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Feinstaubbelastung Umweltbundesamt regt Verzicht auf Holzöfen an

Das Heizen mit Holz wird immer beliebter, aber die Kaminöfen haben eine vergleichsweise schlechte Umweltbilanz. Was Bremer Experten dazu sagen – und worauf sich die Besitzer eines Kamins einstellen müssen.
30.03.2023, 05:00 Uhr
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Umweltbundesamt regt Verzicht auf Holzöfen an
Von Felix Wendler

Holzöfen sind spätestens seit Beginn des Ukraine-Krieges ein Verkaufsschlager. Der Wunsch nach einer Wärmequelle, die unabhängig von Gas funktioniert, sei im vergangenen Jahr groß gewesen, berichtet zum Beispiel Frank Maier. Mittlerweile, so der Inhaber des Fachgeschäfts kd Kamin-Design in der Überseestadt, habe sich die Nachfrage zumindest etwas beruhigt. Branchenverbände bilanzieren für die vergangenen Jahre deutliche Zuwächse. Schon während der Pandemie seien die Umsätze gestiegen, sagt der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Keramischen Industrie, Christoph René Holler. "Die Zeit wurde genutzt, um in das Eigenheim zu investieren." 

Was die Branche freut, beobachten Umweltschützer mit Sorge. Das Heizen mit Holz verschmutzt die Luft unbestreitbar stärker als andere Energieträger. Das Umweltbundesamt appelliert: "Daher sollten Sie aus gesundheitlichen, aus Klimaschutz- aber auch aus ökologischen Gründen auf die Nutzung von Holz zur Wärmeversorgung Ihres Hauses verzichten." Großen Anklang findet der Verzichtsaufruf der Bundesbehörde offenbar nicht: In vielen Haushalten wird mit Holz geheizt. So seien in dieser Heizsaison schon rund 600.000 Holzfeuerungen aller Art verkauft worden, erklärt der Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik (HKI). Laut Verbandsangaben sind deutschlandweit insgesamt 11,5 Millionen Geräte im Einsatz. In Bremen gibt es der Schornsteinfegerinnung zufolge rund 41.000 Feuerstätten für feste Brennstoffe – darunter etwa 27.000 Kaminöfen.

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Wie sich die Öfen auf die Bremer Luftqualität auswirken, hat ein Institut im Auftrag der Stadt untersucht. Gemessen wurde in einem Wohngebiet in der Worpsweder Straße in Findorff. Im Jahr 2021 verursachten holzbefeuerte Kaminöfen demnach etwa zehn Prozent der gesamten Feinstaubkonzentration – in den Wintermonaten betrug der Anteil bis zu 26 Prozent. "Mit fallenden Temperaturen steigt natürlich die Bereitschaft, den Kamin anzufeuern", sagt Linda Neddermann, Sprecherin von Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne). Sie verweist darauf, dass in Bremen durch Kaminöfen keine Feinstaub-Grenzwerte überschritten würden. Der Grenzwert für das Jahresmittel liegt bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft – im Land Bremen betrug die Feinstaubkonzentration laut Neddermann zuletzt 16 Mikrogramm; bei der Messung in Findorff waren es 14 Mikrogramm.

Wir kriegen Anrufe von Nachbarn, die sich beschweren, dass man kaum noch rausgehen könne.
Ron Stehmeier, Schornsteinfeger

Tätig werden müssen viele Kaminofen-Besitzer dennoch: Am 31. Dezember 2024 endet eine Frist für Geräte, die zwischen 1995 und 2010 eingebaut worden sind. Von diesem Zeitpunkt an gelten die aktuellen Feinstaubgrenzwerte auch für die alten Öfen – der Bestandsschutz läuft also aus. Heißt: Die Kaminöfen müssen ersetzt, stillgelegt oder mit einem Filter nachgerüstet werden. Steht jetzt ein Massenaustausch bevor? "Könnte man denken", sagt der Bremer Schornsteinfeger Ron Stehmeier, "aber das zeichnet sich nicht ab". Ihm zufolge haben viele Hersteller für ihre Geräte eine erfolgreiche Nachprüfung durchgeführt. Sprich: Sie konnten belegen, dass die alten Öfen die neuen Grenzwerte nicht überschreiten. Unter diesen Umständen, so Stehmeier, dürften auch Altgeräte weiter genutzt werden. Von den letzten 50 Öfen, die er kontrolliert habe, treffe das auf 30 bis 35 zu, schätzt der Schornsteinfeger. Besitzer können sich zum Beispiel über die HKI-Webseite (www.cert.hki-online.de) informieren, was für ihren Kaminofen gilt.

Dem HKI zufolge sind die energiebedingten Feinstaubemissionen der Haushalte in Deutschland seit 2010 um mehr als ein Drittel gesunken. Moderne Verbrennungstechnik lasse den Ausstoß eines fabrikneuen Ofens um bis zu 85 Prozent im Vergleich zu einem Altgerät sinken. "Alles, was jetzt auf dem Markt zu haben ist, erfüllt die neuen Vorschriften", sagt Geschäftsinhaber Frank Maier. Dass einige Besitzer ihre Altgeräte abschaffen müssen, sieht er nicht als großes Problem. Nach 20 bis 25 Jahren habe ein Kaminofen ohnehin seine Schuldigkeit getan. 

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Dicke Luft gibt es trotzdem immer wieder: Maier und Stehmeier sind sich einig, dass es häufig nicht der Ofen selbst ist, der für Unmut im Wohngebiet sorgt. "Wenn wir Schornsteinfeger kommen, haben die Leute natürlich das schönste Holz da liegen", sagt Stehmeier. Wenn keiner hinschaue, werde hingegen auch weniger gutes Material verbrannt – mitunter auch lackiertes Holz. "Wir kriegen Anrufe von Nachbarn, die sich beschweren, dass man kaum noch rausgehen könne", berichtet der Schornsteinfeger.

Mit den steigenden Holzpreisen habe das Problem zugenommen: Auf dem Markt werde auch schlechtes, zu kurz getrocknetes Holz verkauft. "Einige Leute wollen die Situation ausnutzen und schnelles Geld machen", sagt Stehmeier. Das Umweltbundesamt und die Bremer Umweltbehörde empfehlen aufbereitetes und getrocknetes Holz aus nachhaltiger regionaler Forstwirtschaft – am liebsten wären ihnen jedoch emissionsärmere Heizmittel.

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