 2020 bis September 2021 konnten Studierende monatlich einen Zuschuss von bis zu 500 Euro beantragen – ohne Rückzahlungspflicht, dafür aber nur bei coronabedingten Ausfällen. Etwa 11.500 Anträge haben Bremer Studenten und Studentinnen eingereicht, von denen laut BMBF rund zwei Drittel bewilligt worden sind. Die Hilfsmaßnahmen seien sehr sinnvoll gewesen, sagt Mäschig. Es lohne sich aber auch, einen Blick auf das Drittel der abgelehnten Anträge zu werfen: "Wie in allen gesellschaftlichen Bereichen gab es auch hier eine gewisse Anzahl von Leuten, die betrügen wollten. Auf der anderen Seite waren auch Studierende dabei, die tatsächlich kein Geld haben, aber dafür keine coronabedingten Gründe vorweisen konnten."
Eine "markante Entwicklung" sei nicht erkennbar, antwortet Mäschig auf die Frage, wie sich die finanzielle Lage der Studierenden in den vergangenen Jahren – ganz unabhängig von Corona – entwickelt hat. Einige Studenten seien durch Unterstützung der Eltern und eigene Rücklagen sehr gut ausgestattet, andere würden sich von Monat zu Monat hangeln und sparen müssen. Strukturelle Probleme gebe es durchaus, Verbesserungspotenzial ebenso. Mäschig nennt die seit Jahren sinkende Zahl der Bafög-Anträge als Beispiel. Die Formulare seien kompliziert, zu viele Ausschlussgründe gebe es ebenfalls. Die Ampel-Regierung will auf Bundesebene mit einer Bafög-Reform nachrüsten. Ein erster Entwurf, der eine Erhöhung der Sätze und Freibeträge vorsieht, liegt bereits vor. Für eine umfassende Reform habe man sich wiederholt eingesetzt, heißt es aus dem Haus von Claudia Schilling.
Auch das Studierendenwerk und Mäschig hoffen auf neue Impulse. Gleichzeitig mahnt er an, bestimmte Probleme nicht überzubewerten. Vor allem die Wohnraumfrage ist ihm dabei ein Anliegen. Während Studierende häufig zunehmende Mietbelastungen beklagen, sagt Mäschig: "In Bremen bezahlbaren Wohnraum zu finden ist eigentlich kein Problem." Die Frage sei vielmehr: "Was sind die eigenen Ansprüche?" Er könne es durchaus verstehen, dass Wohngemeinschaften beliebter seien als Wohnheime und die zentralen Quartiere beliebter als die Randgebiete. "Wenn jemand im Viertel leben will, am liebsten noch in den drei bis vier speziellen Straßen, dann ist das zu respektieren. Man sollte sich dann aber nicht über die Miete beschweren."