Zahlreiche Mieter in Bremen wollen gegen das Wohnungsunternehmen Vonovia klagen. Nach Angaben des Bremer Mietrechtsanwalts Valentin Weiß hat er allein 30 Mandanten, für die er vor dem Amtsgericht bereits Klage eingereicht hat oder dies noch tun wird. Die Zahl der Kläger in ganz Bremen könnte also entsprechend höher liegen. Auch der Bremer Mieterverein hat täglich mit Fällen bezüglich Vonovia zu tun, der in der Stadt knapp 12.000 Wohnungen gehören. In der Mehrzahl geht es um mangelnd berechnete Kostenumlagen nach einer energetischen Modernisierung. Außerdem wollen die Mieter gegen mangelnde Transparenz bei den Nebenkostenabrechnungen vorgehen.
Was den Klagewillen der Mieter stärkt, ist ein aktuelles Urteil des Bremer Landgerichts. Die Richter der Ersten Zivilkammer haben eine Mieterhöhung für nicht rechtens erklärt. Konkret ging es sowohl um eine Instandhaltung als auch um eine energetische Modernisierung in einem Wohnhaus an der Grenze vom Viertel zum Peterswerder. Danach ist es dem Hauseigentümer gesetzlich erlaubt, elf Prozent der entstandenen Kosten für die energetische Modernisierung auf die Jahresmiete umzulegen. Die Bundesregierung ist gerade dabei, diese elf Prozent auf acht Prozent zu senken. Verboten ist es, übliche Instandhaltungskosten in die energetische Modernisierung mit hineinzurechnen. Wer das als Vermieter tut, rechnet damit die Gesamtsumme für die energetische Modernisierung hoch.
Bei Objekten im Viertel und auf dem Peterswerder, die früher der Beamten-Baugesellschaft Bremen (BBG) gehörten, kann das bezogen auf die Kaltmiete rechnerisch eine Erhöhung um 40 Prozent bedeuten. Im konkreten Urteil bezeichnete die Erste Zivilkammer des Bremer Landgerichts (AZ: 1 S 282/17 und 6 C / 353/16 Amtsgericht Bremen) die Angaben für die Mieterhöhung als nicht hinreichend. In der Urteilsbegründung heißt es dazu: „Die Erklärung muss so ausgestaltet sein, dass eine überschlägige Überprüfung des verlangten Mehrbetrages dem Mieter ohne besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Rechnungsprüfung und ohne Einsicht in die Belege möglich ist. (...) Nicht ausreichend ist die bloße Angabe eines Gesamtbetrages.“ Sanierung und Modernisierung seien klar voneinander zu trennen.
Mieter beratschlagen über weiteres Vorgehen
Nun sehen Mieter der genannten Wohnanlage dieses Urteil für sich als Blaupause, aber auch die Bewohner anderer Vonovia-Objekte. Etwa 50 Mieter haben sich gerade erst getroffen, um das weitere Vorgehen zu beratschlagen. Vonovia-Sprecher Max Niklas Gille sagte dem WESER-KURIER: „Es handelt sich hier um eine Einzel-Entscheidung zu einem individuellen Fall. Das Urteil werden wir genau prüfen, wenn es mit den ausführlichen Urteilsgründen bei uns eingegangen ist. Natürlich ist es immer unser Ziel, Rechtsstreitigkeiten mit unseren Mietern zu vermeiden.“
Eine Vonovia-Mieterin verlangt seit drei Jahren vergeblich nach einer detaillierten Aufschlüsselung der Nebenkosten. Ein anderer Mieter sagte: „Wir als Klagende sind ja nur ein kleiner Prozentsatz. Aber bei Vonovia-Kunden, die Hartz IV beziehen, werden die Erhöhungen oft aus Zeitmangel vom Sachbearbeiter im Jobcenter sofort abgesegnet.“ Am Ende gehe das also auf Kosten der Steuerzahler. Auch Kornelia Ahlring, Geschäftsführerin vom Bremer Mieterverein, meint, dass viele Betreuer in ähnlichen Fällen die Erhöhungen nicht ausreichend hinterfragen. Klagewillige könnten nicht auf die Möglichkeit der Sammelklage hoffen, die ab November in Kraft tritt. Ahlring erläutert: „Die Mieter müssen nach derzeitigem Stand auch weiterhin einzeln klagen.“ Die generelle Absenkung der Modernisierungsumlage auf acht Prozent sieht die Juristin außerdem als „Tropfen auf den heißen Stein.“
Das Bauressort kann Vonovia als Privatunternehmen keine Vorschriften machen. Es steht aber in regelmäßigem Kontakt zum Unternehmen, es gibt mindestens zwei Treffen pro Jahr. Vor zwei Wochen war Vonovia-Finanzvorstand Klaus Freiberg da. Angesprochen wurde die soziale Verantwortung gegenüber den Mietern, aber auch die Kostenübernahme von Wohnleistungen, beispielsweise für Hartz-IV-Empfänger. Auch ging es um die Präsenz von Hausmeistern vor Ort. Auch das kritisiert eine Vonovia-Mieterin: „Für den Hausmeister zahle ich mit meinen Nebenkosten. Gesehen habe ich den im vergangenen Jahr nie.“