Die Klageandrohung des BUND gegen die geplante Erweiterung des Gewerbeparks "Hansalinie" an der A 1 zeigt Wirkung: An diesem Mittwoch gibt es ein Gespräch zwischen der Umweltschutzorganisation und den Behörden. Die Planung für 130 Hektar in der Arberger Marsch soll dem Vernehmen nach noch einmal verändert werden, insbesondere beim Artenschutz und beim Naturausgleich. Die Zeit drängt: Im September will die Bürgerschaft das 62 Millionen Euro teure Projekt beschließen, um damit insbesondere für die Zulieferbetriebe des Mercedes-Werks den nötigen Platz zu schaffen.
Am Montag hatte der WESER-KURIER berichtet, dass der BUND erwägt, gegen die Pläne vor Gericht zu ziehen. "Wir setzen immer noch auf Gesprächsbereitschaft, sollte das nicht fruchten, werden wir die Rechtslage prüfen und im Zweifelsfall klagen", hatte BUND-Geschäftsführer Martin Rode angekündigt. Seine Kritik richtet sich gegen den Flächenverbrauch, die Art der Kompensation und die geplante Rodung von zwei Waldstücken. Im Beteiligungsverfahren für den Bebauungsplan seien diese Bedenken vorgetragen worden, aber unberücksichtigt geblieben.
Die Position der Koalition
Auf scharfen Widerspruch stößt der BUND-Vorstoß bei der SPD: "Wir planen seit fünf Jahren, und auf den letzten Metern kommt so etwas", erklärt Volker Stahmann, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion. Er habe null Verständnis dafür, weder inhaltlich noch in der Form. "So ein Verhalten rührt an der Glaubwürdigkeit des BUND", schimpft der Abgeordnete. Naturschutz habe stets eine hohe Priorität, auch bei diesem Projekt, er sei aber nicht das alleinige Kriterium. Die verschiedenen Interessen müssten vernünftig abgewogen werden, und genau das sei passiert: "Da sind wir sattelfest."
Robert Bücking von den Grünen sieht dagegen Nachbesserungsbedarf: "An manchen Punkten der Planung hat man sich zu schlank und schnell festgelegt." Gleichzeitig müsse aber gewürdigt werden, welche Anstrengungen unternommen worden seien, um in dem Erweiterungsgebiet des Gewerbeparks neue Standards für den Klimaschutz zu setzen. Bis zu 70 Prozent der Hallendächer bekämen Fotovoltaik und die in dem Bereich bereits vorhandene Leistung durch Windkraftanlagen werde erhöht.
Beide, Stahmann und Bücking, heben hervor, von welchem Rang das Projekt ist. "Mercedes stellt um, weg vom Verbrenner, und benötigt die Fläche für seine Zulieferer", sagt der SPD-Mann. Bücking spricht von einem bedeutsamen industriellen Kern, dem Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden müssten, und die gebe es nun mal ganz wesentlich im Gewerbepark "Hansalinie" mit seiner Nähe zur Autofabrik in Sebaldsbrück.
"Gerade bei der ,Hansalinie' versuchen wir als Koalition Ökologie mit der Schaffung von Arbeitsplätzen und Gewerbeplanung stärker als zuvor in Einklang zu bringen", erklärt Ingo Tebje von den Linken. Seine Fraktion bedauere, dass diese Anstrengungen aus Sicht des BUND nicht ausreichen. Letztlich brauche das Mercedes-Benz-Werk das Gebiet für den Ausbau der E-Mobilität.
Das sagen die Behörden
Geplant wird der dritte Bauabschnitt in dem Gebiet federführend von der Bau- und Umweltbehörde. Sie bestätigte am Dienstag, dass es weitere Abstimmungen gebe, an denen der BUND beteiligt werde. "Ich möchte betonen, dass es meinem Ressort am Herzen liegt, bei der Planung den Naturschutz sehr ernst zu nehmen und eine optimale Ausnutzung des Geländes zu gewährleisten, um den bestehenden Bedürfnissen ansiedlungswilliger Unternehmen gerecht zu werden“, betont Senatorin Maike Schaefer (Grüne).
Die Planung sehe zudem vor, mehr Wald nachzupflanzen als abgeholzt werde und diese Fläche in einem grünen Korridor gemeinsam mit Gewässern und Wald aus dem zweiten Bauabschnitt zu bündeln. Der geplante neue Waldstandort habe darüber hinaus in Richtung Süden eine Anbindung an die freie Landschaft. Damit sei für sie die Kompensation begründbar. "Aber darüber werden wir sicherlich mit dem BUND noch einmal sprechen", kündigt Schaefer an. "Eine Vereinbarung zu weiteren Ausgleichsmaßnahmen unter anderem für brütende Feldlerchen und Goldammern soll zwischen uns und dem Wirtschaftsressort noch getroffen werden", so die Senatorin weiter.
Die Wirtschaftsbehörde betont, den Gewerbepark Hansalinie zu einem nachhaltigen Standort entwickeln zu wollen. Die Planungen klammerten Klimaschutz und Biodiversität also nicht aus, wie der BUND behaupte, und sie würden, anders als dargestellt, im Austausch mit den Naturschützern stattfinden. "Klar ist aber auch: Bremen braucht Gewerbegebiete, um bestehende Arbeitsplätze zu sichern, neue zu schaffen und den Wirtschaftsstandort weiterzuentwickeln", erklärt Ressortsprecherin Kristin Viezens.