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Ukraine-Krieg Wie Bremer Kliniken helfen – und worauf sie sich vorbereiten

Bremer Kliniken haben medizinische Hilfsgüter für Ärzte in der Ukraine gesammelt. In den Notaufnahmen der Stadt bereiten sich die Teams noch auf eine ganz andere Hilfe vor.
07.03.2022, 05:00 Uhr
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Wie Bremer Kliniken helfen – und worauf sie sich vorbereiten
Von Christian Weth

Bremer Kliniken haben sich schon häufiger zusammengetan, um sich an Hilfsprojekten zu beteiligen – aber Frank Wösten kann sich an kein Vorhaben erinnern, bei dem es so schnell ging wie bei diesem: Alle Notaufnahmen der städtischen Krankenhäuser haben palettenweise Material gesammelt, das ins ukrainische Kriegsgebiet transportiert wird. Wösten, ärztlicher Direktor des Nordbremer Klinikums, spricht von Medizin und Technik, die bei der Versorgung von Schwerstverletzten zum Einsatz kommen. Er koordiniert die Sammlung. Und schließt nicht aus, dass auf die Teams noch viel mehr zukommen könnte.

Am Montag kam der Hilferuf der ukrainischen Ärztevereinigung in Deutschland, noch am selben Tag folgte das Okay der Geschäftsführung des Klinikverbundes Gesundheit Nord: Sie gab frei, was Andrzej Batruch aufgelistet hat. Der Vorsitzende des Medizinerbündnisses fragte nach Medikamenten, Operationsbestecken, technischen Hilfsmitteln, Rettungstragen. Sein Schreiben ging an nahezu alle Kliniken in Norddeutschland. Batruch sagt, dass die Reaktion der Krankenhäuser überwältigend ist. Ihm zufolge gibt es kaum eine Klinik, die nicht helfen will. Einige Häuser reagierten sofort, andere wollen in den nächsten Tagen und Wochen spenden.

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Die Liste, die Batrusch verschickt hat, ist anderthalb DIN-A4-Seiten lang. Auf ihr stehen Beatmungsschläuche, Infusionsbestecke, Venenkanülen, Hautmarker, Traumascheren, Arterienklemmen, Nahtmaterial, Kompressen, Wundgaze. Chefmediziner Wösten sagt, dass es bei diesem Ausrüstungskatalog nur um eines geht: um die Erstversorgung und darum, Menschen am Leben zu erhalten. Ihm zufolge geht es um die Ausstattung, die es in jedem Schockraum einer Notaufnahme gibt, in der Schwer- und Schwerstverletzte behandelt werden. Nach seiner Rechnung sind inzwischen 14 Rollwagen mit dem medizinischen Material zusammengekommen.

Ärzte und Pflegekräfte haben sie in den vergangenen Tagen gepackt. Genau kann Wösten es nicht sagen, er schätzt aber, dass allein die Hilfsgüter, die im Nordbremer Krankenhaus gesammelt wurden, einen Wert von mehreren Tausend Euro haben. Am Freitag sind sie zum Güterverkehrszentrum nach Strom gebracht worden. Genauso wie die Spenden der anderen Notaufnahmen. An diesem Montag soll alles in mehrere Lastwagen verladen und in einem Konvoi an die slowakisch-ukrainische Grenze transportiert werden. Die medizinische Ausrüstung ist vor allem für das Emergency Hospital in Lwiw vorgesehen. Es zählt zu den größten Kliniken der Westukraine.

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Und zu den wenigen Krankenhäusern, in denen noch so viele Ärzte sind, dass Soldaten und Zivilisten behandelt werden können. Laut Batruch, der die ukrainische Ärztevereinigung von Jever aus leitet, sind viele Kliniken im Kriegsgebiet mittlerweile geräumt, weil die Mediziner an der Front im Einsatz sind. Nach seinen Worten werden Verwundete nach Möglichkeit aus den umkämpften Regionen geschafft, um sie in entlegeneren Lazaretten und Kliniken zu versorgen. Er glaubt, dass die Kämpfe noch lange anhalten werden. Und dass er deshalb noch häufiger Kliniken um Spenden bitten muss, damit ukrainische Kriegsverletzte versorgt werden können.

Wösten rechnet noch mit etwas anderem: Dass es irgendwann nicht bei Transporten von medizinischen Hilfsgütern in die Krisenregionen bleibt, sondern verwundete Soldaten und Zivilisten aus der Ukraine in die Bundesrepublik geflogen werden. Der Chefmediziner sagt, dass sich das deutschlandweite Netzwerk Notaufnahme, zu dem auch Bremer Krankenhäuser gehören, auf solche Szenarien gerade vorbereitet. Er spricht von Übungen für das Klinikpersonal. Und davon, dass die Mitarbeiter zwar auf schwerverletzte Unfallopfer vorbereitet sind, aber nicht alle Erfahrungen mit schwerverletzten Kriegsopfern haben.

In den Notaufnahmen der Kliniken trainieren die Schockraum-Teams immer wieder Abläufe, um auf möglichst viele Ausnahmesituationen reagieren zu können. Verletzungen durch Kriegswaffen kommen dabei in der Regel nicht vor.

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