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Fragen an Bremer Experten Wie verlässlich ist die Software in Autos?

Ein Tritt auf die Bremse, doch das Auto beschleunigt: ein Albtraum. Es soll mehrere solcher Fälle gegeben haben. Ob menschliches Versagen oder Softwarefehler die Ursachen dafür waren, wird derzeit untersucht.
13.09.2024, 05:49 Uhr
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Wie verlässlich ist die Software in Autos?
Von Peter Hanuschke
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Der Tritt auf die Bremse zeigt keine Wirkung. Das Fahrzeug beschleunigt sogar – ein Horror für jeden Autofahrer. Solche Vorfälle sollen vor Jahren in den USA vorgekommen sein. Im Mittelpunkt der Ermittlungen standen dabei Modelle von Tesla. Der „Spiegel“ berichtet unter der Überschrift „Hilfe, mein Auto spinnt“ aktuell von einem Fall in Deutschland mit einem VW-Elektroauto und erwähnt weitere Beiträge von E-Auto-Fahrern in Internetforen, die Ähnliches erlebt haben wollen. Ob ein Zusammenhang zwischen den Assistenzsystemen in den Fahrzeugen und möglichen Softwarefehlern besteht – unabhängig der Antriebsform – darüber gibt es unterschiedliche Meinungen.

Worum geht es bei dem aktuellen Fall?

Laut „Spiegel“-Bericht fuhr die 41-jährige Fahrerin mit ihrem VW ID.3 von der Autobahn ab, steuerte eine Kreuzung an in der sogenannten Kriechfunktion – das ID-Modell fährt in dieser Einstellung etwa fünf Stundenkilometer und fast selbstständig –, dann passierte es: Vor ihr stand ein Auto. Die Fahrerin sagt laut dem Magazin, dass sie auf die Bremse getreten habe, der VW beschleunigte aber, prallte gegen den Wagen, der in zwei weitere Fahrzeuge geschoben wurde.

Wie bewertet VW den Unfall?

Für Volkswagen ist der Fall klar: Der Hersteller geht von menschlichem Versagen aus und bezieht sich auf den Unfalldatenspeicher. Demnach soll die Fahrerin das Strompedal voll durchgedrückt haben. Die Fahrerin hält an ihrer Version fest, dass der Tritt auf die Bremse keinerlei Wirkung zeigte. Für Untersuchungen hatte sie ihren Wagen VW monatelang zur Verfügung gestellt. Sie fragt sich vor allem auch, weshalb der Notbremsassistent gar nicht reagiert hatte.

Sind E-Autos häufiger wegen Softwareproblemen in Werkstätten?

„Uns liegen bislang keine Fragen von Kunden bezüglich häufiger technischer beziehungsweise elektronischer Probleme bei E-Fahrzeugen vor“, heißt es seitens des Landesverbands des Kfz-Gewerbes Niedersachsen-Bremen. Zum Fall selbst sagte der Verband, dass sich das Kraftfahrtbundesamt (KBA) eingeschaltet habe und man das Ergebnis abwarten müsse.

Was sagt der ADAC Weser-Ems?

„Generell steigt die Bedeutung von Software in modernen Fahrzeugen – unabhängig vom Antrieb“, sagt Nils Linge, Sprecher vom ADAC Weser-Ems. „Etwaige Softwareprobleme betreffen häufig das Infotainmentsystem wie Navigation oder Radio, aber auch Assistenzsysteme oder Komfortfunktionen wie Einparkhilfe oder Klimaanlage sind mitunter betroffen.“ Es seien von Mitgliedern Fälle gemeldet worden, bei denen nach Aussage der betroffenen Fahrer Elektrofahrzeuge der Marken VW und Cupra bei Rangier- und Einparkvorgängen von selbst beschleunigt hätten, ergänzt der ADAC München. Der Automobilclub kann sich noch nicht abschließend äußern, ob es sich dabei um ein technisches Problem oder einen Bedienfehler handelt. „Sowohl mit dem Volkswagen-Konzern als auch mit dem KBA stehen wir in der Angelegenheit in engem Kontakt.“

Gibt es ähnliche Vorfälle bei anderen Herstellern?

„Bei uns sind keine Fälle bekannt, bei dem ein batterieelektrisch angetriebenes Fahrzeug durch einen technischen Fehler selbstinitiiert beschleunigt hat“, sagte ein Sprecher von Mercedes auf Nachfrage des WESER-KURIER. Grundsätzlich könne eine „plötzliche unbeabsichtigte Beschleunigung“ auf eine Kombination menschlicher Faktoren zurückgeführt werden. Dazu gehöre unter anderem die Verwechslung von Fahr- und Bremspedal: Dieser einfache Fehler, vor allem unter Stress, könne zu einer plötzlichen Beschleunigung führen. „Gerade bei Fahrzeugen mit batterieelektrischem Antrieb kann schon eine leichte Betätigung des Fahrpedals dazu führen, dass das Fahrzeug enorm beschleunigt.“ Dies sei oft ein großer Unterschied zum Beschleunigungsverhalten bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.

Was ging bei dem Tesla-Unfall schief?

In den USA, berichtet der „Spiegel“, kam es vor vier Jahren zu ähnlichen Fällen. „Rund 230-mal sollen Elektroautos von Tesla von allein stark beschleunigt haben. Es kam zu mehr als 200 Unfällen.“ Bei einem Unfall mit Todesfolge 2018 soll Teslas Assistenzsystem Autopilot in den letzten Sekunden beschleunigt haben. Vor dem Aufprall seien keine Brems- oder Ausweichmanöver festgestellt worden, erklärte die US-amerikanische Verkehrssicherheitsbehörde NTSB damals. Tesla betonte stets, dass Autopilot lediglich ein Assistenzsystem sei und die Fahrer immer den Überblick und die Kontrolle über das Fahrzeug behalten müssten. Vor dem Unfall war Autopilot die letzten knapp 19 Minuten ohne Unterbrechung aktiv gewesen, wie aus dem NTSB-Bericht hervorgeht.

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