Am Montag sind die Lichter bei Karstadt in Bremen bereits am Mittag ausgegangen. Ein früher Feierabend für die Beschäftigten, aber aus traurigem Anlass: Die Filiale soll zum 31. Januar kommenden Jahres schließen. Sie gehört zur Streichliste von Galeria-Karstadt-Kaufhof. Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern will nach Angaben des Gesamtbetriebsrats 52 der noch verbliebenen 129 Häuser dichtmachen. Dass Bremen dabei ist, kommt überraschend, der Standort galt bisher als sicher. Schließen soll auch die Niederlassung in Oldenburg.
Betriebsrat sieht große Betroffenheit in der Belegschaft
Die 231 Beschäftigten der Filiale in der Bremer Obernstraße sind während ihrer Schicht vom Arbeitgeber über die Pläne informiert worden. Im Anschluss gingen sie in Absprache mit der Unternehmensleitung nach Hause. Nach Darstellung des örtlichen Betriebsrats herrscht in der Belegschaft große Betroffenheit. Das Warenhaus galt lange Zeit als so gut aufgestellt, dass es von den geplanten Schließungen ausgenommen werden sollte. Nun die Wendung, das drohende Aus. Mit den Geschäften an dem Standort soll das weniger zu tun haben, sie laufen offenbar recht gut und bieten Chancen für einen Weiterbetrieb. Der Knackpunkt sind die unterschiedlichen Vorstellungen von Galeria-Karstadt-Kaufhof als Mieter und dem Bremer Unternehmer Kurt Zech als Vermieter.
Zum Hintergrund: Der Warenhaus-Konzern hatte Ende Oktober ein weiteres Mal Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Miguel Müllenbach die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute. Galeria-Generalbevollmächtigter Arndt Geiwitz zeigte sich zuletzt zuversichtlich, dass es noch eine Perspektive für den Konzern gebe. „Ich bin davon überzeugt, dass die Galeria-Warenhäuser eine Zukunft haben, wenn auch nicht in ihrer derzeitigen Form“, betonte der Sanierer.
Den Häusern auf der Streichliste wird das wahrscheinlich nicht mehr helfen. „Insgesamt fallen weit über 5000 Arbeitsplätze weg“, berichteten die Arbeitnehmervertreter des Unternehmens. „Dies ist ein rabenschwarzer Tag“, betonte der Gesamtbetriebsrat.
Sabine Dziadek, Vorsitzende des Betriebsrats der Bremer Filiale, ist wie die gesamte Belegschaft von der Entscheidung überrumpelt worden: "Wir haben mit allem gerechnet, aber nicht mit der Schließung", sagte Dziadek im Gespräch mit dem WESER-KURIER. Das Bremer Haus gehöre zu den größeren im Konzern und habe gute Ergebnisse abgeliefert. Nach der Corona-Krise seien die Geschäfte wieder ordentlich angelaufen. "Offenbar hat es bisher aber noch keine Einigung mit dem Vermieter gegeben, für so etwas braucht man ja immer zwei Unterschriften."
Bremer Politik will sich in Gespräche einschalten
Dziadek will sich noch nicht geschlagen geben: "Ich kämpfe für diese Filiale, solange, bis mir jemand die Hoffnung nimmt." Am Dienstag werde es zu Arbeitsbeginn eine weitere Betriebsversammlung geben. So wie Karstadt in Bremen am Montag früher geschlossen hat, wird es am Dienstag etwas später öffnen, weil sich die Beschäftigten zunächst beraten wollen und auf weitere Informationen hoffen, wie die Betriebsratsvorsitzende sagt.
Mit Unverständnis haben Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) auf die Entscheidung der Essener Konzernzentrale reagiert. Die Bremer Karstadt-Filiale habe dank der guten Standortbedingungen und der damit verbundenen Umsatzerwartungen durchaus eine Fortführungsperspektive.
"Ich bedaure sehr, dass es bislang keine Einigung zwischen den Eigentümern des Warenhauskonzerns und der Immobilie gegeben hat", sagte Bovenschulte, "im Sinne des Galeria-Kaufhof-Standortes und im Sinne der Beschäftigten fordere ich die Beteiligten auf, sich schnellstmöglich zusammenzusetzen und doch noch eine Perspektive für den Standort Bremen zu finden." Der Senat stehe – wie in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit auch – zur Unterstützung bereit. "Es muss verhindert werden, dass der Standort geschlossen wird", so der Bürgermeister.
"Karstadt hat in unseren Gesprächen keinen Zweifel daran gelassen, dass Bremen ein tragfähiger Standort ist und das auch künftig sein kann. Deshalb bin ich von der negativen Entwicklung überrascht", erklärte Vogt. Zum einen gehe es um Arbeitsplätze, zum anderen sei die Filiale ein wichtiger Bestandteil des Bremer Zentrums. "Darum ist es jetzt wichtig, dass die Karstadt-Eigentümer und Kurt Zech zeitnah zusammenkommen", betonte die Senatorin. Die Zech-Stiftung wollte auf Anfrage nicht Stellung nehmen. Nach Informationen des WESER-KURIER möchte Karstadt in Bremen einen Teil seiner Verkaufsflächen loswerden, schafft das aber nicht so ohne Weiteres, weil der Mietvertrag noch ein paar Jahre Laufzeit hat. Gleichzeitig soll es um die Übernahme von Investitionskosten gehen.