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Bremer Weltraummesse Auf den Spuren von Apollo 17

Ein Berliner Start-Up hat auf der Weltraummesse in Bremen sein Mondfahrzeug präsentiert. Die Firma hat ehrgeizige Pläne: Schon bald soll der Rover zur Landestelle der letzten US-Mission zurückkehren.
26.10.2017, 20:25 Uhr
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Auf den Spuren von Apollo 17
Von Stefan Lakeband

Vor, zurück, von links nach rechts. Langsam dreht das kleine Fahrzeug seine Runden in der Bremer Messehalle. Leise summen die Motoren, die die vier Räder antreiben. Drumherum: Männer in dunklen Anzügen, die ihre Smartphones gezückt haben und dieses kleine Schauspiel auf Fotos und Videos festhalten.

Auch wenn das Gefährt auf den ersten Blick gar nicht spektakulär aussieht, so ist es doch etwas besonderes. Denn dieses kleine, silber-weiße Fahrzeug soll bald nicht mehr auf der Erde, sondern auf dem Mond unterwegs sein. Entwickelt hat es das Berliner Unternehmen PT Scientists, das ihren Rover nun auch auf der Space Tech Expo in Bremen vorgestellt hat.

Hochauflösende Bilder des Apollo-Mondfahrzeugs

Während das Mondfahrzeug vor den Besuchern hin und her fährt, steht Karsten ­Becker im Hintergrund. Er leitet beim Start-up die Elektronikentwicklung und steuert an diesem Tag den Rover über ein Tablet. Nebenbei erzählt er, was seine Firma damit überhaupt machen möchte: „Bei unserer ersten Mission wollen wir zwei dieser Rover absetzen und zur Landestelle von Apollo 17 zurückkehren.“ Mit den drei Kameras des Rovers sollen zum ersten Mal hochauflösende Bilder des Apollo-Mondfahrzeugs gemacht werden. „Wir wollen wissen, wie es heute, 48 Jahre später, aussieht.“ Ist es verstaubt, beschädigt oder sieht es aus wie neu?

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2009 wurde die Firma noch als Part-Time Scientists gegründet. Part-Time, weil die Gründer sich damals in ihrer Freizeit um das Start-up kümmerten und nebenher ihren Berufen nachgingen. Becker ist eigentlich Informatiker, ein anderer Mitgründer kommt aus der Dentaltechnik. Zu Raumfahrtexperten sind sie durch einen Wettbewerb geworden. Der Lunar-X-Prize von Google hat sich zur Aufgabe gemacht, private Raumflugaktivitäten zu fördern. Becker und seine Kollegen haben in zwei Kategorien insgesamt 750.000 Dollar Preisgeld gewonnen. „Wir haben uns einfach dafür interessiert und uns zusammengegoogelt, was man alles für eine Weltraummission braucht“, sagt Becker.

Was quasi als Hobby begann, ist nun eine richtiges Unternehmen. 18 Festangestellte arbeiten in Berlin, zudem gibt es 35 freie Mitarbeiter, die immer wieder ins Team geholt werden. „Wir werden mittlerweile sehr ernst genommen in der Branche“, sagt ­Becker. „Manche sagen sogar, wir seien die Rettung der Raumfahrt in Europa.“ Ob das stimmt, wird sich noch zeigen müssen. ­Allerdings wird PT Scientists auch außerhalb der Branche wahrgenommen. So kam es etwa zur Kooperation zwischen dem Start-up und dem Autohersteller Audi. Er hat die Berliner bei der Weiterentwicklung des Mondrovers unterstützt, seitdem heißt er ­offiziell Audi Lunar Quattro Rover, seine Front ziert das Logo des Ingolstädter Unternehmens.

Auto- und Mondfahrzeugbauer kommen zusammen

Audi habe sich als innovativ präsentieren wollen. „Da hat eine Marketing-Agentur vorgeschlagen, man könne doch einen Audi Quattro auf den Mond bringen.“ So kamen Auto- und Mondfahrzeugbauer zusammen. „Designer haben dem Rover die Audi-Formsprache verliehen, Ingenieure haben geholfen, das Gewicht zu reduzieren“, sagt Becker. Gelungen ist das unter anderem durch 3-D-Druck. So sind die Räder des Rovers aus Aluminium und besonders leicht.

Wie bei jeder Weltraummission ist das Gewicht wichtig. Je schwerer etwas ist, desto teurer ist der Transport ins All, lautet die Faustregel. Und die gilt auch für PT Scientists. Neben dem Rover hat das Start-up auch noch ein Mondlanderaumschiff entwickelt, Alina genannt. Es wird die Fahrzeuge dort absetzen und zusätzlich Experimente an Bord haben. Und noch sei etwas Platz an Bord. „Wenn Sie Interesse haben, Fracht auf den Mond zu schicken, fragen Sie uns“, sagt Becker und fährt nebenbei den Rover hin und her. Ein Kilogramm kostet rund eine Millionen Euro. Die erste Mission ist für 2019 vorgesehen. Wahrscheinlich soll eine Falcon-9-Rakete des US-Milliardärs Elon Musk und seines Raumfahrtunternehmens Space X das Fahrzeug ins All transportieren.

Audi ist aber längst nicht das einzige Unternehmen, mit dem sich PT Scientists zusammengeschlossen hat. Auch mit dem Mobilfunkanbieter Vodafone gibt es eine Kooperation. Damit soll das schnelle Handynetz LTE auf dem Mond verfügbar sein. Wovon sich das Telekommunikationsunternehmen eine große Werbewirkung verspricht, hat für das Start-up einen großen Nutzen. Das LTE-Netz soll es ermöglichen, Daten zwischen Rover und Alina auszutauschen. Das sei energiesparend im Vergleich zu anderen Übermittlungsmethoden.

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Weniger Gewicht, energiesparender, geringere Kosten: Darum geht es auch bei „New Space“. Hierunter werden die vielen Start-ups zusammengefasst, die in den vergangenen Jahren in der Weltraum-Branche aktiv geworden sind und sich Mittel und Wege überlegen, Raketenstarts oder Mondmissionen günstiger als bisher anzubieten. Einer der bekanntesten Vertreter ist wohl Space X. Auch wenn PT Scientists im Vergleich dazu noch recht klein ist, gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Unternehmen: Space X hat seine Zentrale in der Rocket Road, das Büro von PT Scientists liegt an der Allee der Kosmonauten.

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