Es ist Mittwoch, Halbzeit für den Astronautenkongress, als der Chefingenieur von SpaceX ins Erzählen kommt. Was der größte Erfolg in der Geschichte seiner Firma gewesen ist, sei er mal gefragt worden. Nun könnte man bei SpaceX an viele Durchbrüche denken, etwa daran, dass das Unternehmen es als erstes überhaupt geschafft hat, wiederverwertbare Raketen zu bauen.
Hans Koenigsmann überrascht seine Zuhörer jedoch mit einer anderen Antwort: „Der größte Erfolg war wohl, dass wir Menschen wieder begeistert und dazu gebracht haben, sich Raketenstarts anzuschauen.“ Es sind solche Momenten, in denen der International Astronautical Congress (IAC) gezeigt hat, dass es zwei Seiten der Raumfahrt gibt. Es gibt das Höher-Schneller-Weiter, die Raketen, die Technik und dann sind da noch die Emotionen.
Vor fast 50 Jahren sind die ersten Menschen auf dem Mond gelandet und viele derer, die heute in der Raumfahrtindustrie das Sagen haben, sind durch diese Bilder nachhaltig inspiriert worden. Nun, das hat vor allem der Public Day des IAC am Mittwoch deutlich gemacht, kommt diese Begeisterung auch in der nächsten Generation an. Raumfahrt ist wieder cool – auch weil sie jeden betrifft. Das war die Botschaft der vergangenen fünf Tage.
Es ist selten, dass eine reine Fachmesse einen großen Teil einer Stadt, aber auch die Branche gleichermaßen anspricht. „Wir sind begeistert über das herausragende Interesse mit mehr als 6000 Kongressteilnehmern und auch der Publikumstag war ein voller Erfolg“, sagt etwa Oliver Juckenhöfel, Leiter des Bremer Standortes von Airbus Defence and Space.
Durch Aktionen in der Öffentlichkeit, etwa der Präsentation der Orion-Kapsel vergangenes Wochenende auf dem Marktplatz, habe er gemerkt, wie gut die Bremer über die Weltraumpläne des Unternehmens Bescheid wüssten. Auch mit dem geschäftlichen Teil der Messe war Juckenhöfel zufrieden: „Wir hatten unsere Freunde und Geschäftspartner für eine Woche um uns herum – und das könnten wir das ganze Jahr so haben.“
Wichtige Unternehmen der Branche waren vertreten
In der Tat waren fast alle wichtigen Vertreter der Raumfahrtbranche an mindestens einem Tag der Woche auf dem IAC. Von Pascale Ehrenfreund, der Chefin des Deutschen Instituts für Luft- und Raumfahrt, über den Esa-Generaldirektor Jan Wörner bis hin zum Nasa-Chef Jim Bridenstine. Auch die wichtigen Unternehmen der Branche waren vertreten – entweder mit einem Stand in der Ausstellung oder durch einen der mehr als 2000 Vorträge.
Viele Branchenvertreter haben das genutzt, um sich zu vernetzen und auszutauschen. „Ariane Group hat auf dem IAC alle Entscheider aus Politik, Administration, Industrie getroffen, die den unabhängigen wettbewerbsfähigen Zugang Europas zum Weltraum bestätigt haben“, sagt auch Matthias Spude vom Raketenbauer Ariane Group. Der IAC sei „die perfekte Visitenkarte für die Raumfahrt in Bremen, in Deutschland und in Europa“ gewesen.
Wenn man die fünf Tage IAC in einem Wort zusammenfassen müsste, es wäre wohl „Mond“. Egal, an welchem Stand man geschaut hat, welchem Vortrag man zugehört hat: Immer war irgendwie der Erdtrabant mit im Spiel. „Es ging in diesem Jahr sehr stark konkret um die Frage, was die nächsten Ziele in der Raumfahrt sein sollen“, sagt Marco Fuchs, Chef des Bremer Satellitenbauers OHB. „Und da hat sich meiner Beobachtung nach sehr viel rund um den Mond abgespielt, was ich sehr begrüße.“
Höhepunkte für OHB seien unter anderem die beschlossene Kooperation mit der US-Firma Blue Origin und der Vertragsabschluss mit der europäischen Raumfahrtagentur zur Plato-Mission gewesen, bei der erdähnliche Planeten gesucht werden sollen. „Ich persönlich fand es sehr interessant, den neuen Nasa-Administrator Jim Bridenstine näher kennenzulernen“, sagt Fuchs.
Nächstes Jahr in Washington
Dass all diese Erlebnisse und Eindrücke möglich wurden, dafür hat das Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (Zarm) gesorgt. Hier wurde der Weltraumkongress die vergangenen Jahre vorbereitet. Marc Avial, Direktor des Zarm, ist mit der Arbeit zufrieden: „Für Bremen als Gastgeberstadt und für das Zarm als Ausrichter war der Kongress ein voller Erfolg. Durch unser Motto 'Involving Everyone' ist der IAC für alle Beteiligten zu einer wertvollen Erfahrung geworden, die die Raumfahrt-Community nachhaltig prägen wird.“
Vor allem eine Zahl wird länger in Erinnerung bleiben: 6500. So viele Teilnehmer hatte der IAC in Bremen – und damit so viele, wie noch nie zuvor. Hinzu kommen noch einmal 13 000 Besucher, die den Tag der offenen Tür genutzt haben, um sich die Ausstellung anzuschauen und bei der Live-Schalte mit dem deutschen Astronauten Alexander Gerst dabei zu sein.
Im kommenden Jahr – dem 50. Jubiläum der Mondlandung – wird der IAC in Washington D.C. stattfinden. Dann kommt die Branche wieder zusammen. Der Mond wird dann noch immer mehr als 300 000 Kilometer von der Erde entfernt sein. Die Menschheit dürfte ihm bis dahin aber wieder ein Stück näher gekommen sein.