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Gewerbepark Hansalinie Naturschützer rüsten gegen den Ausbau des Gewerbegebiets

Der Beirat Hemelingen und die Naturschützer sind nicht damit einverstanden, in welcher Weise der Gewerbepark Hansalinie ausgebaut werden soll. Wenn geklagt wird, könnte sich das Projekt erheblich verzögern.
08.08.2022, 05:00 Uhr
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Naturschützer rüsten gegen den Ausbau des Gewerbegebiets
Von Jürgen Hinrichs
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Es ist ein großer Happen für die Entwicklung von Gewerbeflächen in Bremen – nun könnte sich der Senat daran verschlucken: Die Naturschützer vom BUND erwägen eine Klage gegen den Plan, in der Arberger Marsch rund 130 Hektar zu bebauen. Die Fläche wäre der dritte Abschnitt des Gewerbeparks Hansalinie direkt an der Autobahn 1 und unweit vom Verkehrsknotenpunkt Bremer Kreuz. Senat und Bürgerschaft wollen nach der Sommerpause Fakten schaffen.

Abgesehen davon, dass der zuständige Beirat Hemelingen strikt gegen das 62 Millionen Euro teure Projekt ist, besteht das Risiko, sich in langwierige Auseinandersetzungen vor den Gerichten zu verstricken. „Wir setzen immer noch auf Gesprächsbereitschaft, sollte das nicht fruchten, werden wir die Rechtslage prüfen und im Zweifelsfall klagen“, kündigt BUND-Geschäftsführer Martin Rode im Gespräch mit dem WESER-KURIER an. Die Organisation hatte mit juristischen Mitteln zuletzt den Offshore-Terminal in Bremerhaven verhindert.

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Der Gewerbepark hat insbesondere für das nahe gelegene Mercedes-Werk eine große Bedeutung. Darauf weist die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) hin, die das Gebiet vermarktet. „Aber auch viele anderen Branchen – insgesamt sind mehr als 120 Unternehmen mit etwa 5000 Beschäftigten vor Ort – profitieren von der optimalen Verkehrsanbindung“, heißt es in einer Information zum Gewerbepark, die mit „Logenplatz für die Automobilwirtschaft“ überschrieben ist. Ende 2017 sei mit den Planungen für die nächste Baustufe begonnen worden: 130 Hektar in der Arberger Marsch, für die jetzt vom Parlament der Bebauungsplan verabschiedet werden soll.

„Im Beteiligungsverfahren haben wir unsere Einsprüche eingereicht; sie wurden  allesamt zurückgewiesen“, erklärt Joachim Seitz vom Vorstand des BUND. Der Naturschützer findet das empörend: „So geht‘s überhaupt nicht.“ Anders als der Senat behaupte, könne keine Rede davon sein, dass auch bei den Gewerbeflächen neuerdings mit Rücksicht auf Umwelt und Klima geplant wird. Das Gegenteil sei der Fall. Hinzu komme, dass gegen geltendes Recht verstoßen werde. Seitz macht seine Kritik an drei Punkten fest.

Flächenverbrauch

Hier wirft der BUND den Behörden vor, die Arberger Marsch in zu große Baufelder aufteilen zu wollen – mit der Folge, dass unnötig Fläche in Anspruch genommen werde, statt in die Höhe zu bauen, wie es geboten wäre. „Können wir uns das noch leisten, so viel Grund und Boden zu verbrauchen“, fragt Seitz. 130 Hektar entspricht der Größe von 182 Fußballfeldern. Sollten sie bebaut werden, hätte der Gewerbepark eine Gesamtgröße von rund 400 Hektar.

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Aus Sicht des BUND soll in dem Gebiet einfach so weitergemacht werden wie bisher: Hallen mit einem Geschoss, maximal zwei, und jeder Menge Autoparkplätze. „Natürlich ist es für die WFB einfacher, große Flächen zu vergeben“, sagt Martin Rode. Im neuen Gewerbeentwicklungsplan sei aber festgelegt, künftig höher bauen zu lassen, dieses Ziel werde auf diese Weise nicht erreicht. Dabei schreibe auch das Baugesetzbuch vor, möglichst flächensparend zu bauen.

Klimaschutz

Als positiv bewertet der BUND, dass bei den geplanten Gebäuden die Hälfte der Dächer mit Solarstromanlagen bestückt werden sollen. Diese Regelung ist in der Zwischenzeit nachgeschärft worden: „Bei einzelnen Grundstücksvergaben sind Vereinbarungen für eine mindestens 70-prozentige Fotovoltaik-Nutzung auf Dachflächen zu schaffen“, heißt es in einer Vorlage.

Gleichzeitig, kritisieren die Umweltschützer, werde Wald vernichtet, insgesamt sechs Hektar. Die rund 50.000 Bäume sind nach Angaben des früheren Besitzers vor 26 Jahren angepflanzt worden. Der BUND fordert, die beiden Waldstücke zu erhalten und sie als grüne Inseln, die Kohlenstoff binden und das Klima schützen, in die Planung zu integrieren. Die geplanten Ersatzpflanzungen könnten den Verlust nicht ausgleichen, da sie erst einmal heranwachsen müssten.

Kompensation

Den Wald nimmt der BUND als Beispiel, dass bei den Planungen zu wenig daran gedacht worden sei, möglichst schonend vorzugehen, wie es das Naturschutzrecht vorschreibe. Gleiches gelte für die Strauchhecken auf dem Areal, die streng geschützten Vogelarten Brutmöglichkeiten böten. Seitz sagt, er sei regelrecht schockiert, wie wenig Kompensation es dafür gäbe. Die Fläche für das Gewerbegebiet sei als Natur zu gering bewertet worden, der Ersatz dafür dagegen zu hoch. Rechtlich sei das unzulässig. BUND-Geschäftsführer Rode empfiehlt der Stadt, deutlich nachzubessern, andernfalls werde seine Organisation ein Normenkontrollverfahren anstrengen.

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