Bundesweit laufen Vorbereitungen, Kriegsverletzte und schwerkranke Menschen aus der Ukraine medizinisch zu versorgen. Auch in Bremen stellen sich Kliniken, Arztpraxen und die Gesundheitsbehörde darauf ein. Ärztinnen und Ärzte organisieren zudem Transporte von medizinischen Hilfsgütern in die Ukraine.
Krankentransporte: „Wir bereiten uns vor auf Schwerverletzte, die intensivmedizinische Behandlung benötigen, auf ukrainische Patientinnen und Patienten, die verlegt werden müssen, weil die Krankenhäuser zerbombt wurden", kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an. Dazu kämen Flüchtlinge mit schweren Erkrankungen, Dialysepatienten etwa sowie krebskranke Menschen, die dringend Hilfe benötigten. Die Gesundheitsbehörde rechnet mit Krankentransporten nach Bremen: "Schwerverletzte oder Intensivpatienten sollen bundeseinheitlich nach dem Kleeblatt-Verfahren verteilt werden", sagt Behördensprecher Lukas Fuhrmann. Das Prinzip wurde in der Pandemie eingerichtet, um bei einer hohen Auslastung der Intensivstationen die Verteilung auf andere Regionen zu erleichtern. Bremen gehört mit Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zum Kleeblatt Nord.
Kliniken: "Unsere Häuser sind darauf eingestellt, im Katastrophenfall auch eine größere Zahl von Verletzten und Erkrankten versorgen zu können, in allen unseren Kliniken gibt es Alarm- und Einsatzpläne", teilt die Sprecherin der Gesundheit Nord (Geno), Karen Matiszick, mit. Das überregionale Traumazentrum im Klinikum Mitte etwa sei auf die Versorgung aller Arten von Verletzungen, inklusive Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen, ausgerichtet. Auch an den anderen Standorten gebe es eine große unfallchirurgische Kompetenz. Chirurgen trainierten zudem die Versorgung ungewöhnlicher Verletzungen, wie etwa Schussverletzungen.
Das Rotes-Kreuz-Krankenhaus (RKK) verfügt laut Sprecherin Dorothee Weihe über ein zertifiziertes Traumazentrum zur Versorgung Verletzter, einen großen OP-Bereich sowie ein Dialysezentrum; zudem gebe es erfahrene Knochenspezialisten, Unfall- und Viszeralchirurgen sowie das Bremer Gefäßzentrum. Das Diako in Gröpelingen sei mit der zentralen Notaufnahme und dem Traumazentrum auf einen Massenanfall von Verwundeten vorbereitet. Die Mediziner besuchten Fortbildungen und Traumakurse, auch zu Sprengstoffverletzungen oder Terroranschlägen, so Sprecher Ingo Hartel. Die Roland-Klinik ist laut Sprecherin Tine Klier als Fachklinik für Orthopädie und Handchirurgie unter anderem auf die Behandlung von schwersten Handverletzungen spezialisiert.
Arztpraxen: Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen (KVHB) sei derzeit in Abstimmung mit der Gesundheits- und der Sozialbehörde zur Versorgung. "Bis es verbindliche Regeln gibt, werden die Haus- und Fachärzte schnell, unbürokratisch und kostenlos helfen. Wir haben einen Aufruf gestartet, mehr als 80 Praxen haben sich gemeldet und Hilfe angeboten", teilt Sprecher Christoph Fox mit. Die Liste ist in Fachgebiete unterteilt und beinhaltet auch Psychotherapie-Praxen; zudem sind ukrainische oder russische Sprachkenntnisse angegeben. Internet: kvhb.de/praxen/hilfe-fuer-die-ukraine.
Corona-Status: Zur medizinischen Erstuntersuchung von Geflüchteten gehörten Corona-Tests und die Überprüfung des Impfstatus, betont Behördensprecher Fuhrmann. "Ist dieser unklar, weil etwa kein Impfpass vorliegt, gilt die Person als ungeimpft und wird mit einem hier zugelassenen Vakzin geimpft." Dies sei auch der Fall, wenn eine Person mit einem Mittel geimpft sei, das nicht in der EU zugelassen ist – wie der chinesische sowie russische Impfstoff.
Hilfsaktionen: Ärztekammer, Kassenärztliche Vereinigung sowie der Hausärzteverband haben zu Spenden von Medikamenten und Medizinprodukten aufgerufen. "Die Resonanz ist überwältigend", sagt KVHB-Sprecher Fox. Gut ein Dutzend Paletten sei zusammengekommen, die voraussichtlich am Donnerstag ins Kriegsgebiet gefahren werden soll. Dazu gehörten Alltagsmedikamente, Kanülen, chirurgische Ausstattung, Erste-Hilfe-Kits, Antibiotika, Schmerzmittel sowie Material für die Notfall- und Traumaversorgung.
Die Notaufnahmen der Geno-Häuser hätten ihre Lager geräumt und eine Lieferung zusammengestellt, die über eine Hilfsorganisation ins Kriegsgebiet geschickt werde, so Sprecherin Matiszick. Das Diako hat laut Hartel bereits ein Hilfspaket auf den Weg gebracht. "Darunter ein OP-Tisch, ein Beatmungsgerät, Medikamente, medizinische Hilfsmittel wie Spritzen, Katheter, Verbandsmaterial und Handschuhe." Ärztinnen und Ärzte, die aus der Ukraine stammten, hätten einen weiteren Aufruf gestartet. Die mit dem RKK eng verbundene Bremische Schwesternschaft vom Roten Kreuz sei bereits in die Entsendung von qualifiziertem Personal in die Krisengebiete eingebunden, teilt Sprecherin Weihe mit. Das St. Joseph-Stift habe sich als Einrichtung der St. Franziskus-Stiftung Münster entschieden, Spenden für die Ukraine zu sammeln und dabei die Malteser als Hilfsorganisation einzubinden. Die Roland-Klinik habe 20 Kartons medizinisches Material gespendet, die Klinik unterstütze zudem private Hilfen von Klinik-Beschäftigten.