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Astronautenkongress in Bremen Kunst über das Weltall soll Interesse an der Raumfahrt steigern

Bilder aus fernen Welten entstehen oft in den Köpfen von Künstlern. Ihre Werke sind ein wichtiger Beitrag, wenn es darum geht, den Weltraum zu verstehen. Es ist eines der Themen auf dem Astronautenkongress in Bremen.
04.10.2018, 20:36 Uhr
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Kunst über das Weltall soll Interesse an der Raumfahrt steigern
Von Stefan Lakeband

Viel Grün, viel Glas und weiße Wände: So sollte die Nachbarschaft der Zukunft aussehen – und war damit kaum anders als eine Siedlung der Gegenwart. Wäre da nicht ein winziges Detail gewesen: Die Häuser waren Teil einer runden Siedlung, mitten im Weltraum. In den 1970er-Jahren hat die amerikanische Weltraumagentur Nasa Studien in Auftrag gegeben, wie sich Künstler eine menschliche Weltraumkolonie vorstellen. Das Ergebnis unterscheidet sich stark von dem, was heute als technisch möglich und erforderlich angesehen wird.

Auch wenn neue Planeten entdeckt werden oder Asteroiden der Erde näher kommen, gibt es Bilder. Die meisten sind Illustrationen und keine exakten Darstellungen. Wie genau es beispielsweise auf dem Exoplaneten Trappist-1d, 39 Lichtjahre von der Erde entfernt, aussieht, weiß niemand. Dass es dennoch Bilder gibt, liegt an der Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Künstlern. Die Forscher geben die wenigen Daten, die sie haben, weiter, damit Grafiker und Illustratoren daraus ein Bild machen können.

Diese recht freie Annäherung hat einen simplen Grund: „Würden wir das nicht machen, würden sich manche Menschen vielleicht gar nicht erst mit dem eigentlichen Thema beschäftigen“, sagt Robert Hurt, der für die Nasa genau solche Bilder macht. „Viele wissenschaftliche Bilder haben die Art beeinflusst, wie wir das Weltall wahrnehmen“, sagt Bernard Foing, Esa-Wissenschaftler, Professor an der Freien Universität Amsterdam und Mitglied im Ausschuss für die kulturelle Nutzung des Weltraums bei der International Astronautical Federation.

Weltraum als Teil der Popkultur

Damit meint er die wissenschaftlichen Illustrationen, aber auch Bilder des Alltags. Foing sieht vor allem die 60er- und 70er-Jahre als Hochzeit an. „Damals war der Weltraum ein Teil der Popkultur.“ Der erste Star-Wars-Film kam beispielsweise Ende der 70er-Jahre in die Kinos, die britische Science-Fiction-Serie Doctor Who feierte 1963 Premiere, sechs Jahre später brachte David Bowie das Album „Space Oddity“ raus.

Filme, Serien, aber auch Musik haben eine ganze Generation beeinflusst. Jetzt vermisse er diesen Einfluss aber, so Foing am Rande des International Astronautical Congress in Bremen. „Der Weltraum ist jetzt präsenter denn je in unserem Leben. In der Populärkultur kommt er aber kaum noch vor.“ Der Franzose will das ändern: „Die Erforschung des Weltraums befindet sich in einer Renaissance. Daher müssen Wissenschaftler und Künstler enger zusammenarbeiten.“ Sie müssten einander verstehen, um aufzuklären.

„Beim Weltraum geht es nicht nur um Technik und Wissenschaft. Es geht um die gesamte Menschheit“, sagt Foing. Um das zu vermitteln, wünscht sich Foing mehr Kunst mit Bezug zum All, die in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Sein Wunsch könnte sich bald erfüllen: Mitte November will der US-Künstler Trevor Paglen seinen Orbital Reflector ins All schicken, einen Satelliten, der nichts kann, außer da zu sein. Mit einer Rakete von SpaceX soll er ins All gebracht werden, wo sich ein 30 Meter langer, diamantenförmiger Ballon öffnen soll. Dessen spiegelnde Oberfläche soll Sonnenlicht auch auf die Schattenseite der Erde werfen.

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Der Satellit ist als „rein künstlerische Geste“ gemeint und „dient keinen militärischen, kommerziellen oder wissenschaftlichen Zwecken“, heißt es in einem Video zum Projekt. „Es ist in vielfacher Weise das Gegenteil jedes Satelliten, der je in die Umlaufbahn gesetzt wurde.“ Paglan will mit der Aktion dazu ermuntern, mit „neuer Verwunderung in den Nachthimmel zu blicken, unseren Platz im Universum zu prüfen und neu darüber nachzudenken, wie wir auf diesem Planeten zusammenleben.“

Mehr als 1800 Satelliten kreisen nach Angaben der Vereinten Nationen um den Planeten. Sie sammeln Wetterdaten, helfen beim Navigieren oder spionieren feindliche Ziele aus. Für Kritiker ist Paglens Spiegelballon daher nicht mehr als Weltraumschrott. Auf Twitter schrieb Esa-Wissenschaftler Mark McCaughrean: „Dieses Projekt steuert nichts bei, was wir nicht schon haben.“ Das Online-Magazin Gizmodo forderte: „Hey Künstler, hört auf, glänzenden Scheiß ins All zu setzen.“

Für mehr Interesse an der Raumfahrt sorgen

Die alte Frage nach Sinn und Zweck in der Kunst – sie gilt offenbar auch im Weltall. Foing hat sie für sich beantwortet. „Wenn wir Kunst in den Weltraum bringen, dann zeigen wir der Öffentlichkeit, dass man weder Wissenschaftler noch Ingenieur sein muss, um Innovationen im All zu schaffen.“ Das sorge für mehr Interesse an der Raumfahrt.

Der mexikanische Weltraumkünstler Nahum Romero Zamora geht sogar noch einen Schritt weiter. Er sieht die Kunst als Pionier und Vordenker für die Erkundung des Weltalls. So wie sich in den 70er-Jahren Illustratoren Weltraumkolonien vorstellten, so sollten Künstler nun auch in die Zukunft schauen. „Die Wissenschaft ist dabei, Richtung Mars aufzubrechen“, sagte Zamora auf dem IAC. „Wir Künstler müssen noch weiter denken.“

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