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Medikamentenmangel Bremer Apothekerkammer: Engpass bei bestimmten Antibiotika

Es gibt nach wie vor Versorgungsengpässe bei Medikamenten. Die Bremer Apothekerkammer tut alles, damit der Lieferengpass nicht zum Problem von Patienten wird.
22.07.2024, 05:00 Uhr
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Bremer Apothekerkammer: Engpass bei bestimmten Antibiotika
Von Peter Hanuschke

Der seit Jahren zu beobachtende Medikamentenmangel hält an. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte meldet momentan Knappheit bei 456 Medikamenten – im vierten Quartal 2023 lag die Zahl bei 500. Es kann also passieren, dass das eine oder andere verschriebene Antibiotikum momentan nicht erhältlich ist. Wer ohne die notwendigen Arzneien in den Urlaub fährt, sollte zumindest sein Rezept mitnehmen, um es bestenfalls in einer Apotheke am Urlaubsort einzulösen zu können. Aus Sicht der Bremer Apothekerkammer ist die Versorgungslage nach wie vor unbefriedigend und unbeständig.

Bei welchen Medikamenten gibt es besonders große Engpässe?

„Im Augenblick sind das bestimmte Antibiotika, wie beispielsweise Amoxicillin“, sagt Klaus Scholz, Vorsitzender der Bremer Apothekerkammer. „Es mangelt außerdem an bestimmten Impfstoffen, sodass Impfungen verschoben werden müssen.“ Das gelte unter anderem für Vakzine gegen Tollwut sowie für den Diphtherie-, Tetanus- und Keuchhusten-Schutz. Zudem seien Medikamente zu Behandlung von Diabetes betroffen, wie Trulicity und Ozempic.

Wie lässt sich die Versorgungslage beschreiben?

„Ist ein Engpass aufgelöst, hat sich an anderer Stelle ein neuer ergeben – eine unbefriedigende Situation für alle Beteiligten“, so Scholz. „Wir müssen veranlassen, sofern ein Engpass vorliegt, dass auf wirkstoffgleiche Mittel anderer Hersteller ausgewichen wird, mit Ärzten Rücksprache halten, um die Verschreibung zu ändern oder Beschaffungsprozesse aus dem Ausland in Gang setzen. So haben wir in den letzten Jahren die Versorgung aufrechterhalten können und gleichzeitig ist das als Dauerzustand nicht akzeptabel.“

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Warum gibt es in anderen EU-Ländern Medikamente, die in Deutschland fehlen?

Das könne verschiedene Gründe haben, so Scholz. So gebe es Länder, die Exportverbote für einmal importierte Medikamente erlassen und so versuchten, Engpässe zu vermeiden. „Dann spielen die Preise eine Rolle, die Hersteller für ihre Produkte am Markt erzielen können.“ Hier habe das Bundesgesundheitsministerium stellenweise versucht nachzusteuern, dennoch sei die Tiefpreispolitik der Krankenkassen ein Grund, warum Medikamente hier nicht beschafft werden könnten. Dazu kämen nicht planbare Gründe wie erhöhte Nachfragen.

Ist ein Rezept auch im Ausland gültig?

„Ein von einem Arzt in einem EU-Land ausgestelltes Rezept ist in allen anderen EU-Ländern gültig“, informiert „Your Europe“ – eine Website der EU. Allerdings sei ein verschriebenes Arzneimittel in einem anderen Land möglicherweise nicht oder nur unter einem anderen Namen verfügbar. „Wer sich nicht genau auskennt und aufmerksam ist, kann Fälschungen auf dem Leim gehen“, teilt die Bremer Apothekerkammer mit. „Insofern empfehlen wir, sich zu Hause in einer Apotheke beraten zu lassen und darauf zu vertrauen, dass die Apotheken alle Hebel in Bewegung setzen werden, um zu helfen und einen Lieferengpass nicht zum Problem von Patienten werden zu lassen.“ Grundsätzlich sollten Medikamente im Urlaub ausschließlich in Apotheken gekauft werden, um das Mitbringen von gefälschten Präparaten zu vermeiden, rät die Vergleichsplattform Apomio. Das gelte vor allem für Präparate, die in Deutschland als rezeptpflichtig gelten, aber in manchen Ländern frei erhältlich seien.

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Sind Medikamente im Ausland günstiger?

Bei Medikamenten, die ohne Rezept erhältlich sind, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie günstiger sind: Laut einer Studie des britischen Gesundheitsunternehmens Medbelle sind Medikamente in Deutschland nach den USA am teuersten.

Ist das Rezept in der EU überall gleich lange gültig?

Arzneimittel werden laut „Your Europe“ im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften ausgegeben, die unterschiedlich sein können. In Tschechien etwa müssen Rezepte innerhalb von 14 Tagen eingelöst werden. Das deutsche Rezept für gesetzlich Krankenversicherte ist im Regelfall für 28 Tage gültig, wenn die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Sinnvoll sei grundsätzlich die Mitnahme einer Druckversion des Rezepts, weil die elektronische Version eventuell nicht außerhalb des Heimatlands anerkannt werde.

Was könnte die Situation verbessern?

Der Medikamentenmangel in der EU könnte zum Dauerzustand werden, so eine Untersuchung der britischen Denkfabrik Nuffield Trust. Die EU will deshalb ihre Lieferketten breiter aufstellen und sich unabhängiger von asiatischen und indischen Lieferanten machen. Eine Chance könnte das seit vielen Jahren verhandelte Abkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay sein.

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