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Autobahnausbau Die A 27 braucht keine sechs Spuren

Seit Jahren steht der sechsspurige Ausbau der A 27 auf einer Liste der wichtigsten Verkehrsprojekte - nun soll es ganz schnell gehen. Doch eigentlich hat das Projekt dort nichts verloren, meint Christoph Barth.
25.10.2023, 05:00 Uhr
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Die A 27 braucht keine sechs Spuren
Von Christoph Barth

Die Handelskammer Bremen gilt gemeinhin nicht als Organisation, die sich dem Bau neuer Straßen und Autobahnen leichtfertig verweigern würde. Beim Thema Ausbau der A 27 jedoch winkt man im Schütting ab: keine Top-Priorität, heißt es. Trotzdem hat es die Verbreiterung der Blocklandautobahn auf sechs Spuren in ein Gesetz geschafft, das der Bundestag in der vergangenen Woche beschlossen hat. Und manch einer in Bremen fragt sich, wie es ein mäßig bedeutsames Projekt so weit bringen konnte.

Das „Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich“ bietet dem durchschnittlich interessierten Leser eine Lektüre, die ungefähr so aufregend ist, wie der Titel vermuten lässt: In elf Paragrafen geht es darum, welche Paragrafen in anderen Gesetzen geändert werden müssen, um am Ende schneller eine Autobahn verbreitern oder ein neues Gleis verlegen zu können. Kein Lesestoff fürs Sofa, aber in der Gesetzgebung ist es wie bei der Wurstproduktion: Man guckt nicht so gerne zu – entscheidend ist, was hinten rauskommt. Und das ist in diesem Fall ein Gesetz, von dem der Bundesverkehrsminister sagt, es sei „ein Versprechen“ – nämlich das Versprechen, „dass Wachstum, Wohlstand und Teilhabe auch in Zukunft in Deutschland möglich sind“. Darunter macht es der FDP-Mann Volker Wissing offenbar nicht.

Das Gesetz soll zum einen den Ausbau des Schienennetzes beschleunigen, sonst hätte es der grüne Koalitionspartner wohl kaum mitgetragen. Aber auch eine Reihe von Autobahnprojekten soll davon profitieren: Es geht ausdrücklich nicht um den Bau neuer Autobahnen, sondern um die Beseitigung von „Engpässen“ an vorhandenen Strecken. Die Verbreiterung dieser Abschnitte wird per Gesetz zum „überragenden öffentlichen Interesse“ erklärt, was den Planungs- und Genehmigungsprozess abkürzen soll.

Liste mit 138 Projekten

Welche Autobahnabschnitte das sind, steht in einer Liste im Anhang des Gesetzes: 138 Projekte, die Hälfte in Nordrhein-Westfalen. Der Norden ist nicht sehr zahlreich vertreten: Ein halbes Dutzend Autobahnabschnitte in Niedersachsen hat es auf die Liste geschafft – und die A 27 zwischen dem Autobahnkreuz Bremen und der Anschlussstelle Überseestadt. Zurzeit hat die Autobahn dort vier Fahrspuren; zwischen Überseestadt und Bremen-Nord wurde sie bis Ende 2005 bereits auf sechs Spuren erweitert.

Die Liste hat man sich im Bundesverkehrsministerium nicht einfach ausgedacht. Grundlage sind die Projekte, die die Bundesländer für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet haben. Der Ausbau des 15 Kilometer langen Abschnitts der A 27 steht dort seit 2013 als „vordringlicher Bedarf“ – zu damals geschätzten Baukosten von gut 44 Millionen Euro. Die erwarteten Zuwächse im Hafenumschlag und der entsprechende Lkw-Verkehr ließen den Ausbau geraten erscheinen.

Tatsächlich jedoch ist der Hafenumschlag gesunken. Gegenüber dem Rekordjahr 2012 verlor etwa die Stromkaje ein Drittel ihres Containerumschlages. Mit Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe will sich Bremen gegen den Abwärtstrend stemmen und verlorene Marktanteile zurückgewinnen. Aber ob sich der Welthandel angesichts der aktuellen Fronten und Blöcke so bald in neue Rekordhöhen aufschwingen wird, darf bezweifelt werden.

Autobahnring ab 2029

Gegenwärtig jedenfalls – da sind sich sogar Greenpeace und Handelskammer einig – stellt die A 27 keinen Engpass dar. Zu Stoßzeiten und bei Störungen auf der A 1 herrscht mal dichter Verkehr, aber auf welcher Stadtautobahn wäre das nicht so? Zudem ist mit dem Lückenschluss zur A 281 über den geplanten Wesertunnel bei Seehausen Entlastung in Sicht: Ab Ende der 2020er-Jahre verfügt Bremen über einen Autobahnring, auf dem sich die Stadt links oder rechts herum umfahren lässt. Eine sechsspurige A 27 braucht es dafür nicht.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Die Handelskammer hat durchaus ein paar Ideen, wo neue Fernstraßen in und um Bremen nötig wären – eine achtspurige A 1 etwa, die Küstenautobahn A 20 oder eine neue B 6 zwischen Huckelriede und Brinkum. Der Konfliktstoff geht Wirtschaftsverbänden und Umweltschützern also nicht aus. Die A 27 jedoch kann von der Liste gestrichen werden.

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