Auch wenn seine Firma gar keinen Stand bei der Space Tech Expo in Bremen hat, so ist Elon Musk an vielen Stellen in der Messehalle präsent. Seitdem er SpaceX vor 15 Jahren gegründet hat, sorgt er in der Weltraumbranche immer wieder für Aufsehen; bei Auftritten wird er wie ein Rockstar gefeiert, seine Ideen rütteln teils an den Grundfesten der Industrie. Auch am ersten Tag der größten Weltraum-Fachmesse Europas war das zu spüren.
So gab es etwa eine eigene Diskussionsrunde zur Zukunft von Trägerraketen. Der Fokus: kostengünstiges Design oder Wiederverwertbarkeit? Für Letzteres ist vor allem Musk bekannt. Mit der Falcon-9-Rakete von SpaceX ist es etwa möglich, dass die erste Stufe nach dem Start und der ersten Flugphase wieder sicher auf der Erde landen kann. Im Frühjahr ist es erstmals gelungen, eine Rakete, die bereits geflogen ist, auf eine weitere Mission zu schicken. Musk nannte das damals einen „unglaublichen Meilenstein in der Geschichte des Weltalls". Und es ist ein Meilenstein, der die Kosten für Raketenstarts deutlich senken soll.
Ein Raketenstart für 135 Millionen Euro
Das wünscht sich eine ganze Branche. So kostet etwa ein einzelner Start einer Ariane-5-Rakete zirka 135 Millionen Euro. Dass das zu viel ist, hat man auch beim Raketenbauer Ariane-Group erkannt. Anstatt aber Teile der Trägerrakete zurück auf die Erde zu holen, geht das Gemeinschaftsunternehmen von Airbus und Safran einen anderen Weg: Kosteneffizientes Design, heißt der. „Wir entwerfen alles neu mit einem Blick auf die Kosten“, sagt Jürgen Ackermann, Generalsekretär von Ariane-Group am Dienstag.
Am Ende soll die Ariane 6 nur noch die Hälfte von dem Kosten, was ihre Vorgängerin kostet. Es gehe nicht mehr nur darum, die beste, sondern auch die günstigste Rakete zu bauen. Ein neues Design soll dabei helfen, genauso wie moderne Produktionsverfahren. Bauteile für die Ariane 6 entstehen etwa im 3D-Drucker, potenzielle Kunden wurden schon früh in die Entwicklung mit einbezogen. Mit Hilfe dieser Kunden sollen nur jene Dinge umgesetzt werden, die dafür nötig sind, um Fracht ins All zu bringen.
Es heißt nun also günstige Produktion gegen Wiederverwendbarkeit; Ariane gegen SpaceX. Auch wenn Musk viel Beachtung für seine Falcon-9-Rakete findet – entschieden ist dieser Kampf der Systeme längst nicht. Er ist sogar älter als Musks Weltraumunternehmen.
Triebwerk in der Luft abfangen
Eines der bekanntesten Raumfahrzeuge ist wohl das Spaceshuttle. Es konnte Menschen und Fracht ins All bringen, wieder auf der Erde landen – und musste doch nach 30 Jahren Einsatz 2011 den Betrieb einstellen. „Es war viel zu teuer“, sagt Gerd Gruppe bei der Diskussion auf der Space Tech Expo. Gruppe ist seit 2011 im Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zuständig für das Raumfahrtmanagement. Er verweist zudem darauf, die gesamten Kosten zu betrachten. Zwar würden durch die Wiederverwertung die Stückkosten sinken, gleichzeitig kämen aber andere Faktoren hinzu. So müssen die Second-Hand-Raketen etwa wieder für den nächsten Start vorbereitet werden. Außerdem sind auch die Einnahmen für den Start eine Gebrauchtrakete geringer. Als Vertreter des DLR macht er deutlich: „Wir wollen eine Trägerrakete, die ohne Subventionen durch die Öffentlichkeit auskommt.“
Welche Schwierigkeiten es bei der Wiederverwendbarkeit gibt, stellt auch Leslie Kovacs von United Launch Alliance (ULA) heraus. ULA wurde 2006 von Boeing und Lockheed Martin in den USA gegründet und bietet Starts der Delta-II-, Delta-IV- und Atlas-V-Raketen für US-amerikanische Regierungsbehörden an. Auch dieses Unternehmen setzt darauf, in Zukunft Teile ihrer Raketen wiederverwenden zu können. Konkret geht es um das Triebwerk der in Entwicklung befindlichen Vulcan-Rakete. Sobald sich die Oberstufe von der ersten Stufe getrennt habe, werde der Antrieb nicht mehr gebraucht, sagt Kovacs. Dann, so der Plan, soll das Triebwerk wieder den Weg zur Erde antreten, in die Atmosphäre eintreten und an einem Fallschirm Richtung Boden schweben. Bevor es dort ankommt werde jedoch ein Helikopter das Triebwerk in der Luft abfangen.
Zehn erfolgreiche Wiederverwendungen notwendig
Der ULA-Manager sagt aber auch: „Die erste Stufe wiederzuverwenden ist eine Herausforderung. Das echte Problem ist aber ökonomischer Natur.“ Nach seinen Berechnungen hätten sich die Mehrkosten erst nach der zehnten erfolgreichen Wiederverwendung amortisiert.
Dass die noch relativ jungen Unternehmen zu einem echten Konkurrenten werden können, dürfte den Verantwortlichen bei ULA spätestens seit April 2016 klar sein. Damals hat die US-Luftwaffe den Startauftrag für den nächsten GPS-Satelliten an SpaceX vergeben – und damit das mehr als zehn Jahre andauernde Monopol bei militärischen Starts von ULA, Lockheed und Boeing durchbrochen.