Im nächsten Jahr verringert sich der Zuschuss zum Kauf eines Elektroautos. Für einige Kunden läuft in diesen Wochen darum ein Rennen gegen die Zeit – das sie wie die Autohändler nicht selbst in der Hand haben. Wenn sie noch von der höheren Förderung profitieren wollen, muss ihr Neuwagen im Dezember ausgeliefert werden, weil die Zulassung entscheidend ist.
Verbände der Automobilindustrie befürchten, Kunden könnte der höhere Umweltbonus selbst dann entgehen, wenn das Auto pünktlich da ist: Einige Zulassungsstellen wollten zur Monatsmitte schließen. Das „Handelsblatt“ berichtet über einen Brief der Verbände, in dem sie Städte, Kreise und Gemeinden bitten, die Arbeitsfähigkeit der Zulassungsstellen „auch in den letzten Tagen dieses Jahres“ aufrechtzuerhalten.
Laut Karima Knigge vom Bremer Autohaus Woltmann gibt es in der Stadt keine Probleme: „Wir sind mit der Bremer Zulassungsstelle sehr zufrieden.“ Schwieriger sei es in der Region: „Viele kleine Zulassungsstellen schließen frühzeitiger.“ Dadurch könne es für manche Besitzer eines Neuwagens eng werden. Die Nachfrage nach Elektroautos sei „wahnsinnig hoch“ – vor allem bei Kunden aus dem Umland. Dort hätten viele die Möglichkeit, das Auto mit Solarenergie selbst zu laden.
Woltmann sei dieser Tage besonders bemüht, die Übergabe eines Elektroautos zügig abzuschließen, berichtet Knigge weiter. Stromer priorisiere man bei der Abwicklung. „Es hängt viel Geld daran. Das ist uns bewusst“, sagt Knigge. Das gelte vor allem auch für die Förderung von Hybridmodellen. Bis zu 4500 Euro gab es für diese Fahrzeuge bisher. Ab Januar sollen nur noch reine Elektrofahrzeuge einen Zuschuss bekommen.
Der Landesverband des Kraftfahrzeuggewerbes Niedersachsen-Bremen hat sich ebenfalls an die Vertreter von Städten und Kommunen gewandt. Die Zulassungsstellen in der Region, fordert Präsident Karl-Heinz Bley, müssten „dringend“ geöffnet bleiben – notfalls mit Sonderschichten.
In Bremen sind momentan noch einige Termine zur Zulassung eines Neuwagens in der Stresemannstraße verfügbar – bis hin zum 30. Dezember. Etwas anders sieht es teils in der Region aus. Im Landkreis Osterholz gibt es beispielsweise beim Straßenverkehrsamt Termine bis einschließlich 22. Dezember. Der Landkreis Verden schlägt auch Termine zwischen den Jahren vor.
Wesentlich öfter dürfte Kunden der Zuschlag bisher entgangen sein, weil bei einigen Elektroautos weiterhin mit langen Lieferzeiten gerechnet werden muss. Auf einen ID 3, 4 oder 5 von Volkswagen müssen Kunden etwa voraussichtlich bis nächsten Juli oder August warten. Das berichtet Florian Dau vom Autohaus Brandt vom Standort Weyhe. Die Lieferzeit hänge aber auch stark von den Kundenwünschen ab. VW und andere Hersteller haben auf die Unsicherheit wegen der Lieferzeiten reagiert. Wenn es zu Verzögerungen kommt, ein Auto etwa erst im März statt November beim Kunden ist, begleicht VW die Einbußen bei der Förderung.
Wie sich die Nachfrage entwickelt, wenn die Prämie sinkt? Knigge erwartet kaum Einbußen: „Nicht nur die Förderung macht das Elektroauto attraktiv.“ Andere Vorteile hätten mehr Gewicht – etwa die geringeren Betriebskosten. Vielleicht falle das Wachstum bei den E-Autos etwas weniger stark aus als in den vergangenen Monaten. Auch Florian Dau vom Autohaus Brandt ist optimistisch. „Ich denke, dass sich die Nachfrage etwas verringert, aber nicht wegbricht.“ Viele Kunden hätten in diesem Jahr an ihren Kaufplänen festgehalten, obwohl ihnen eine Auslieferung für 2023 angeboten worden sei. Wenn das Autohaus einen ID habe, gebe es sofort Interessenten. „Das geht ruckzuck.“
Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research erwartet einen Einbruch des Geschäfts: Für 2024 geht die Prognose von 362.000 verkauften Elektroautos aus nach rund 720.000 in diesem Jahr. Auslöser des Rückgangs seien neben den sinkenden Fördermitteln auch die höheren Strompreise. Ab September soll es für Gewerbekunden zudem keine Prämie mehr geben.
Der Technikpräsident des ADAC, Karsten Schulze, sieht auch die Hersteller in der Pflicht. „Das Risiko einer nicht mehr rechtzeitigen Auslieferung vor dem Jahreswechsel ist hoch“, sagt Schulze. Die Hersteller sollten den Kunden entgegenkommen. Überhaupt sieht der ADAC Spielraum bei den Preisen – gerade aufgrund der sinkenden Förderung. „Unserem Eindruck nach sind Fahrzeuge aktuell überteuert“, stellt Schulze fest. Die Elektromobilität werde aber nur erfolgreich sein, wenn sie jedermann zugänglich sei „und nicht etwa ein Nischenprodukt für Gutverdienende bleibt“.