Für die Grünen im Bremer Senat ist der geplante Offshore-Terminal in Bremerhaven (OTB) im Grunde gescheitert. „Es sieht nicht so aus, als ob der OTB die gerichtlichen Hürden nehmen könnte“, sagte Grünen-Fraktionschefin Maike Schaefer am Donnerstag dem WESER-KURIER. Hintergrund ihrer Äußerung ist eine Anfrage der Linken-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft.
Die Linken wollten wissen, ob der Senat ein neues Gutachten zum Bedarf des Hafens in Auftrag geben wird. Die Antwort der Regierung lautet nein. Für Schaefer ist das nur folgerichtig: „So ein Gutachten muss und wird es nach unserem Willen erst dann geben, wenn der OTB gebaut werden darf.“ Doch daran hat sie eben ihre Zweifel. Mit einer Entscheidung der letzten gerichtlichen Instanz wird nicht vor dem Jahr 2020 gerechnet.
Das vorläufige Aus des Projekts
Fast vier Monate her, dass Bremen vor Gericht eine herbe Schlappe einstecken musste, als der Baustopp für den OTB bestätigt wurde. Es war das vorläufige Aus des Projekts, das zusammen mit einem neuen Gewerbegebiet für Tausende neuer Arbeitsplätze sorgen sollte. Zu diesem Zweck wurde der Flugplatz Luneort geschlossen.
Es fielen Entschädigungen an, die sich zusammen mit den anderen Ausgaben für das Vorhaben bereits auf einen Betrag von rund 25 Millionen Euro summieren. Seit der Entscheidung des Bremer Oberverwaltungsgerichts (OVG) herrschte vor der Anfrage der Linken mehr oder weniger Funkstille. Der OTB war aus der öffentlichen Diskussion verschwunden.
Der OVG-Beschluss vom 3. April dieses Jahres ist das Ergebnis eines Eilverfahrens. Bremen hatte Beschwerde gegen den Baustopp eingelegt, der zuvor vom Verwaltungsgericht verhängt worden war. Nun liegt das Verfahren wieder bei der ersten Instanz.
Wirtschaftsförderung und Energiewende
Man könnte auch sagen, es schmort dort, denn passiert ist seit April noch nichts. Das Land sollte bis zum 15. Juli eine Stellungnahme zu den Einschätzungen des OVG abgeben, hat es damit aber offenbar nicht eilig. Auf Bitten von Bremen wurde die Frist bis zum 15. Oktober verlängert.
Der OTB dürfte dort, wo er geplant wird, eigentlich gar nicht gebaut werden. Das Gebiet am Blexer Bogen steht unter Naturschutz. Eine Ausnahme kann nur dann gemacht werden, wenn es ein überragendes öffentliches Interesse gibt und zumutbare Alternativen nicht vorhanden sind.
Bremen argumentiert damit, dass der OTB dazu dienen solle, die Energiewende voranzubringen. Außerdem solle die regionale Wirtschaft gefördert werden. Das OVG kommt in seiner Entscheidung allerdings zu dem Schluss, so wörtlich, „dass die Annahmen der Gutachter zu den Umschlagzahlen und zur Auslastung des OTB nicht ohne weiteres nachvollziehbar sind“.
Neuerliches Bekenntnis zum OTB
Seit Aufnahme der Planungen im Jahr 2009 seien nachhaltige Veränderungen im Bereich der Offshore-Windenergieindustrie eingetreten, nicht zuletzt hinsichtlich der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Dies sei von den Gutachtern und den Behörden nicht angemessen berücksichtigt worden.
Neue Gutachten will Bremen nicht in Auftrag geben. Rechtlich sei das im Rahmen des laufenden Gerichtsverfahrens auch gar nicht möglich, argumentiert der Senat. Wohl aber sollten die Analysen aus Anlass der Entscheidung des OVG noch einmal eingehend überprüft werden, wie der Senat sich überhaupt intensiv mit allen Kritikpunkten des OVG auseinandersetzen werde, bevor vor den Gerichten weiter verhandelt wird.
Die Antwort des Senats schließt mit einem neuerlichen Bekenntnis zum OTB: „Entscheidend für den Standort Bremen/Bremerhaven ist die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die im Bereich der Windkraftindustrie nur durch die Bereitstellung der entsprechenden infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen werden können.“
Krachende Niederlage vor Gericht
„Das OVG hat deutlich mit dem Zaunpfahl gewinkt: Die Annahmen in den alten Gutachten sind unrealistisch und nicht weiter haltbar. Das darf man nicht ignorieren“, erklärt Nelson Janßen, umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Der Senat sei nicht bereit, nach der krachenden Niederlage vor Gericht die Konsequenzen zu ziehen und mindestens ein ungeschöntes Wirtschaftlichkeitsgutachten in Auftrag zu geben.
Gravierender sei noch, dass die Landesregierung aktuelle Marktentwicklungen ignoriere. Der Trend gehe zu immer größeren Turbinen, die pro Windpark weniger Anlagen und Transporte nötig machten. „Die Offshore-Krise in Bremerhaven ist Ausdruck dieser Umwälzung“, so Janßen.
Etliche Hundert Arbeitsplätze werden wegfallen
Angefangen hatte die Misere in Bremerhaven vor gut zwei Jahren mit der Insolvenz des Offshore-Stahlbauers Weserwind. Übrig geblieben sind an dem Standort danach im wesentlichen Adwen und Senvion. Adwen hat den Bau von Offshore-Turbinen mittlerweile eingestellt und wird in Bremerhaven nur noch mit einer Servicegesellschaft vertreten sein.
Senvion gibt die Rotorfertigung seiner Tochterfirma Powerblades auf und beschränkt sich auf die Produktion von Turbinen. Es sind im Ganzen etliche Hundert Arbeitsplätze, die in den nächsten Monaten wegfallen werden. Maike Schaefer spricht von dramatischen Veränderungen in der Offshore-Industrie.
Sie würde es sich für Bremerhaven anders wünschen, die aktuelle Situation mit Adwen und Senvion sei aber nun mal so, dass die vorhandene Infrastruktur ausreiche, ein OTB zurzeit also nicht benötigt werde.